
Geldspritze fürs lokale Gewerbe: Jeder Erwachsene soll 222 Franken für den Einkauf erhalten
Die Folgekosten für Olten
Die Stadt Olten wird Stand jetzt rund eine halbe Million Franken aufwenden, um die Coronakrise zu meistern. Zum Teil verzichtet der Stadtrat bewusst auf Einnahmen wie bei den Parkplatzgebühren während der Lockdown-Zeit oder beim Verzugszins der Gemeindesteuern. Zum Teil handelt es sich aber auch um fehlende Einnahmen, die etwa wegen des späteren Eröffnungstermins der Badi zusammenkommen. Nicht zuletzt wurden wie bei der Unterstützung der Kindertagesstätten auch einmalige Beträge gesprochen. Die Stadt Olten geht in diesem Jahr zudem von tieferen Steuereinnahmen wegen der Coronakrise aus. Statt eines budgetierten Verlusts von 350 000 Franken rechnet Finanzdirektor Benvenuto Savoldelli mit einem solchen von 6 Millionen Franken bei der Rechnung 2020 (wir berichteten). (fmu)
Finanzpolitiker Urs Knapp gehört zu den Querköpfen im 40-köpfigen Oltner Gemeindeparlament. Der FDP-Gemeindeparlamentarier traut sich immer wieder, Ideen vorzubringen, die auf Gegenwind stössen könnten. So hat er vor über zehn Jahren in einem Vorstoss gefordert, den Standort des bisherigen Stadthauses in der Innenstadt aufzugeben zugunsten eines energetisch vorbildlichen Baus in einem Entwicklungsgebiet wie Bahnhof Nord oder Olten SüdWest. Oder vor zwei Jahren brachte er in der Debatte über die Städtischen Betriebe Olten die Idee auf, die Stadt solle doch das neue Schulhaus Kleinholz mithilfe deutlich höherer Ausschüttungen des Energieversorgers finanzieren.
Am Montag hat der 62-Jährige erneut einen Vorstoss bei der Stadtverwaltung eingereicht, der für Diskussionen sorgen wird: Der FDP-Fraktionschef will mit 3,4 Millionen Franken rund einen Drittel des letztjährigen Rechnungsgewinns von knapp 10 Millionen Franken an die Bevölkerung verteilen. Jeder erwachsene Oltner soll maximal 222 Franken in Form eines Gutscheins erhalten, mit dem er das einheimische Gewerbe unterstützen kann. Der Gutschein soll ab August bis Ende Jahr gültig sein.
Er nennt seine dringliche Motion «Kopf-hoch-Franken für Olten»: «Der Aufschwung beginnt im Kopf», sagt er dazu. Er wolle trotz überwiegend negativer Meldungen Optimismus verbreiten. Zudem würden die Leute wegen der Krise vermehrt sparen, daher müssten sie kurzfristig zum Geldausgeben animiert werden. Die Millionenspritze fürs lokale Gewerbe sei «eine kurzfristig realisierbare Aktion mit starker Wirkung», schreibt er im Vorstoss, weil die Unternehmen «dringend notwendigen Umsatz erhalten». Zudem würde die Bevölkerung die Angebote des einheimischen Gewerbes noch besser kennenlernen und zu weiteren Ausgaben motiviert.
«Imagegewinn» für Olten
Profitieren sollen Firmen, die einen steuerpflichtigen Geschäftssitz in der Stadt haben – unabhängig von der konkreten Rechtsform. Das Geld soll die Stadtverwaltung mithilfe der Blockchain-Technologie an die Einwohner verteilen. Das ergäbe gemäss Knapp einen «Imagegewinn» für Olten; zusätzlich könnte die Verwaltung Erfahrung in dieser Zukunftstechnologie sammeln. Die Kosten beliefen sich gemäss seinen Abklärungen auf unter 50’000 Franken. Wer kein Smartphone besitzt, würde Papiergutscheine erhalten, für welche die Verwaltung eine Gebühr verlangen könnte. Wird die Motion an der Sitzung des Gemeindeparlaments nächste Woche für dringlich erklärt, könnte das Parlament an der Sitzung von Ende Juni über den ausgearbeiteten Bericht und Antrag des Stadtrats entscheiden. Ohne fakultatives Referendum könnten Gutscheine ab Anfang August an die Bevölkerung verteilt werden.
Finanzverwalter Urs Tanner äussert sich kritisch zur Idee, knapp 3,4 Millionen Franken an die Bevölkerung zu verteilen. Es handelt sich nämlich genau um die Summe, welche die Stadt letztlich mehr auf dem Konto hat und damit nun Schulden abbauen oder zusätzlich für weitere Investitionen wie das geplante Schulhaus Kleinholz oder den neuen Bahnhofplatz einsetzen könnte. «Gibt man dieses Geld nun aus, könnte dies heissen, dass gewisse Projekte zurückgestellt oder die Steuern erhöht werden müssten», sagt er. Zudem habe die Stadtverwaltung bisher keine Erfahrung mit der Blockchain-Technologie, mit der das Geld an die Bevölkerung verteilt werden soll. Die Stadt müsste externe Hilfe beiziehen. Nicht zuletzt setzt er ein Fragezeichen hinter den Zeitplan. «Die Frist bis Anfang August ist sportlich.» Tanner geht zuerst von einer längeren Testphase aus.