Gemeindeammann, Stephan Wullschleger: «Wir sollten schon längst etwas bauen»

Diese Woche entscheidet Strengelbach, ob ein neuer Gemeindesaal gebaut wird. Dieser würde frühestens im Jahr 2024 stehen. Er wird die alte Turnhalle ersetzen, die nach fast 60 Jahren abgerissen werden soll. Und er kostet 7,7 Mio. Franken. Hierfür wird der Gemeindeversammlung vom 27. Oktober ein Antrag für einen entsprechenden Verpflichtungskredit gestellt. Doch es gibt Alternativen zu einem Ersatzneubau: zum Beispiel eine Sanierung oder ein Annexbau zwecks Mehrfachnutzung der nahe gelegenen Sporthalle Neumatt. Der Gemeinderat lehnt alle Optionen entschieden ab (das ZT berichtete).

Herr Wullschleger, weshalb braucht Strengelbach einen neuen Gemeindesaal?

Stephan Wullschleger: Strengelbach hat mit der Dreifachsporthalle eine Lösung für den Sport, aber keine für die Kultur. Indem wir für diese einen Platz bieten, haben beispielsweise die Musikvereine wieder etwas, das akustisch gut klingt. Wir wollen aber nicht nur für uns allein einen Saal bauen: Er kann auch von Aussenstehenden gemietet werden.

Auch Auswärtige könnten den Saal in Strengelbach mieten?

Wir haben eine gute Lage – es ist nicht immer ein Nachteil, wenn man im Schatten einer Zentrumsgemeinde steht. Es gab diverse Anlässe von Vereinen, die aus dem ganzen Kanton hierherkamen – obwohl sie auch nach Zofingen hätten gehen können. Unsere Vorteile sind die Busverbindungen, der gute Anschluss oder die Parkplätze. In Zofingen ist man manchmal ein wenig eingeschränkt. Und der Raum ist nicht so gross wie der Stadtsaal – dadurch ist er für Vereine eher bezahlbar. Das merken wir oft bei den Anfragen, die wir haben. Da die alte Halle aber kein Schmuckstück mehr ist, wird sie nicht immer gemietet. Und das wollen wir ändern. Mit etwas Neuem.

Darf die alte Turnhalle bald nicht mehr benutzt werden?

Die alte Halle wird nicht zusammenfallen. Aber sie hat ein grosses Manko: Lebensmitteltechnisch sind die Hygieneanforderungen nicht mehr erfüllt – es darf nicht mehr gewirtet werden. Auch besteht ein hoher Sanierungsbedarf: Die elektrischen Anlagen müssen erneuert werden und wir haben auch Probleme mit den Sanitäranlagen. Die Bühne, das Licht, die Beschallung – auch da funktioniert zum Teil nicht mehr alles. Dann ist der alte Hallenbau mit seinen unterschiedlichen Geschossen nicht behindertengerecht. Und schliesslich haben wir einen Zwischenraum für den Hauswart, wo zum Beispiel Putzmaschinen oder Stellwände eingelagert sind. Die Dinge müssen also jeweils nach unten oder oben getragen werden. Das ist mühsam für alle, die die Halle nutzen.

Warum sind Sie vehement gegen eine Sanierung?

Die erste Arbeitsgruppe konzentrierte sich nur auf eine Sanierung, wobei die Kosten überbordet sind und gleichzeitig trotzdem Kompromisse eingegangen werden müssten. Wenn wir die alte Halle abreissen und etwas Neues bauen, können wir den Anforderungen am ehesten gerecht werden. Die Variante mit der Sanierung haben wir trotzdem verfolgt, um herauszufinden, wie es aussehen würde. Dort sind wir bei 5,1 Millionen Franken, wobei der Aussenbereich oben noch nicht dabei ist. Wenn man diesen von der Halle bis zur Brittnauerstrasse noch gestalten möchte, wären wir kostenmässig bald wieder bei den Kosten des Neubaus.

Vergleichbare Gemeinden haben oftmals Mehrfachturnhallen.

2011 sagte der Bürger, dass Kultur und Sport getrennt werden sollen. Somit muss in der Turnhalle nicht wegen der Mehrfachnutzung ein harter Boden gemacht werden. Das wäre schlecht für die Gelenke – dann leiden die Kinder. Sobald man einen Mehrzwecksaal hat, ist man sowieso eingeschränkt: Wenn man eine Halle bauen würde, in der man den Boden abdecken kann, um einen Anlass zu veranstalten, würde man anderen sagen müssen, dass sie nicht gleichzeitig da sein dürfen. Was man verpasst hat: Als der Antrag für den Bau der Sporthalle kam, hätte man ihn zurückweisen und sagen sollen, dass man einen Gemeindesaal integrieren soll, wenn zwei separate Räumlichkeiten zu viel kosten.

Was wäre, wenn Strengelbach fusioniert und der Gemeindesaal überflüssig wird?

Der Bürger hat sich klar ausgedrückt, dass er keine Fusion will. Es gab eine Abstimmung, an der abgelehnt wurde, dass es Annäherungsgespräche geben soll. Momentan besteht also kein Bedarf und es ist klar: Strengelbach will eigenständig bleiben. Zudem ist der Platz – auch im Falle einer Fusion mit Zofingen zum Beispiel – nicht verloren. Die Unterstufenschule ist immer noch da – die braucht die Räumlichkeiten. Vereine sowie Aussenstehende auch.

Wieso soll Strengelbach denn eine Luxushalle erhalten?

Wer sagt, es sei eine Luxushalle, hat sich nicht mit den Projekten auseinandergesetzt. Die alte Arbeitsgruppe wollte für über 10 Millionen Franken etwas bauen – das wäre Luxus. Hier reden wir von einem einfachen Bau, der mit einfachen Mitteln erstellt wird. Wir können und wollen uns keinen Luxus leisten – was wir uns aber leisten möchten, ist ein heller, einladender und freundlicher Saal. Im Vergleich zu den anderen Projekten, die teils mindestens das Doppelte kosten und düster wirken.

Wäre es nicht dennoch ein Statussymbol für die Gemeinde?

Wir reden beim Gemeindesaal von einem Leuchtturmprojekt. Ein Leuchtturm ist einfach und zweckmässig und erfüllt seinen Auftrag: dass man ihn gut sieht. Und das wollen wir auch: Wir wollen kein Prunkstück, für das man fast Eintritt bezahlen muss, um es anschauen zu dürfen. Wir wollen leuchtturmmässig auftreten – dieser Bau soll durch Schlichtheit und Zweckmässigkeit auffallen.

Aus dem Traktandenbüchlein geht ein auffällig grosses Engagement des Gemeinderats für den Ersatzneubau hervor. Wieso sagt der Gemeinderat nichts Positives über die anderen Varianten?

Der Gemeinderat muss immer mit einem Vorschlag kommen. Dem Bürger möchten wir aber die anderen Varianten nicht vorenthalten. Darum haben wir die anderen Varianten so erarbeitet, dass man auch dort weitermachen kann. Der Gemeinderat kämpft für das Projekt, um der nächsten Generation etwas geben zu können, das sie nutzen kann. Und wir wollen keine Schlafgemeinde sein. Unser Platzzentrum zu beleben war ein grosser Wunsch unserer Bürger, der an der Zukunftskonferenz vor einem Jahr zum Ausdruck gekommen ist.

Kann das Geld nicht besser investiert werden?

Das Geld für den Bau haben wir – und für dieses bezahlen wir Negativzinsen. Das tut weh. Und in zehn Jahren würde uns das gleiche Projekt einiges mehr kosten. Wir sollten schon längst etwas bauen.

Haben Sie Angst davor, dass das Stimmvolk wegen der Steuererhöhung von drei bis vier Prozent, die für die Folgekosten anfallen, ablehnt?

Nein. Es ist wichtig, dass wir dem Bürger erklären, dass wir, wenn wir nichts machen und die Steuern weiter senken, am Ende keinen Finanzausgleich mehr bekommen. Dann müssen wir unsere Kosten vollständig selbst tragen und vielleicht die Steuern erhöhen – und zwar mehr, als wenn wir jetzt etwas für uns investieren würden. Ich hätte Angst davor, dem Volk zu sagen, dass wir die Steuern um fünf bis sechs Prozent erhöhen müssen, aber nicht, weil wir bauen, sondern damit wir die vom Kanton auferlegten Kosten tragen können – und dann noch immer keine Lösung für die alten Turnhallen haben.

Wie hat sich das Gemeindesaal-Siegerprojekt MAAIKE durchgesetzt?

Die anderen Wettbewerbs-Projekte, teils dunkle oder futuristische Gebäude, würden sich in Strengelbach kaum integrieren lassen und waren nicht das, was gefordert wurde. MAAIKE war mit seiner Schlichtheit und Materialwahl am bezahlbarsten und passt am besten zum Dorf. Eine Fachjury aus Architekten traf die Auswahl. Die Baukommission, zu der auch ich gehöre, hat sich auch für dieses Projekt entschieden und es dann dem Gemeinderat empfohlen.

Was, wenn die Stimmberechtigten sich entschliessen, gar nichts zu machen?

Das wäre das schlimmste Szenario. Wenn wir gar nichts machen, wird es langfristig nicht weniger kosten als heute – einfach anders verteilt. Wenn wir die alte Turnhalle schliessen müssten, weil wir sie nicht nutzen dürfen – das wäre unschön. Ich würde es nicht verstehen, wenn der Bürger sich für diese Variante entscheidet. Und wenn in ein paar Jahren wieder das Thema Neubau kommen sollte, wäre ich bestimmt nicht mehr bei der Ausarbeitung eines neuen Projekts dabei.