
Glückwünsche an Verstorbene: Was geschieht mit dem Facebook-Profil, wenn jemand nicht mehr ist?
Der verstorbene Lebenspartner grinst fröhlich aus dem Bildschirm. Ein «Freund» wünscht Tante Ida «viel Glück zum Geburtstag!» – obwohl die schon vor Jahren tödlich verunfallte. Digitale Geister tummeln sich in sozialen Medien wie Facebook oder Twitter. Wird das Konto eines Verstorbenen nicht gelöscht, können dort oft dennoch Beiträge gepostet werden, die Verstorbenen werden andern weiterhin als Freunde vorgeschlagen. Das wirkt mitunter makaber oder peinlich.
Aber auch wer nicht auf sozialen Medien aktiv ist, hat wohl Spuren im Netz, etwa ein E-Mail-Konto oder einen Online-Bezahlungs-Account. Beim Tod gilt es daher, auch den digitalen Nachlass zu beachten, was aber kaum geschieht. Das berichten auch hiesige Bestatter.
«Ich wurde noch nie darauf angesprochen», sagt Oliver Binggeli vom Bestattungsdienst Binggeli. Den anderen geht es ähnlich. Jacqueline Schneider von Zuber Bestattungen berichtet immerhin, dass es etwa einmal im Jahr thematisiert wird: «Wir haben meist ältere Leute ab 70, die haben sowieso kein Internetkonto. Etwa einmal im Jahr beerdigen wir eine jüngere Person, da sprechen wir es an, damit sie es nicht vergessen.»
Keine Nachfrage, kein Angebot
Beim Aare Bestattungsunternehmen stehe es nicht im Angebot, gibt Daniel Meyer Auskunft: «Wir haben es nicht einmal mit einem Stichwort auf der Webseite aufgeführt. Denn es gehört nicht zu den wichtigsten 30 Punkten. Zwar sprachen wir es auch schon an, boten aber diesbezüglich nichts konkret an.» Er habe nur theoretische Kenntnisse: «Wir absolvierten einen vom Bestatterverand angebotenen Kurs, wo die Herangehensweise thematisiert wurde. So habe ich Grundwissen, aber keine praktische Erfahrung.» Es werde von der Kundschaft nicht erwartet, dass man sich um den Nachlass kümmere, nicht einmal um den finanziellen. «Die Nachfrage besteht nicht. Falls uns alle darauf ansprechen würden, würde jeder Bestatter sofort darauf aufspringen, weil er eine Möglichkeit sieht, seine Dienstleistungen zu erweitern.»
Christa Tinella-Steiner von Charona kennt die allgemeine Diskussion und weiss von der Schwierigkeit, Konten sozialer Netzwerke zu löschen (bei vielen ist eine Meldung der Erben und ein Totenschein nötig). Doch auch sie wurde beruflich noch nie darauf angesprochen. «Doch wenn Leute sich auf ihr Ableben vorbereiten und deshalb zu mir kommen, sage ich, dass sie die Passwörter jemandem anvertrauen sollen.»
Zu Lebzeiten regeln
Eine ausführliche Information bietet das Bestattungsunternehmen Messer an. Auf der Webseite steht ein Merkblatt mit konkreten Tipps. Darauf wird auch ein Internet-Schliessfach, beziehungsweise ein digitaler Vererbungsdienst genannt. Das Blatt geben sie der Kundschaft ab, sagt Roland Meyer. «Grundsätzlich ist wichtig, dass man sich zu Lebzeiten mit dem Thema auseinandersetzt.» Die Zugangsdaten zu digitalen Plattformen sollten gesammelt und so deponiert werden, dass Angehörige Zugriff hätten.
Gar keine eigene Erfahrung mit Social Media hat Jacqueline Bänninger von der Schreinerei Bänninger, welche auch Bestattungen durchführt. Deshalb sei ihr nicht bewusst, dass es diesbezüglich noch etwas zu erledigen gebe, meint sie nachdenklich. «Selbst mein Göttibub, der bei uns arbeitet und dessen Frau sind nicht bei Facebook, und der ist 30-jährig.» Sie empfiehlt – wie übrigens die meisten aus der diskreten Bestatterzunft – im Netz «nicht alles preiszugeben».
Kein Code für die Todesanzeige
Jeder Produzent digitaler Daten muss sich überlegen, was später mit dem Material zu geschehen hat und sollte allenfalls Zugangsdaten hinterlegen. Die Hinterbliebenen sollten informiert werden, ob man zum Beispiel wünscht, dass das Facebook-Konto weiter online steht oder nicht. Roland Meyer berichtet aus seiner Praxis: «Eine Familie sass in der Beratung am Tisch, es ging um ein schönes Foto. Da sagten sie, sie hätten nur ein kleines auf dem Handy, aber ganz viele Fotos seien auf dem Computer. Leider hatten sie dafür das Passwort nicht.»
Bei einem andern Fall habe eine Verstorbene eine gute Todesanzeige aufgesetzt gehabt, in ihrer eigenen Sprache, aber der Ehemann habe ebenfalls das Passwort ihres Computers nicht gekannt. «Das Wissen reicht nicht aus, ich muss gestehen, ich selber habe noch keine Vorkehrungen getroffen», lacht er.
Jacqueline Schneider, die im Freundeskreis gleich drei nicht gelöschte Profile Verstorbener hat, erzählt, wie gleichwohl immer wieder Horoskope zu einer Person kämen, automatisch. «Ich finde es besser, wenn man kurz einen Trauerspruch hineinstellt, damit bekannt ist, dass die Person gestorben ist und damit die Leute trauern können. Und dann informiert, dass das Konto gelöscht wird.»