
Grenze: Schon über die Holzbrücke zu spazieren, erspart die Quarantäne
Elena Munoz geht über die Holzbrücke. «Ich komme gerade von einem Besuch meiner Mutter in Stein», sagt die Bad Säckingerin. Sie berichtet, dass sie das öfters mache, aber bisher nur einmal kontrolliert worden sei.
Zwei junge Frauen haben es sich mit einer Shisha-Wasserpfeife am Steiner Rheinufer gemütlich gemacht. Eine davon erzählt: «Einmal hat die deutsche Polizei meinen Freund angehalten.» Warum er in die Schweiz eingereist sei? Mit der Antwort, um das schöne Wetter zu geniessen, hätten sich die Ordnungshüter zufriedengegeben.
«Kontrollen habe ich noch nie erlebt»
Schönes Wetter auch jetzt: 25 Grad im Schatten – Sonne satt – zwischen Stein und Bad Säckingen ist Corona im Moment weit weg. Die Leute wollen die Sonne geniessen. Masken tragen die wenigsten. Gefühlt ist die Grenze offen, gerade an den kleinen Grenzübergängen ohne Autoverkehr wie in Laufenburg, Stein/Bad Säckingen und Rheinfelden. «Kontrollen habe ich noch nie erlebt», sagt ein Passant. «Vor genau einem Jahr war ich schon mal hier, da war alles dicht.»
Absperrgitter, Sperrschilder, Hilferufe auseinandergerissener Familien – zwischen März und Juni 2020 war das noch die Situation an den Rheinbrücken zwischen dem Fricktal und Südbaden. «Keiner will mehr zurück zu dieser Zeit», sagt Katharina Kessler, Sprecherin der Bundespolizei. Die Grenze bleibe weiterhin offen und Kontrollen fänden nur punktuell statt. Kessler räumt ein:
«Selbst wenn wir kontrollieren, können wir Verstösse gegen die Corona-Einreisebestimmungen gar nicht unbedingt feststellen.»
In der Tat ist die Lage verworren. «Grenzüberschreitende Bewegung an der frischen Luft ist quarantänefrei möglich, sofern ausschliesslich die sportliche Betätigung an der frischen Luft im Vordergrund steht», erklärt ein Sprecher der Landesregierung von Baden-Württemberg. Der gibt aber auch zu bedenken: «Wir sind mitten in einer dritten Welle. Es sollte jetzt nicht darum gehen, jedes Schlupfloch zu suchen. Es kommt auf die Eigenverantwortung eines jeden Einzelnen an.»
Martina Bögle, Leiterin des Ordnungsamtes in Laufenburg/Baden, weiss:
«Wenn ein Deutscher mit dem Auto in die Schweiz einreist, um sich zum Sonnen ans Rheinufer zu setzen, müsste er nach der Rückkehr in Quarantäne. Wenn er das aber beim Joggen oder beim Spaziergang macht, nicht.»
Für Bögles Amtskollegin Muriel Schwerdtner aus Bad Säckingen ein Problem.
«Wie sollen wir das denn kontrollieren. Dafür haben wir gar nicht die personellen und zeitlichen Ressourcen.»
Dass Schweizer weiterhin zum Einkaufen über den Rhein kommen, auch ohne triftigen Grund, aber bestätigt sie. Entsprechende Bussgeldverfahren seien nicht selten. Aber diese reisen über die grossen Zollstellen ein, die mit dem Auto befahren werden können.
Einkaufstourismus einmal in die andere Richtung
Unwahrscheinlich, dass dafür jemand die nur zu Fuss oder per Velo offenen kleinen Grenzübergänge nutzt. Zudem sind die Bad Säckinger Einkaufsläden mit Ausnahme des Lebensmittelbereichs ja auch gänzlich zu – seit dem Wiederanstieg der Sieben-Tage-Inzidenz wieder stärker als zuvor.
Eher dreht sich der Einkaufstourismus in die andere Richtung. Davon berichten Detaillisten in der Rheinfelder Altstadt. «Wir haben viel deutsche Kundschaft», sagt die Filialleiterin eines Schuhgeschäfts in der Marktgasse. Marco Veronesi kann das für sein Optik-Geschäft zwar nicht bestätigen. Aber er berichtet: «Im Moment sind viele deutsche Besucher im Städtli. Man hört aktuell mehr Alemannisch.»