Grosse Zecke in Deutschland entdeckt – Zugvögel bringen sie auch in die Schweiz

Steckbrief der Hyalomma-Zecken

Die beiden Zeckenarten Hyalomma marginatum und Hyalomma rufipes kamen bisher in Mittel- und Nordeuropa nicht vor. Ihre Heimat sind die Trocken- und Halbtrockengebiete von Afrika, Asien und ganz Südeuropa.

Von den hiesigen Zecken wie etwa dem Gemeinen Holzbock (Ixodes ricinus) kann man sie leicht unterscheiden: Sie sind mit bis zu zwei Zentimeter Länge wesentlich grösser und haben auffällig gestreifte Beine.

Zudem tragen die Tiere andere Krankheitserreger: Die beiden Hyalomma-Arten gelten aus Überträger jenes Virus, das das Krim-Kongo-Fieber verursacht, das mit schweren Blutungen einhergehen kann. Zudem können die Tiere das Alkhurma-Virus tragen, welches das Arabisch Hämorrhagische Fieber auslöst. In einem der 2018 in Deutschland gefundenen Tiere entdeckten Forscher das Bakterium Rickettsia aeschlimannii, einen Erreger des Zecken-Fleckfiebers.

Erwachsene Tiere saugen Blut vor allem von grossen Tieren – dazu zählt auch der Mensch – und können sich über Strecken von bis zu 100 Metern auf ihre Wirte zubewegen. Larven und Nymphen befallen dagegen eher kleine Säugetiere und Vögel. Da sie bis zu vier Wochen an ihrem Wirt haften, können sie mit Zugvögeln nach Mitteleuropa gelangen. Auf diese Weise eingeschleppte Hyalomma-Zecken wurden in der Schweiz bereits 1975 nachgewiesen.

In Niedersachsen und Hessen registrierten Wissenschaftler in diesem Jahr insgesamt sieben Exemplare der Gattung Hyalomma, wie die Mitarbeiter der Universität Hohenheim und des Instituts für Mikrobiologie der Bundeswehr in München mitteilten. Die Tiere sind nicht nur wesentlich grösser als der einheimische Gemeine Holzbock, sie können auch Erreger anderer Krankheiten übertragen. In einem Tier fanden die Forscher Rickettsia-Bakterien, die das Zecken-Fleckfieber auslösen. Es führt beim Menschen zu Hautveränderungen und Fieber.

Die an trockene Hitze gewöhnten Zecken, die sonst in Afrika, Asien und Südeuropa leben, fühlten sich bei der derzeitigen Witterung in Deutschland sehr wohl, betonen die Wissenschaftler. „Wir gehen davon aus, dass wir mit immer mehr tropischen Zeckenarten in Deutschland rechnen müssen, die sich durch gute Wetterbedingungen hier ansiedeln können“, sagte die Parasitologin Ute Mackenstedt von der Universität Hohenheim in Stuttgart. Zuvor habe man erst zwei Mal einzelne Hyalomma-Zecken in Deutschland entdeckt, in den Jahren 2015 und 2017.

Seit 1975 in der Schweiz
Etwas anders sieht das Bild in der Schweiz aus. Bereits 1975 wurden die tropischen Zecken in der Schweiz beschrieben. Damals hatten Forschende der Universität Neuenburg festgestellt, dass Hyalomma-Zecken mit Zugvögeln in die Schweiz kommen. „Auch durch die Globalisierung des Tourismus und der Warentransporte können fremde Arten wie die Hyalomma-Zecken ihren Weg in die Schweiz finden“, sagte Parasitologe Alexander Mathis von der Universität Zürich gegenüber der Agentur Keystone-SDA.

Wenn man gezielt nach diesen tropischen Zeckenarten suchen würde, würde man sie daher auch in der Schweiz hie und da finden, so Mathis. Systematisch erfasst werden diese Zecken jedoch bisher nicht.

Eine Ansiedlung dieser tropischen Zeckenarten in der Schweiz hält der Parasitologe jedoch für unwahrscheinlich. „Unsere Winter sind zu kalt, als dass sich Hyalomma-Zecken hier etablieren könnten.“ Mit dem Klimawandel könnte sich das zwar auf lange Sicht ändern, aber diese Veränderungen seien sehr langsam.

 
Wachsam bleiben
Hyalomma-Zecken können verschiedene Krankheitserreger übertragen, darunter den viralen Verursacher des für Menschen gefährlichen Krim-Kongo-Fiebers. In der Schweiz wurde aber bisher kein Fall dieser schweren Infektionskrankheit gemeldet.

Die Wahrscheinlichkeit eines Ausbruchs aufgrund eingeschleppter Zecken schätzt Jan Fehr, Vorsteher des Zentrums für Reisemedizin und Übertragbare Krankheiten am Universitätsspital Zürich, als gering ein. „Aber wir müssen wachsam bleiben und die Verbreitung der Hyalomma-Zecken beobachten.“

Er verweist hierfür auf die Zecken-App, die von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) entwickelt wurde und vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) unterstützt wird. Es bestehe die Möglichkeit, für diese App Zecken nach einem Biss einzusenden und auf Krankheitserreger hin untersuchen zu lassen. Künftig könnte man dies auf Zecken auf Haustieren ausweiten, so Fehr.

„Wenn wir einen Fall von Krim-Kongo-Fieber hätten bei einer Person, die nicht in Gebieten gereist ist, wo diese Krankheit vorkommt, dann wäre das ein Warnsignal“, sagte der Infektiologe gegenüber Keystone-SDA.

Als weitaus bedeutender für die Schweizer Bevölkerung wertet er jedoch den Befund, dass die Zahl der Infektionen mit Zeckenenzephalitis (FSME) hierzulande zuletzt deutlich angestiegen ist. „Gegen diese Krankheit kann man sich durch eine Impfung wirksam schützen“, betont Fehr.