
Hase, Eier, Osterlamm: So beeinflusst das Coronavirus das Einkaufsverhalten der Aargauer vor Ostern
Der Eindruck lässt einen nicht los, dass die ganzen Schokoladen-Haufen dieses Jahr irgendwie nicht richtig weggekauft werden. Aktionen schon vor dem Osterfest, ja, das gab es auch schon früher, aber irgendwie sind sie zahlreicher als auch schon. Chocolat Frey schreibt auf Anfrage von «einem unterdurchschnittlichen Absatz an Osterschokolade». Die Migros-Tochter ist der grösste Schokoladen-Hersteller der Schweiz.
An sich seien Schwankungen im Ostergeschäft nichts Ungewöhnliches. Je nach Wetter und Stimmung der Bevölkerung. Und dieses Jahr drückt das Coronavirus auf die Laune. Aber nicht nur das. Das Virus führt auch zu einer tieferen Einkaufsfrequenz. Und zum Schutz der Grosseltern sollte man auch an Ostern auf einen Besuch mit den Enkeln verzichten. Oder wie Chocolat Frey schreibt: «Es werden in jeder Hinsicht aussergewöhnliche Ostertage auf uns zukommen.»
Ähnlich tönt es auch bei Coop: «Aufgrund der Massnahmen der Behörden haben wir zurzeit eine tiefere Kundenfrequenz in unseren Supermärkten, was sich auch auf die Nachfrage nach Osterschokolade auswirkt.» Bezüglich der Menge pro Kunde würde man aber kaum einen Unterschied zu Vorjahren feststellen. Osterschokolade sei nach wie vor beliebt.
Die Leute scheinen Eier-Lager im Keller anzulegen
Im Gegensatz zur Schokolade finden frische Eier derzeit sogar reissenden Absatz. «Im Detailhandel hat die Nachfrage aufgrund der ausserordentlichen Lage stark angezogen – bei Bioeiern sogar extrem», sagt Edith Nüssli, Leiterin der Geschäftsstelle der Produzentenvereinigung Gallosuisse. Insgesamt habe man die erhöhte Nachfrage aber decken können. Zum einen, weil die Produktion vor Ostern sowieso erhöht ist, zum anderen aber, weil man Eier, die eigentlich für den Gastrosektor bestimmt waren, in den Detailhandel umleiten konnte. Nüssli: «Einzig die Nachfrage nach Bioeiern konnte nicht vollständig gedeckt werden, obschon die Produktion deutlich erhöht wurde.»
Den Eier-Boom spüren auch die Hühnerbauern. Felix Wendelspiess hat in seinem Stall in Wegenstetten 18000 Legehennen. Rund 17000 Eier gibt das pro Tag. Die meisten davon verkauft er der Migros. Aber rund 200 bis 300 Eier verkauft er direkt ab Hof. Ohne dafür zu werben. «Beim Direktverkauf spüren wir, dass ein erhöhter Bedarf da ist», sagt er. Es mache fast den Eindruck, als wollten die Leute ein gewisses Kontingent im Keller haben.
Heiri Rohners 4000 Hühner legen täglich um 3800 Eier. Die meisten landen bei Coop in einer Natura-Farm-Verpackung. Aber auch er verkauft direkt. «Kaum sind die Läden zugegangen, ist die Nachfrage nach Eiern gestiegen», sagt er. Früher hätten die Menschen geläutet, wenn sie Eier kaufen wollten. Jetzt habe man eine Selbstbedienung mit Kasse eingerichtet. Wegen der Kontaktminimierung. Corona lässt grüssen.
So wie früher ist es eh nicht mehr mit den Gizzi
Übrigens: Der Eierkonsum hat in den letzten Jahren generell wieder zugenommen. Im vergangenen Jahr stieg der durchschnittliche Pro-Kopf-Konsum um 3,5 Eier auf 184,4 Stück pro Jahr. Damit nähern wir uns in unserem Eierkonsum langsam wieder dem Stand von Anfang 90er-Jahre, als pro Kopf und Jahr 200 Eier verzehrt wurden. Zugleich aber werden nicht mehr 55 Prozent importiert – wie damals –, sondern bloss noch etwas mehr als 35 Prozent. Die Schweiz hat den Selbstversorgungsgrad also massiv erhöht.
Bleibt das Osterlamm. Metzgermeister Markus Sandmeier sagt: «So wie früher ist es nicht mehr. Einst schlachteten wir vor Ostern um die 20 Gizzi, jetzt sind es noch sieben oder acht. Aber die Nachfrage zieht schon an um die Feiertage.» Das spüren auch die Detailhändler. Sowohl bei Migros als auch bei Coop heisst es, die Verkäufe seien «merklich erhöht». Die Vermutung liegt nahe, dass mehr zu Hause gekocht wird. Was noch verstärkt wird, weil über Ostern kaum jemand in den Süden fährt.
Für Sandmeier und seine 50 Mitarbeiter ist die Coronakrise eine Herausforderung. Zum einen ist der gesamte Gastrosektor weggebrochen, zum anderen läuft der Geschäftsladen wie selten zuvor. Der Mehrverkauf an Private kompensiert die Verluste aus dem Engros-Geschäft aber nur teilweise. Auch wenn der Heimlieferservice zieht. «Unsere zwei Chauffeure beliefern jetzt nicht mehr Kantinen, sondern vor allem Private», sagt Sandmeier. Bisher konnte er vermeiden, Kurzarbeit anmelden zu müssen.
Bis wir zur Normalität zurückkehren können, heisst es also – ganz im Sinne von Meister Löffel: Halten Sie die Ohren steif!