
Hat Corona die Aargauer Klimajugend gezähmt? Welche Lehren die Aktivisten aus der Pandemie ziehen
Das grösste Tabu während der Pandemie sind grosse Menschenansammlungen. Eine Bewegung, die mit genau diesen bekannt wurde, ist die Klimajugend. Im Sommer 2019, dem Höhepunkt der Klimaaktivisten, kamen auch im Aargau Tausende junge Menschen zusammen, um schreiend für das Klima zu demonstrieren. Die unübersehbaren Demos zeigten Wirkung: Die Klimaerwärmung war in aller Munde und bei den nationalen Wahlen folgte eine grüne Welle. Und dann kam Corona. Die Pandemie machte den Aktivisten einen Strich durch die Rechnung: Demos wurden verboten, die grosse Sorge der Menschen gehörte jetzt der Pandemie. Um die schmelzenden Gletscher wurde es still.
«Es ist schade, dass wir aktuell weniger gesehen werden», sagt Mechthild Mus vom Klimastreik Aargau. Dass die Pandemie die Klimathematik verdrängt hat, findet Mus gefährlich, denn: «Die Klimakrise verschwindet nicht, nur weil wir nicht darüber reden.»
Rebellion war nie ein Thema
Däumchen gedreht hat die Klimajugend im Aargau trotz Demoverbot nicht: Im Hintergrund organisierten sie Webinars gegen das Freihandelsabkommen mit Indonesien, verhängten den Eingang der Aargauischen Kantonalbank mit einem Banner oder bemalten die Aargauer Strassen mit Kreidesprüchen für die Konzernverantwortungsinitiative. Doch grosse Aufmerksamkeit haben sie mit solchen Aktionen von der breiten Masse nicht erhalten.
Trotz dieser Präsenzeinbusse und weiter schmelzender Polarkappen kam es für die Aargauer Klimajugend nie in Frage, sich gegen die auferlegten Einschränkungen aufzuheben und etwa gegen das Verbot Demos zu organisieren. Mechthild Mus vom Klimastreik Aargau sagt:
«Es ist für uns klar, dass wir die Pandemie nicht hintergehen. In der Klimakrise fordern wir, dass die Schwächeren geschützt werden, genau das Gleiche ist auch in der Coronakrise wichtig.»
Auch für Vera Becker, Co-Präsidentin der jungen Grünen Aargau und Aktivistin bei der Klimajugend, ist klar, dass man eine Krise nicht gegen die andere ausspielen darf. Sie sagt es so:
«Ich finde die Klimakrise mega mega scheisse, aber auch die Coronakrise ist mega mega scheisse. Wir dürfen uns nicht zwischen den beiden entscheiden müssen.»
Eine Entscheidung, die von der Klimajugend während der Pandemie gefällt werden musste, ist, ob sie dem neuen CO2-Gesetz zustimmen. Die SVP ergriff das Referendum, weshalb das Volk im Juni darüber abstimmen wird. Der Klimastreik Aargau beschloss schlussendlich, sich für das CO2-Gesetz auszusprechen, auch wenn es ihnen eigentlich zu wenig weit geht. Andere Kantonalsektionen, wie etwa die Waadt, ergriffen das Referendum.
Die Befürchtung der Klimajugend Aargau: Bei einem Nein zum Gesetz könnte es von der SVP weiter abgeschwächt werden. Ein Vernunftsentscheid also von der Bewegung, die sich mit teils radikalen Forderungen für die Rettung des Klimas einsetzte. Ist die Klimajugend während der Pandemie zahm geworden? «Das lässt sich kaum verallgemeinert sagen, unsere Aktionen sind nach wie vor breit gefächert, von Kreidekunst bis zur Bundesplatzbesetzung», sagt Mus.
Zwei Lehren gezogen und Hoffnung auf den Sommer
Schaut Vera Becker auf die Pandemie, zieht sie zwei Lehren daraus. Erstens habe sich gezeigt, dass es nicht reiche, allein auf die Eigenverantwortung der Menschen zu setzen. Und zweitens sei klar geworden, dass es möglich ist, drastische und sofortige Massnahmen zu ergreifen, wenn es denn dringend ist.
Die Aargauer Klimajugend hofft, im Sommer wieder grössere Veranstaltungen durchführen zu können. Bis dahin arrangiert sie sich mit der Pandemie. Zum globalen Aktionstag diesen Freitag sin