Humorvolle Performance voller Charme – zwei Künstler im Theaterstuido

Hinweis

Weitere Aufführungen von «Geschickt» finden am 22. und 23. November um 20.15 Uhr im Theaterstudio Olten statt.

Es macht «Ding-Dong», ein Hund kläfft, Treppengepolter ertönt. Auf der Bühne eilt erwartungsvoll ein junger Mann zur imaginären Haustüre, öffnet sie – und wird herb enttäuscht: der Pöstler hat für ihn keinen Brief dabei, besser gesagt: hat DEN Brief nicht dabei, den lang ersehnten Brief von Julie, der ersten Jugendliebe. Dabei hat er, der junge Mann, ihr doch so viele Liebesbekundungen zukommen lassen – in mit Briefmarken frankierten, von vier Ecken flankierten Couverts, aufgegeben am bedienten Postschalter. Zweifel an der gewählten Herangehensweise werden wach: Was, wenn der klassische papierene Brief in Zeiten von E-Mails und WhatsApp-Nachrichten seine Bedeutung verloren hat? Über diese Frage sinnieren Slam-Poet Kilian Ziegler und Musiker Samuel Blatter in ihrem neusten Stück «Geschickt». Am vergangenen Freitagabend führten sie es dem Oltner Premierenpublikum vor.

Kombination von Sketchen, Liedern und Slam-Poetry

Die Stimmung im ausverkauften Theaterstudio ist heiter und ausgelassen; schliesslich wird da kein mit Gesellschaftskritik überladenes, politisch-satirisches Kabarett aufgeführt, sondern eine humorvolle Performance voller Witz, Selbstironie und Charme. Denn Unterhaltung darf zwischendurch auch einfach nur lustig sein. Und lustig sein, das können Ziegler und Blatter. Die beiden Künstler kombinieren Sketche, Lieder und Slam-Poetry zu einem abendfüllenden Programm. Da wird wild drauflosgereimt, gerappt, gesungen und getextet. Die Sprachspiele sind mal lautmalerisch und poetisch, mal derb und platt. Letzteres funktioniert, weil sich die beiden Mundartdichter über die gewollt plumpen Reime selber amüsieren. Augenzwinkernd unterlaufen sie die Erwartungen des Publikums, muss man doch bei manch einer Pointe erst um die Ecke denken, um sie zu verstehen.

Ziegler, der in Trimbach aufgewachsen ist, hat seine Bühnenkarriere vor gut zehn Jahren lanciert. 2018 wurde er zum Schweizer Meister in Poetry-Slam gekürt. «Geschickt» ist seine dritte Koproduktion mit dem 37-jährigen Blatter. Letzterer musiziert als Sänger und Pianist in verschiedenen Formationen, so etwa in der Oltner Indie-Rock-Band «Roamer», komponiert Musik für die Solothurner Tanzkompanie «betweenlines» oder wirkt eben in Zieglers Slam-Poetry-Kabarett mit. Wobei Blatter im aktuellen Programm mehr als nur Sidekick und Begleitmusiker ist: Mit eigenen Szenen und Songs macht sein Part einen wesentlichen Teil des Stücks aus. Das Liedrepertoire reicht von Blues bis Pop; nebst einem Synthesizer kommt auch eine Melodica zum Einsatz – eine Mischung aus Blas- und Tasteninstrument, das ähnlich wie ein Akkordeon klingt. Mit eingespielten Tönen und Geräuschen werden die auf der Bühne gesprochenen Texte zusätzlich untermalt. Ansonsten kommt das Duo mit wenig Requisiten aus: ein Tisch mit Schreibpapier, ein gelber Briefkasten, eine Kamera, einige Bildtafeln.

Beleben: Körpereinsatz und Ausstrahlung der Künstler

Der Auftritt lebt vor allem vom vollen Körpereinsatz und der Ausstrahlung der beiden Künstler. Als Zuschauer spürt man: Die zwei mögen sich, und es bereitet ihnen sichtlich grossen Spass, gemeinsam auf der Bühne zu stehen. Selbstironisch nehmen sie sich gegenseitig auf die Schippe, schmunzeln über die eigenen Witze und können sich den einen oder anderen Lacher nicht verkneifen. Von dieser Heiterkeit lässt sich das Publikum nur zu gern anstecken. Und vielleicht folgt es dem Aufruf der beiden, doch wieder mal selber zu Stift und Papier zu greifen, um dem vom Aussterben bedrohten Kommunikationsmedium «Brief» ein kleines Revival zu verschaffen.