Hunzenschwiler Unterführung wird weniger behindertengerecht – wegen Behindertengleichstellungsgesetz.

Am Montag fahren in Hunzenschwil die Bagger auf, dann beginnen die Bauarbeiten der 10 Millionen Franken teuren Sanierung der Kantonsstrasse K247. Die sollen bis Sommer 2023 abgeschlossen sein, bis dahin gibt es viel zu tun.

Im Rahmen der Sanierungsarbeiten soll der gesamte Strassenoberbau erneuert und ein lärmoptimierter Deckbelag eingebaut werden, weiter wird ein Mehrzweckstreifen sowie eine Fussgängerquerung mit Mittelinsel auf die Strasse gelegt, diese wird dafür ein bisschen breiter. Und schliesslich wird auch die Unterführung beim Knoten Mizeligasse/Hauptstrasse saniert, und genau diese Sanierung ist es, die nun für Kopfschütteln und Unverständnis sorgt.

Denn bei den Arbeiten werden die bestehenden Rampen in die Unterführung entfernt, die bis anhin Radfahrerinnen, Rollstuhlfahrer und Menschen mit Rollator benutzt haben, um die Strasse zu überqueren. Ortsbürger Reto Sterki enerviert sich schon länger über öffentliche Bauten in Hunzenschwil, die nicht behindertengerecht gebaut sind. So auch über den Wegfall der Rampe: «Nun werden zukünftig die schwächsten Verkehrsteilnehmer nicht mehr die sichere Unterführung nehmen können, sondern müssen die stark befahrene Strasse benützen.» Damit werde nicht nur deren Sicherheit gefährdet, sondern auch der Verkehrsfluss verlangsamt. Laut Sterki besonders prekär an diesem Ort: «Viele Kinder mit Velo, Kinderwagen und Rollstuhl müssen diese Strasse queren um die Schule, den Volg oder die Kita zu erreichen.»

Rampe ist zu steil

Warum der Rückbau? Weil die Rampe laut Behindertengleichstellungsgesetz zu steil ist. Gemeindeammann Urs Wiederkehr erklärt, warum man sich überhaupt mit der – augenscheinlich nicht sehr steilen – Rampe befassen muss: «Wenn ein Bauwerk saniert wird, muss es auch in Einklang mit dem Behindertengleichstellungsgesetz gebracht werden.»

Dort steht: «Das Gesetz gilt […] für öffentlich zugängliche Bauten und Anlagen, für welche nach Inkrafttreten dieses Gesetzes eine Bewilligung für den Bau oder für die Erneuerung der öffentlich zugänglichen Bereiche erteilt wird.»

Die Schweizer Paraplegiker-Vereinigung – der nationale Dachverband der Querschnittgelähmten – schreibt dazu, weil die Überwindung einer Rampe mit einem handgetriebenen Rollstuhl Kraft koste, sollte die Steigung oder das Gefälle nicht mehr als 6 Prozent betragen: «Rampen bis 12 Prozent Steigung sind zulässig, jedoch nur dort, wo jemand im Rollstuhl jederzeit auf Hilfe zählen kann.» Also nicht in einer Unterführung.

Warum hat man dann die Rampe nicht einfach verlängert, wenn eine längere Rampe doch eine tiefere Steigung ermöglichen würde? Das ging laut Wiederkehr nicht: «Man hätte die Rampe auf 50 Meter verlängern müssen, um die maximal zulässige Steigung zu erreichen.» Auf der Unterdorfseite wäre die Rampe so in den Eingang eines Geschäfts verlaufen, auf der Oberdorfseite (Volg) wäre der gesamte Parkplatz – derzeit auch als Dorfplatz bekannt – mit einer S-förmigen Rampe verbaut worden, weil nicht nur eine sondern gleich zwei Kurven nötig wären.

Verkehrsinsel soll für Sicherheit sorgen

Auch ein Lift sei keine Option, so Wiederkehr: «Das ist natürlich eine Kostenfrage. Ein Lift kostet in der Anschaffung und verursacht enorme jährliche Unterhaltskosten.» Zudem sei so ein öffentlich zugänglicher Lift im Dorf ein potenzieller Hotspot für Vandalismus und auch ein Sicherheitsrisiko, beispielsweise wenn Personen im Tag und Nacht benutzbaren Lift eingeschlossen würden.

Dank des entstehenden Mittelstreifens und der Verkehrsinsel (ohne Fussgängerstreifen) braucht es laut Wiederkehr aber auch keinen Lift: «Die Querungshilfe wird die Situation entscheidend verändern.» Ausserdem könnten Personen ohne Mobilitätsbeeinträchtigung auch weiterhin die Unterführung benutzen, sie werde also – wie zum Beispiel die beiden Fussgängerstreifen bei der Garage Maurer und beim Gasthof Kastanienbaum – auch weiterhin als Schulweg dienen. Einfach zukünftig zusammen mit der Strassenquerung.