«Ich bin schockiert» – Martina Bircher findet, der Aargau macht zu viel Impfdruck auf Jugendliche

«Ich bin schockiert, wenn ich das Argument höre, Kinder und Jugendliche müssten sich jetzt wegen der Wirtschaft und der Gesellschaft impfen lassen – haben die denn in der Schweiz keine Lobby?», fragt Martina Bircher (SVP) in der Sendung TalkTäglich auf Tele M1. «Man empfiehlt 12-Jährigen die Impfung, obwohl es erst eine Studie mit 1100 Probanden gibt – der Körper eines Kindes ist anders als der eines Erwachsenen.» Dazu dürfe man die Kinder nicht missbrauchen.

Diese Äusserungen bezeichnet Ruth Humbel (Die Mitte) als polemisch. Sie befürwortet, dass der Kanton Aargau vor verschiedenen Mittel- und Berufsschulen Impfmobile aufgestellt hat, damit sich die Schülerinnen und Schüler impfen lassen können:

«Wir sollten doch möglichst alles daran setzen, dass die Kinder in die Schule gehen können.»

Gerade Familien aus bildungsfernen Schichten würden vor grosse Probleme gestellt, wenn die Kinder wieder zuhause unterrichtet oder in Quarantäne geschickt werden müssten, so die Gesundheitspolitikerin.

Gruppendruck oder niederschwelliges Angebot?

Bircher sieht in der Kampagne dagegen den Versuch, massiv Druck auf Jugendliche aufzubauen. Diese hätten, weil sie von schweren Verläufen fast immer verschont blieben, keinen Anreiz:

«Die Motivation für Jugendliche, sich impfen zu lassen, ist doch gleich Null. Aber wenn von 20 Schülern 19 zum Impfbus laufen, erzeugt man Gruppendruck.»

Das sei das Ziel hinter der Kampagne. Dass der Druck enorm sei, sehe man auch bei den Erwachsenen, sagt Bircher. Man müsse aufpassen, dass es keine Spaltung der Gesellschaft gebe. «Druck erzeugt Gegendruck.» Vielmehr gelte es, die Risikogruppen mittels Informationen zum Impfen zu bewegen.

Humbel sieht dagegen im Impfmobil auf dem Pausenplatz lediglich ein «niederschwelliges Angebot» – dieses begrüsse sie. «Das kann man nutzen oder nicht. Die Jugendlichen können doch selber überlegen und entscheiden.» Sie befürworte es zudem, wenn Unternehmen ihren Mitarbeitenden die Möglichkeit geben würden, sich während der Arbeitszeit impfen zu lassen. Humbel regt sich darüber auf, dass man immer wieder die «Spaltung der Gesellschaft» herbeirede: «Davon sehe ich nichts. Wir wollen doch aus der Pandemie herauskommen oder mit dem Virus leben. Da geht es doch einfach darum, die verschiedenen Möglichkeiten zu nutzen.»

«Auch die Durchseuchung birgt Risiken»

Viele Kinder merken gar nicht, dass sie sich mit Corona angesteckt haben – sollte man dann angesichts der minimalen Ne­benwirkungen nicht einfach die Durchseuchung voranschreiten lassen? «Auch das birgt Risiken», wirft die Mitte-Nationalrätin ein. «Wir sehen ja jetzt die Situation an den Schulen mit den Ferienrückkehrern. Manche müssen wieder in Quarantäne oder Isolation.»

Zudem wisse man auch noch wenig darüber, wie die Übertragung im Umfeld vonstatten gehe.

«Natürlich ist es besser, wenn Eltern, Lehrer und das restliche Umfeld geimpft sind – aber das kann man ja niemandem vorschreiben.»

Keine Glaubensfrage, sondern eine wissenschaftliche

Bircher findet dagegen, wenn man Druck auf Jugendliche ausübe, dann gehe es nicht mehr um die Spitalkapazitäten, sondern dann arbeite man auf eine Herdenimmunität hin.

Beide Nationalrätinnen sind geimpft, und auch Bircher erklärt, dass sie grundsätzlich nichts gegen die Impfung hätte. Sie betont aber: «Der Impfstoff ist nicht regulär, sondern per Notfallzulassung zugelassen. Und der Körper eines Kindes ist nun mal anders als der eines Erwachsenen.» Humbel korrigiert ihre Kollegin: «Der Impfstoff wurde in einem ordentlichen, aber beschleunigten Verfahren zugelassen. Das ist etwas ganz anderes als eine Notfallzulassung.»

Weiter erklärt Humbel, sie habe das Gefühl, für viele Politiker sei die Impfung zu einer Glaubensfrage geworden. «Es sollte aber eine wissenschaftliche Frage sein», betont sie. «Die eidgenössische Impfkommission empfiehlt die Impfung ab 12 Jahren. Und die Impfstoffe sind zugelassen, sind also sicher.»