«Ich konnte mit den Gedanken abschweifen»: Experimentelle Klänge und Spoken Words im Galicia

Der Oltner Saxofonist Simon Spiess lädt regelmässig zum experimentellen Format «labOhr» ins Galicia. Am Sonntag traf er sich mit dem Schriftsteller Pedro Lenz und dem Pianisten Malcolm Braff.

Der Konzertraum ist gut gefüllt, gebannt sind die Augenpaare auf die Bühne gerichtet. Um 20.10 Uhr betritt Spiess mit seinen Gästen den Saal. Heute solle alles aus einem Flow kommen und niemand wisse genau, was die nächsten knapp zwei Stunden auf der Bühne passieren werde, so Spiess. Vor dem Konzert hatten die drei nur einen kurzen Soundcheck. Der Rest ist improvisiert.

Der Abend wird mit imposanten Synthesizer-Klängen von Braff eröffnet. Wer sich auf leichtes Klavierspiel gefreut hat, wird etwas enttäuscht. Wuchtig und mit viel Gefühl füllt der Romand den Raum, während Simon Spiess sanft, beinahe ohne Ton mit seinem Saxofon einen warmen Teppich auslegt. Pedro Lenz schaut von einem Musiker zum anderen und scheint sich auf seinen Einsatz vorzubereiten. Spiess spielt einen etwas schrillen Ton an, lässt eine quietschende Schaukel durch den dichten Synthesizer-Nebel erahnen und Pedro Lenz stösst markant «Säg ned z’viu» in den Raum.

Gesprochene Worte mit dem kernigen Pedro-Lenz-Charakter und Soli der beiden Musiker wechseln sich unregelmässig ab, mal lauter, mal leiser, mal hektischer und mal ruhiger – immer im Flow des Abends. Braff hängt mit seinem Blick an den Lippen von Lenz und scheint ihm die Worte quasi aus dem Gesicht zu lesen, während Spiess meist gefühlvoll warme Töne aus seinem Saxofon bläst – phasenweise auch nur mit dem Mundstück. Jeder trägt mit Können und Charakter dazu bei, ein im Moment vergängliches Erlebnis zu schaffen.

Besucherin Anna Kaspar dazu: «Ich konnte mit den Gedanken abschweifen und mich dabei von der Musik leiten lassen.» Und Stefan von Burg meinte: «Das war eigentlich mein ‹Tatort› für heute. Ich fühlte mich bestens unterhalten.» Für einen anderen Besucher war es dann aber doch etwas zu experimentell und mit einem «eigentlich wollte ich heute nur etwas erleben» verlässt er kopfschüttelnd den Konzertraum.

Die Mehrheit folgt dem Geschehen auf der Bühne mit grosser Spannung. Vor allem Lenz’ Anekdoten sorgen für gelegentliche Lacher. Auch als er bei Kumpel Capus per Handzeichen ein Getränk bestellt. «Alex ist wie Jesus, wenn man bei ihm ein Glas Wasser bestellt, bekommt man Wein.» Nach zwei Stunden bedankt sich Spiess bei den Besuchern und verspricht, dass das nächste «labOhr» wieder ganz anders wird. Wir sind gespannt.