
Illegale Mini-Deponien: Ennet der Aare-Brücke geht das Littern erst richtig los



So lange dauert der Abbau
Papiertaschentuch: 3 Monate
Zigarettenstummel: 2 Jahre
Kaugummi: 5 Jahre
Plastikflasche: 450 Jahre
Konservendose: 500 Jahre
Glasflasche: 4000 Jahre
Batterie: 7500 Jahre
Er gehört zu einer besonderen Spezies, der notorische Litterer. Etwas zu kaufen, selbst während der Coronazeit, findet er schnell. Was übrig bleibt, lässt er liegen oder schmeisst es irgendwo hin – nur nie in einen Abfalleimer. Besonders schnell geht das, wenn er den Müll aus dem fahrenden Auto werfen kann.
Eine dafür beliebte Strecke findet der notorische Litterer nach dem Passieren der Robert-Maillart-Brücke. Die Brücke verbindet die Kantone Aargau und Solothurn bei Aarburg über der Aare. Dementsprechend liegen links und rechts der praktisch unbewohnten Boningerstrasse Dosen, PET- und Glasflaschen, Zigarettenkippen, Papiertaschentücher, Plastiktüten sowie Papiersäcke bis hin zu Essensresten und Verpackungen – und seit der Pandemie auch gebrauchte Masken.
Das Ganze würde wohl 15 bis 20 110-Liter-Säcke füllen
Abertausende Male muss sich Esther Marbach vom freiwilligen Rothrister Litteringteam auf ihren unzähligen Müllsammeltouren auf der Achse Aarburg–Boningen schon gebückt haben. Kaum ist die Arbeit erledigt, folgt schon die nächste Tour. Immer öfter werden auch bei den beiden «Güsel-Hotspots» unter der Ruppoldinger SBB-Brücke und eine am Ende abgesperrte, etwa 80 Meter lange Zufahrt zur Tunnelöffnung als Sperrmülldeponie und Müllhalde missbraucht.
Ein aktueller Augenschein vor Ort zeigt das Ausmass: Mehrere 110-Liter-Abfallsäcke mit Haushaltsmüll aller Art; Plastik, Blachen, Kissen von Garten- und Liegestühlen, Teppiche, Dutzende von leeren Gewürzdosen, Aludosen, Haushaltsgegenstände, Konservendosen, Flaschen und PET-Flaschen zuhauf. Kartonschachteln fehlen ebenso wenig wie ein Hundebett und ein Stoffaffe. Sogar ein Tännchen im Topf mit drei Grabkerzen, zahlreiche unangetastete Medikamentenblister und Vitamintabletten-Packungen liegen verstreut umher. Würde man alles in 110-Liter-Säcke abpacken, würde der ganze Unrat vermutlich gut und gerne 15 bis 20 Säcke füllen.
«Um Himmels willen, ist das aber eine Sauerei!», ruft ein 1000er-Stägli-Benützer aus, der sein Fahrzeug unter der SBB-Brücke vorbildlich parkiert hat und sich wundert, was der Autor da fotografiert. «Für solche illegalen Müllentsorgungen habe ich null Verständnis. Solche Leute gehören an den Pranger gestellt und sollten so bestraft werden, dass es dem Geldbeutel richtig wehtut», doppelt er erzürnt nach.
Was Litterer meist auch nicht bedenken: Nutztiere sind von ihrer illegalen Abfallentsorgung ebenfalls betroffen. Weggeworfene Aludosen und Kunststoffflaschen werden beim Mähen zerkleinert. Die messer-scharfen Teile werden dann von den Nutztieren mit der Nahrung aufgenommen, was zu inneren Verletzungen und im schlimmsten Fall zum Tod führen kann. Genaue Zahlen zu den finanziellen Auswirkungen hiervon sind nicht bekannt. Es ist aber unbestritten, dass neben dem Leiden der Tiere und der emotionalen Belastung der betroffenen Tierhalter den landwirtschaftlichen Betrieben erhebliche Kosten durch Leistungsausfälle der Nutztiere, Arztkosten oder durch den Tod der Tiere entstehen.

