Im zu warmen Wasser geht den Forellen langsam aber sicher die Luft aus

Eine Regenbogenforelle (Shutterstock)
Eine Regenbogenforelle (Shutterstock)

17 bis 20 Grad warm

Wassertemperatur auch in Zuchtbetrieben an der Grenze

«Es geht unseren Fischen soweit noch gut», sagt Susanne Flückiger von der Bio-Forellenzucht Flückiger in Uerkheim, die über einen Bestand von 10 000 bis 15 000 Tieren verfügt. Die Wassertemperatur in den Teichen liege derzeit zwischen 17 und 20 Grad – ideal wären 10 bis 12 Grad. «Die obere Temperaturgrenze ist erreicht», meint die Züchterin. Die Fische profitierten davon, dass die Forellenzucht das Teichwasser von einer relativ kühlen Quelle bezieht: So kühlen die Weiher nach Sonnenuntergang etwas ab und ermöglicht den Tieren zumindest nachts eine leichte Erfrischung. Richtig wohl fühlten sich die Forellen trotzdem nicht. «Ich lasse sie in Ruhe, so gut es geht, um sie nicht zusätzlich zu stressen», sagt Susanne Flückiger. Auf übliche Arbeitsschritte, etwa das Transportieren von Forellen von einem Teich in den anderen, verzichte sie darum momentan. Mit 22 Grad liegt auch die Wassertemperatur in den Weihern der Fischzucht Studer in Zofingen an der Grenze. «Bislang gab es nur wenige tote Fische, aber die Lage kann sich momentan schnell ändern», sagt Willi Studer, der rund 3000 Forellen besitzt. Verschärft sich die Situation, würde er die Tiere entweder umsiedeln oder das Teichwasser zusätzlich mit Sauerstoff anreichern. (cki)

Forellen schwimmen am liebsten in kühlem Wasser. Nicht wärmer als 18 Grad sollte es sein. Viele Gewässer in der Region haben die 20-Grad-Marke aber längst überschritten. Wie sich dies auf die Fische auswirkt, weiss Samuel Gerhard aus Oftringen. Er ist Fischereiaufseher und Fachspezialist beim Kanton in der Abteilung Jagd/Fischerei/Wald.

Welche regionalen Gewässer sind momentan am schlimmsten betroffen?

Samuel Gerhard: Es trifft vor allem die kleinen und kleinsten Gewässer. Komplett ausgetrocknet ist zum Beispiel das Chätzigerbächli in Vordemwald; ein Seitenarm der Pfaffneren. In der Wigger ist die Wassertemperatur teilweise sehr hoch. Dort, wo sie in Aarburg in die Aare mündet, ist das Wasser derzeit 24 Grad warm. So hohe Temperaturen habe ich dort noch nie gemessen.

Welche Fischarten leiden am meisten unter der Hitze?

In den betroffenen Bächen kommen vor allem Forellen vor. Sie reagieren sehr sensibel darauf. Empfindlich sind auch die Äschen, von denen es in den Bächen unserer Region weniger gibt. Sie sind allerdings in der Aare ein Thema. Das Problem für die Fische ist nicht allein die Wärme, sondern der Sauerstoffgehalt: Je wärmer das Wasser ist, desto weniger Sauerstoff kann es binden.

Bei welcher Temperatur fühlen sich die hiesigen Fische am wohlsten?

Optimale Bedingungen liegen bei 8 bis 14 Grad. Ab 18 Grad wird es für verschiedene Arten bereits zu warm. Eine wichtige Rolle spielen auch das Pflanzenwachstums und die Fliessgeschwindigkeit in einem Gewässer. Diese Faktoren beeinflussen den Sauerstoffgehalt des Wasser ebenfalls stark.

Was bedeutet das sauerstoffarme Wasser für die Tiere konkret?

Die Fische sind zuerst gestresst und fressen weniger. Nimmt der Sauerstoffgehalt weiter ab, schwimmen sie an die Oberfläche und schnappen nach Luft – das ist dann ein letztes Alarmsignal.

Was unternimmt der Kanton dagegen?

Wir behalten die kritischen Gewässer weiterhin im Auge. Eine Notmassnahme ist das Abfischen und Umsiedeln. Der Kanton Aargau ist dabei aber vorsichtig, denn das Umsiedeln von Fischen ist sehr komplex. In der Regel sind Stellen, in welche Fische umgesiedelt werden sollen, bereits durch vorhandene Fische belegt. Dies führt zu zusätzlichem Territorialstress. Die besten Überlebenschancen haben Fische bei einer Umsiedlung an eine geeignete Stelle im selben Gewässer. Das Umsiedeln birgt zudem die Gefahr, dass Krankheiten verschleppt werden.

Umstritten ist offenbar auch das elektrische Abfischen, bei dem die Fische mit Strom leicht betäubt werden.

Genau. Dafür ist von der zuständigen Fachstelle eine Bewilligung nötig. Diese Methode kommt als Notmassnahme in Frage, wenn kein Wasser mehr fliesst und dem Gewässer die totale Austrockung droht. Elektrische Abfischungen sind für die Tiere nicht unbedenklich. Sie können Langzeitschäden erleiden, an denen sie später eingehen. Ich bin grundsätzlich der Meinung, dass das Abfischen und Umsiedeln nur die Symptome bekämpft, nicht aber die Ursache für die Wasserknappheit.

Wo liegt die Ursache?

Der Klimawandel kann sich in Zukunft vermehrt mit solchen Trockenheitsphasen bemerkbar machen. Auch die Nutzung von Quellen kann die Situation in kleinen Bächen massiv negativ beeinflussen; bei einer Trockenheit, wie wir sie jetzt erleben. Ein Problem zeigt sich auch in den Verbauungen unserer Bäche. Oft fehlen tiefe Rückzugshabitate für wasserbezogene Lebewesen. In tieferen Gewässerabschnitten erwärmt sich das Wasser weniger schnell, womit eine längere Trockenheitsphase überbrückt werden kann.

Was können Laien für die Fische momentan unternehmen?

Helfen, die Lage im Auge zu behalten: Wer ein Gewässer bemerkt, dass zunehmend austrocknet, kann den Pächter des jeweiligen Fischereireviers anrufen, der dann mit der Verwaltung Kontakt aufnimmt und entsprechende Massnahmen ergreift. Die Polizei ist auch ein Ansprechspartner. Schwimmer sollten zudem vorsichtig sein: In Bächen ziehen sich die Fische in tiefere, kühlere Becken zurück. Wer