In Brasilien gesuchter Zofinger (56) nach Jahren in Thailand verhaftet

In der Nähe von Chiang Mai im Norden Thailands wurde ein Schweizer verhaftet. Er sitzt nun in Ausschauffungshaft, da er international zur Verhaftung ausgeschrieben ist, wie eine thailändische Lokalzeitung berichtet. Wie der «Blick» schreibt, handelt es sich dabei um den Aargauer R.U..

Der 56-Jährige figuriert seit Jahren auf der Liste der meist gesuchten Verbrecher Brasiliens und ist international zur Fahndung ausgeschrieben. Die Vorwürfe sind happig: Der damals 41-jährige Bauarbeiter aus Zofingen soll im März 2004 seine Ex-Freundin in Brasilien geschlagen, vergewaltigt und aus dem Fenster geworfen haben. Seither ist die Frau querschnittgelähmt und sitzt im Rollstuhl.

R. U. verschwand nach der mutmasslichen Tat von der Bildfläche, sein Verbrechen ist in Brasilien aber noch nicht vergessen. Vor zwei Jahren widmete der brasilianische Fernsehsender R7 der Tat einen 18-minütigen Beitrag.

Rückkehr in die Schweiz

Danach tauchte der Gesuchte im Sommer 2017 in der Schweiz auf. Wie der «Blick» damals schrieb, habe man einem R.U. auf dem Parkplatz vor dem Haus seines Vaters in Zofingen angetroffen. Dort lebte er offenbar unbehelligt in einer kleinen Hütte.

R.U. bestritt damals die Tat und wies die Vorwürfe zurück: «Alles gelogen», sagte er. «Das hat meine Ex alles konstruiert und erfunden. Ich habe Ana Julia nie geschlagen, geschweige denn vergewaltigt.»

Nach einem diplomatischen Ersuchen aus Brasilien hat die zuständige Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm von Amtes wegen ein Verfahren gegen den damals 54-Jährigen eröffnet. Damit soll generell verhindert werden, dass Täter vor der Strafverfolgung in ihre Heimat fliehen können. Eine aktive Strafverfolgung gab es 2017 in der Schweizer aber nicht, denn den Aargauer Ermittlern waren die Hände gebunden: Die Akten zum Fall, welche für eine stellvertretende Strafverfolgung nötig wären, blieben in Brasilien. So blieb R.U. auf freiem Fuss – und die mutmassliche Tat drohte zu verjähren.

Auslieferung in die Schweiz oder nach Brasilien?

Damals verriet R.U., er habe sich neu verliebt und werde zu seiner neuen Frau nach Thailand reisen, was er gemäss «Blick» seither mehrmals für ein halbes Jahr tat – bis am 21. Juli 2019. Warum die thailändische Polizei ihn gerade jetzt verhaftet hat, ist unklar.

Im Falle einer Festnahme in der Schweiz wäre der heute 56-Jährige nicht an Brasilien ausgeliefert worden, davor schützt ihn seine Schweizer Staatsbürgerschaft – aber nicht vor einer allfälligen Strafe. Er müsste sich vor einem Schweizer Gericht für seine Tat verantworten.

Gemäss Fiona Strebel, Mediensprecherin Staatsanwaltschaft Aargau, wird R.U. nun aber sehr wahrscheinlich von Thailand direkt an die brasilianischen Behörden ausgeliefert, schreibt «Blick.ch». Hier könnte er dann auch angeklagt werden. Denn in Brasilien gelten andere, längere Verjährungsfristen als in der Schweiz.

In diesem Häuschen auf dem Parkplatz seines Elternhauses soll R. U. zwischenzeitlich gelebt haben (Raphael Nadler)
In diesem Häuschen auf dem Parkplatz seines Elternhauses soll R. U. zwischenzeitlich gelebt haben (Raphael Nadler)
Der Zofinger r.u. wurde am 21. Juli in Thailand verhaftet (Saraphi Police)
Der Zofinger r.u. wurde am 21. Juli in Thailand verhaftet (Saraphi Police)
Das Fahndungsfoto der brasilianischen Polizei (zVg)
Das Fahndungsfoto der brasilianischen Polizei (zVg)

Verjährung: Offene Fragen

Für die Frage einer allfälligen Verjährung sind zwei entscheidende Informationen unklar:
Der Tatvorwurf: Liegt ein versuchter Mord vor, wäre das Verbrechen erst nach 30 Jahren verjährt. Bei einer schweren Körperverletzung hingegen ist dies bereits nach 15 Jahren der Fall.
Der Tatzeitpunkt: Hier gibt es Unklarheiten. In den brasilianischen Medienberichten war jeweils die Rede von März 2004 gewesen. Nach den Kenntnissen des zuständigen Aargauer Staatsanwalts soll sich die Tat aber im Jahr 2003 ereignet haben.