
In der Aprikosen-Kontroverse wehrt sich Pro Natura Aargau : «Die Früchte wachsen nicht nur in Schutzzonen»
Die Kontroverse um die Aprikosenplantagen im Seetal rückte nebst den beiden betroffenen Bauern Urs Baur und Robert Siegrist auch zwei weitere Protagonisten in den Fokus. Matthias Betsche, Präsident von Pro Natura Aargau und Andy Steinacher, Präsident des Verbands der Aargauer Obstproduzenten, lieferten sich in den vergangenen Tagen einen offenen Schlagabtausch in den Medien.
Am Dienstag trafen sich die beiden zur Aussprache in der Tele-M1-Sendung «TalkTäglich». Matthias Betsche verantwortet die Beschwerde an den Regierungsrat, die schliesslich dazu führte, dass die bereits errichteten Folientunnel wieder abgerissen werden müssen. Der Regierungsrat würdigte eine Schutzzone, die am Standort der Egliswiler Plantage vorgesehen, von der Gemeinde aber noch nicht umgesetzt worden ist. Andy Steinacher macht Matthias Betsche deshalb Vorwürfe.
Der 56-jährige Andy Steinacher ist seit 14 Jahren Gemeinderat in Schupfart und seit Anfang Jahr auch Grossrat. Der Präsident der Aargauer Obstproduzenten hat einen Hof mit rund 180 Obstbäumen. Ihn, wie auch Matthias Betsche, beschäftigt, dass die beiden betroffenen Bauern im Glauben, alle nötigen Bewilligungen in den Händen zu halten, bereits viel Geld und Arbeit in ihr Projekt investiert haben. Die Umweltverbände haben laut eigenen Angaben erst lange nach dem Baubewilligungsverfahren von dem Projekt erfahren und Beschwerde eingereicht.
Möglich war das, weil die beiden Gemeinden Egliswil und Seon die Baugesuche nicht, wie vorgeschrieben, im kantonalen Amtsblatt publiziert haben. Steinacher wirft den Naturverbänden deshalb vor, eine «Gesetzeslücke» ausgenützt zu haben. «Auch in Schupfart haben wir Baugesuche nie im kantonalen Amtsblatt publiziert, das ging auch immer gut.» Das lässt Matthias Betsche nicht gelten. Der in Möriken- Wildegg wohnende Rechtsanwalt und Präsident von Pro Natura ist auch Mitglied von Birdlife, WWF und den Grünliberalen des Bezirks Lenzburg. Er sagt: «Wir haben keine Gesetzeslücke ausgenutzt.» Ohne die Ausschreibung im kantonalen Amtsblatt würden viele vom demokratischen Verfahren ausgeschlossen und das gehe nicht. «Deshalb ist es richtig, dass unsere Beschwerde behandelt worden ist.» Wenig Verständnis hat er dafür, dass einige Gemeinden im Kanton den Bestimmungen zur Auflage von Baugesuchen nicht ausreichend nachkommen. Gegenüber der AZ hat das Amt für Baugesuche bereits angekündigt, dass es die Gemeinden erinnern will.
Schaden von über 100000 Franken
Doch Andy Steinacher nimmt den Umweltverbänden auch übel, dass sie nie das Gespräch mit den Bauern gesucht haben. «Und das, obwohl ihr eine örtliche Sektion habt, in der ein Bauer sogar selbst Mitglied war bis zu dieser Affäre.» Matthias Betsche stellt sich auf den Standpunkt, dass die Zeit nicht ausgereicht hatte, als man über den Folientunnel erfahren hatte. Schliesslich wehrt er sich auch gegen den Vorwurf, ökologische Landwirtschaft zu verhindern: «Aprikosen wachsen nicht nur in Landschaftsschutzzonen. Der Respekt vor diesen gehört auch zum Paket ‹Nachhaltigkeit›.» Es gehe nicht um das Für und Zuwider von Folientunnels, sondern um die Standortfrage.
Der Egliswiler Bauer Urs Baur hat kein Verständnis für das Aufheben um seine Plantage. «Ich bin nach wie vor entsetzt und kann es nicht begreifen», sagt er. Bei einem Rückbau drohe ihm ein Schaden von 100000 Franken, sagte er gegenüber TeleM1. Er will den Entscheid vom Regierungsrat an das Verwaltungsgericht weiterziehen.