
In Schweizer Haushalten liegen zehn Millionen alte Handys herum: Sie enthalten 285 Kilo Gold
In einer Box liegen Hunderte Handys. In der nächsten Computer, dann Tastaturen, und etwas, das aussieht wie Self-Scanning-Kassen, daneben ein grosser Bürodrucker. Die meisten Geräte sehen noch benutzbar aus, doch es handelt sich um Elektroschrott – insgesamt um sechs Tonnen.
Swico, der Wirtschaftsverband der ICT- und Online-Branche, hat den Schrott herangekarrt, um sein Recycling-System vor den Medien zu zeigen. Ebenfalls hergebracht wurde eine Tonne Kupfergranulat, einer der Stoffe, der aus den Geräten gewonnen wird. Wert: 8000 Franken.
Diesen Aufwand betreibt der Verband im Vorfeld des E-Waste-Day, der am 14. Oktober stattfindet. An dem Tag sollen Schweizerinnen und Schweizer alte Handys und anderen Elektroschrott zurückbringen. Um sie zu mobilisieren, setzt der Verband Influencer ein: In Zürich, Bern und Basel werden zum Beispiel Baschi, Anja Zeidler, Gabirano, Patti Basler oder Rash Jr. an den Sammelstellen für Selfies bereitstehen. Wie viel die ganze Kampagne kostet, sagte Verbandsleiterin Judith Bellaiche nicht. Es handle sich um eine «schlanke Kampagne», den genauen Betrag wisse sie auf Anhieb nicht.
Grösste Vorkommen von Kupfer in Städten Swico hofft, dass ein Teil der zehn Millionen Handys, die gemäss Schätzungen in Schweizer Haushalten ungenutzt herumliegen, abgegeben wird. Die Handys bergen einen Schatz: rund 285 Kilogramm Gold. Das Edelmetall wird wegen der guten Leitfähigkeit beispielsweise für Steckerverbindungen genutzt.
Neben Gold enthalten Elektrogeräte zum Beispiel auch Kupfer. «Die grössten Kupfervorkommen befinden sich in urbanem Gebiet», sagte Bellaiche. Der Nutzen dieser Vorkommen nennt sich «Urban Mining». Dazu nannten die Verbandsmitglieder zwei Beispiele: Mit dem Eisen, welches das Recyling-System von Swico über die letzten zehn Jahre wiederverwertet habe, hätten zwanzig Eiffeltürme gebaut werden können.
Und mit dem Aluminium der letzten Dekade hätte man den Bedarf für 60 Exemplare des grössten Passagierflugzeugs der Welt, dem Airbus A380, decken können.
Das Recycling-System von Swico basiert auf einer Abgabe, die beim Kauf von fast jedem Elektro-Gerät bezahlt werden muss. Bei Handys beträgt sie beispielsweise etwa 10 Rappen. Rund 650 Unternehmen haben sich dem System angeschlossen und ziehen deshalb die Gebühr ein.
Die Firmen müssten ansonsten ein eigenes Rückgabe-Netz aufbauen und sich mit Kontrollen durch Bundesbehörden herumschlagen. Der Erlös des Swico-Recycling-Systems betrug letztes Jahr 26 Millionen Franken. Unter dem Strich ergab das ein geringes Minus, das aus den Reserven gedeckt wurde.
Konsumenten können ihre alten Büro- und Unterhaltungsgeräte an 600 Sammelstellen in der Schweiz abgeben. Von dort gelangen sie zu Swico-Recycling-Partnern und Zerlegebetrieben. «Die Rücklaufquote beträgt bis zu 95 Prozent», sagte Verbandsleiterin Bellaiche. Die meisten Stoffe könnten dabei wiederverwendet werden. «Die Verbrennungsquote liegt lediglich bei ungefähr zehn Prozent.»
Schweizer Elektroschrott auf Müllhalden in Afrika?
Allzu bekannt sind die Bilder von illegalen Mülldeponien in Afrika und Asien. Um an die Edelmetalle zu gelangen, verbrennen Einheimische häufig den Elektroschrott. Dadurch atmen sie giftigen Rauch ein. Eine Dokumentarfilmerin sagte im Jahr 2015 gegenüber «SRF», dass sie auf einer Mülldeponie in Ghana Elektrogeräte mit Schweizer Etiketten gesehen habe.
Der Verband versichert, man könne «mit hundertprozentiger Sicherheit» ausschliessen, dass Elektroschrott aus dem eigenen System auf illegalen Mülldeponien lande. «Alle unsere Recyclingpartner werden von der Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt regelmässig auditiert», sagte Verbandsleiterin Bellaiche.
Der Zoll stellt jedes Jahr rund 125 Fälle von versuchtem illegalen Export von Abfall fest. Nicht bei allen dieser Fälle geht es um Elektroschrott. Dennoch ist der illegale Export von Schweizer Elektroschrott ausserhalb des Swico-Systems eine Realität.