
Integration: KSA nimmt Tochter-Spital Zofingen an kürzere Leine
SPITAL ZOFINGEN
Einst eine Schenkung
Seit 1888 ist Zofingen Sitz eines Akutspitals, zu dem seit 1984 auch ein Pflegezentrum gehört. Der Brittnauer Kaufmann Bernhard Lerch, der in Moskau lebte, hatte im Jahre 1887 der Kulturgesellschaft Zofingen 70 000 Franken für den Bau eines Spitals gestiftet – und wurde sofort zum Ehrenmitglied ernannt. Am 15. August 1887 wurde der Grundstein für das Spital gelegt. 1974 wurde die Trägerschaft neu als Verein organisiert. Aus dem Verein entstand schliesslich eine Aktiengesellschaft. 2011 wurden alle Aktien der Kantonsspital Aarau AG (KSA) verkauft, sie ist seither eine Tochtergesellschaft. 2017 traten die bisherigen Verwaltungsräte des Spitals Zofingen in corpore zurück, um einer neuen Zusammensetzung des VR Platz zu machen, die ausschliesslich aus Kaderleuten des KSA besteht.
«Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie bitte die Packungsbeilage» – so steht es in der fünfseitigen Medienmitteilung des Regierungsrats nicht. Sie erklärt, wie die Kantonsspital Aarau AG (KSA) ihr Projekt eines 600 Millionen Franken teuren Neubaus stemmen kann. Die Nebenwirkungen, die Voraussetzungen für die Finanzierung der 600 Millionen, sind im 99-seitigen Gutachten der PricewaterhouseCoopers AG (PwC) nachzulesen.
Dort finden sich Hebel hin zu einer besseren Rendite und effektiveren Führung. Da ist die Rede davon, wie wichtig zusatzversicherte Patienten und gute Managementsysteme sind. Und auch die Spital Zofingen AG, deren Aktien vollumfänglich im Besitz des KSA sind, findet unter dem Begriff «Integration» Erwähnung. Stichwortartig steht da: «Betriebliche Vollintegration (eine operative Führung) sowie Umsetzung der Leistungsangebote nach Plan.» Andere, Zofingen nicht betreffende Facetten und vorgeschlagene Massnahmen des PwC-Berichts zum KSA sind in der Ausgabe von gestern aufgelistet.
VR-Präsident warf das Handtuch
Laut Gesundheitsdirektorin Franziska Roth (SVP) waren der Bericht und die Schlussfolgerungen – welche der Regierungsrat aus ihm gezogen hat – für den bisherigen KSA-Verwaltungsratspräsidenten Konrad Widmer Grund, seinen Rücktritt per Ende 2018 einzureichen. Widmer, von Haus aus Arzt, sagte vor einigen Jahren einmal: «Die primäre Aufgabe eines Spitals ist nicht, Geld zu verdienen, sondern Leben zu retten.» Die PwC fordert in ihrer Analyse vom KSA eine Gewinnmarge vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen von mindestens 10 Prozent. Pikant: Widmer war einst Präsident des Spitals Zofingen.
Dies war auch der frühere Rothrister Gemeindeammann Felix Schönle. Aktuell ist er Verwaltungsratspräsident ad Interim des KSA. Was sagt er zur Situation, in welcher sich das Spital Zofingen aktuell befindet? «Im PwC-Bericht geht es klar um das Kantonsspital Aarau. Die Spital Zofingen AG ist als Tochtergesellschaft natürlich ein Teil der KSA-Gruppe.» Wichtig beim Thema «Integration Zofingen» sei, dass die beiden Standorte gut zusammenarbeiten und «wir eine Strategie verfolgen, welche zukunftsfähig ist». Das Angebot in Zofingen müsse mit Aarau abgestimmt werden. Beide Standorte könnten sich so optimal ergänzen. «Ganz wichtig ist, dass die Zusammenarbeit noch besser und intensiver wird.»
Für Schönle geht es nicht darum – wie die isolierte Lektüre des PwC-Berichts suggeriert –, dass Zofingen einen Beitrag an die Investitionskosten in Aarau leistet. Das Gegenteil sei der Fall: «Das Spital Zofingen schreibt seit drei Jahren rote Zahlen». Dies müsse sich ändern. Zofingen soll künftig unter der Dachmarke des KSA auftreten und noch besser ins Kantonsspital integriert werden. Eine «Fusion», eine formalrechtliche Eingliederung der Spital Zofingen AG ins KSA, stehe nicht zur Diskussion – aber eine bessere Verzahnung. Eine solche gebe es bereits. So wirkt die Personalstelle in Aarau bei der Besetzung von Stellen in Zofingen mit, der Zofinger Finanzchef ist in Aarau Mitglied von Projektgruppen.
Weiterhin eine Spitalleitung?
Die Frage, ob es künftig in Zofingen eine eigenständige Spitalleitung gibt, scheint (noch) offen. Sicher aber wird die Zusammenarbeit in den einzelnen medizinischen Disziplinen unter Federführung des entsprechenden Chefs in Aarau intensiver werden. «Leichtere Fälle in Zofingen, Komplizierteres in Aarau», sagt Schönle. Dies werde sich auch in der Ausbildung junger Ärztinnen und Ärzte niederschlagen, welche in Aarau und Zofingen verschiedene Situationen in der Praxis kennenlernen würden.
Partnerschaft als Modell
In vielerlei Hinsicht sei diese Partnerschaft ein Modell für die Zukunft: Basismedizin in der Region, Zentrumsmedizin im Schwerpunktspital und gegenseitige Nutzung der Ressourcen nach Bedarf. Neuland werde nicht beschritten. Beispiele sind die Geriatrie oder die Behandlung von Diabetes. Hier arbeiten dieselben Fachärztinnen und -ärzte sowohl in Aarau wie in Zofingen – in Aarau in einer universitären Klinik mit dem ganzen Spektrum komplexer Krankheitsbilder.
Das bringt Input und Know-how, von welchem Zofingen profitiert. Würden diese Spezialistinnen und Spezialisten nur am Spital Zofingen arbeiten, wären sie «Einzelkämpfer» und «Einzelkämpferinnen» –sowohl für sie als auch für die Patienten eine wenig attraktive Situation.