
Jetzt also doch: Aargauer Staatsanwaltschaft eröffnet in Chefarzt-Affäre ein Strafverfahren
Bisher hiess es immer, die Verfehlungen des Chefarztes Angiologie am Kantonsspital Aarau (KSA) seien strafrechtlich nicht relevant. Der Arzt, der in über 500 Fällen medizinische Leistungen auf seinen Namen erfasst hatte, obwohl er diese nicht selber erbracht hatte, wurde von der KSA-Leitung lediglich verwarnt und musste eine Rückzahlung leisten.
Nun zeigen Recherchen der AZ: Das Verhalten des Chefarztes könnte doch strafrechtliche Folgen haben. Elisabeth Strebel, Sprecherin der Staatsanwaltschaft, bestätigt auf Anfrage: „Die kantonale Staatsanwaltschaft hat den Fall an die Hand genommen und ein Strafverfahren gegen Unbekannt eröffnet.“ Ermittelt wird nicht explizit gegen den fehlbaren Chefarzt, sondern gegen Unbekannt, weil auch weitere Personen in den Fall involviert sein könnten. Die ersten Abklärungen der Staatsanwaltschaft laufen, die möglichen Straftatbestände sind happig: „Ermittelt wird wegen des Verdachts auf Betrug, betrügerischen Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage, Falschbeurkundung und ungetreue Geschäftsbesorgung“, sagt Strebel.
Noch vor fünf Monaten sah es so aus, als hätte der Fall keine strafrechtlichen Folgen. Anfang September sagte Robert Rhiner, CEO des Kantonsspitals Aarau, in einem Interview mit der AZ, externe Revisoren hätten „kein justiziables Verhalten des Chefarztes“ festgestellt. Deshalb hätten sie der Spitalleitung empfohlen, keine Anzeige einzureichen. Auch die Kantonale Staatsanwaltschaft, die den Fall Ende 2017 schon einmal prüfte, kam damals zum Schluss, dass kein genügender Anfangsverdacht für ein Strafverfahren gegeben sei.
Im Herbst 2018 hatte der Regierungsrat beim Kantonsspital Aarau allerdings weitere Unterlagen und Auskünfte zum Fehlverhalten des Chefarztes angefordert. Nach deren Prüfung bat die Regierung die kantonale Staatsanwaltschaft im November, die Einleitung eines Strafverfahrens zu prüfen. Laut der Antwort auf einen Vorstoss von SVP-Grossrätin Désirée Stutz erhielt die Staatsanwaltschaft im Herbst zusätzlich zu den früheren Unterlagen einen Bericht der Wirtschaftsprüfungsfirma Ernst & Young sowie zwei Schreiben des KSA mit Stellungnahmen zu Fragen des Regierungsrats.