Kaminfeger-Monopol im Kanton Luzern aufgehoben: «Der Kunde ist nun auch bei uns König»

Franz Purtschert hat vor wenigen Monaten das erste Mal in vierzig Jahren seine Firma beworben. Er verteilte Flyer und liess eine neue Website erstellen. «Das war für mich etwas ganz Neues», sagt der Kaminfegermeister in der Küche seines Wohnhauses in Pfaffnau. Einen Stock tiefer befindet sich seine Werkstatt. Purtschert machte sich 1982 als Kaminfeger selbstständig. 

Seit einem Jahr gilt im Kanton Luzern der freie Markt für Kaminfeger. Das Kantonsparlament liess das Monopol nach rund 200 Jahren per 1. Juli 2019 aufheben. Bisher konnten konzessionierte Kaminfegermeisterinnen oder -meister auf einem zugeteilten Gemeindegebiet ihre Arbeit zu einem festen Tarif auszuführen. Nun haben Gebäudeeigentümer die freie Wahl. 

«Ich habe viele neue Kunden dazugewonnen» 

Franz Purtschert ist zufrieden mit der Liberalisierung. «Für mich hat sie sich ausbezahlt», sagt der 66-Jährige. «Ich habe seither viele neue Kunden dazugewonnen.» Als das Monopol noch galt, war Purtschert für die Gemeinden Dagmersellen, Pfaffnau, Reiden, Roggliswil und Wikon zuständig und hat nur dort Kaminfegerarbeiten ausgeführt. Nun hat er auch Kundschaft im Hinterland. 

Durch die Liberalisierung gibt es mehr Konkurrenz auf dem Luzerner Kaminfeger-Markt. Kurz vor der Auflösung des Monopols waren 18 Unternehmungen festen Regionen zugeteilt. «Neu kann der Kunde aus einer Liste von 24 Unternehmen auswählen», sagt Markus Clerc, Mediensprecher der Gebäudeversicherung Luzern (gvl). Die gvl vergibt die Konzessionen. 

Ein Mitbewerber von Purtschert ist Kaminfegermeister Michael Grau aus Entlebuch, der gleichzeitig als Präsident des Verbands Luzerner Kaminfegermeister fungiert. Er sagt, die Zahl der Mitbewerber habe zwar zugenommen, aber für Neue sei es schwierig, in einem Umfeld von langjährigen Betrieben Fuss zu fassen. «Gemäss Rückmeldung von Verbandsmitgliedern – und aus eigener Erfahrung – hat es bis jetzt keine grosse Fluktuation unter den Betrieben gegeben.» Der Kaminfeger geniesse grosses Vertrauen bei der Kundschaft. Über Jahre hätten sie ein Vertrauensverhältnis zu den Kunden aufgebaut. «Der Umgangston im Branchenverband ist aber sicher auch etwas rauer geworden.» Als Verbandsmitglieder seien sie untereinander nicht mehr nur Berufskollegen, sondern auch Mitbewerber. «Wir wissen jedoch alle, dass wir am gleichen Stick ziehen müssen, denn wir haben mittelfristig und für die Zukunft dieselben Herausforderungen zu meistern.» 

Büroarbeit hat sich fast verdoppelt 

Die Büroarbeit im Betrieb von Purtschert, die vor allem seine Frau erledigt, hat sich seit der Liberalisierung fast verdoppelt. Nun müssen die Unternehmen Offerten schreiben, der Preis ist nicht mehr staatlich vorgeschrieben. Gerade in ländlichen Gebieten mit längeren Anfahrtswegen sind die Preise teilweise angestiegen. «Auch unsere Preise sind etwas höher, aber wir haben nicht gross aufgeschlagen», sagt Purtschert. 

Der befürchtete Kostenanstieg sorgte in den Kantonsparlamenten jeweils für ein letztes Aufbäumen der Monopol-Verfechter (meistens SP und Grüne). Nun fällt das Monopol auch schon bald in den Kantonen Aargau und Bern. Der Aargauer Grosse Rat hat im Juni die entsprechende Revision des Brandschutzgesetzes mit 122 zu 11 Stimmen gutgeheissen. In Bern hat sich das Kantonsparlament im letzten Dezember für die Auflösung des Monopols ausgesprochen. 

Beruf des Kaminfegers hat sich stark verändert 

In den vergangenen Jahren hat sich der Beruf des Kaminfegers stark verändert. Purtschert musste in seiner Lehrzeit beispielsweise noch in Kamine schlüpfen, um sie zu reinigen. Heutzutage ist das nicht mehr nötig: Die Heizungsanlagen sind technisch optimiert. Zudem werden immer häufiger Heizungen ohne Feuerung verwendet, dazu zählen Solaranlagen und Wärmepumpen. 

Franz Purtschert lässt sich Ende Jahr pensionieren und will sich langsam aus dem Betrieb zurückziehen. Sein Nachfolger steht bereits fest: der 29-jährige Kaminfegermeister Flavio Geiser. Dieser will künftig beispielsweise auch Lüftungsreinigungen anbieten können, um den Beruf weiterzuentwickeln. Wichtig sei auch, dass man nun mehr auf die Kundschaft eingehe, sagt Purtschert. «Der Kunde ist nun definitiv König – auch bei uns Kaminfegern.»