Komitee «Unser EW behalten» leistet Widerstand gegen den EW-Verkauf

Trotz einer ungewissen Zukunft rät der Experte, das Stromnetz zu behalten

Roland Fischer von der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) konzentrierte sich in seinem Kurzreferat auf die Entwicklung von Strommarkt und von Strompreisen. «Der Anteil für Netznutzung und Stromtransport macht rund 37 Prozent aus, inklusive Dienstleistungsgebühren und Konzessionsabgaben an Gemeinde und Kanton», führte Fischer aus. Gemäss einer Analyse der Fachhochschule Nordwestschweiz erwiesen sich untersuchte Netze als robust. Er gab aber auch zu bedenken, dass die Entwicklung des Strommarktes, vor allem den lokalen 230V/ 400V-Netzausbau betreffend, für die nächsten zehn Jahre nicht zuverlässig abgeschätzt werden könne. «Zudem muss die Einführung intelligenter, digitaler Messsysteme, sogenannter Smart Meter, gemäss der Verordnung des Bundes bis Ende 2027 zu 80 Prozent abgeschlossen sein», so Fischer. Trotz einer ungewissen Zukunft riet der FHNW-Experte der Gemeinde

Wenn es um den Verkauf des EW Kölliken geht, dann sind die Meinungen gespalten. Die Position von Reto Karrer und Sebastian Wildi allerdings ist klar: Sie gehören dem Komitee «Unser EW behalten» an und hatten daher zu einem Infoanlass eingeladen. Das Ziel war es, die Gründe für einen Beibehalt des Elektrizitätswerks aufzuzeigen. Experten legten die Fakten dar, berichteten von ihren Erfahrungen. «Es wäre falsch, ein intaktes Stromnetz ohne Not zu verkaufen und die in Aussicht gestellten 12 Millionen Franken, die vom Käufer gezahlt würden, könnten schnell ausgegeben sein», argumentieren die beiden.

In der von Cornelia Diethelm moderierten Veranstaltung sprachen nacheinander Hansjörg Merz (Präsident des EW Gretzenbach) und Roland Fischer von der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW). Ebenso meldete sich der anwesende Verwaltungsrat der EWK Energie AG, Christoph Müller, zu Wort (siehe Boxen rechts).

Der Kölliker Erziehungswissenschaftler Richard Haberthür betrachtete die Situation aus philosophischer Sicht: Wer besitzt den Strom und wer macht ihn? «Das Stromnetz ist etwas Lukratives, das man nicht aus der Hand geben sollte», fügte er hinzu. Spannend entwickelte sich die Diskussionsrunde unter den 30 Anwesenden allemal, bei der fachliche, aber mehr noch emotionale Beweggründe eine Rolle spielten.

Ein Zuhörer warf denn eine interessante Fragestellung in den Raum: Was ist, wenn Kölliken selbst zum Stromproduzenten wird, zum Beispiel mit dem Bau einer Biogasanlage? Wäre es von Vorteil, wenn das Stromnetz noch der Gemeinde gehören würde? Ein visionä- rer Aspekt. Als letzte Option bleibt in jeden Fall der Rückkauf der EWK Energie AG, wie es in dem am Referendum abzustimmenden Vertrag fixiert ist.

Einfluss von vielen Faktoren
Ob das Elektrizitätswerk Kölliken technisch für die Zukunft gerüstet ist, wie die Verkaufsgegner auf ihrem Flugblatt schreiben, oder nicht, und ob die Strompreise lange stabil bleiben, hängt von vielen Faktoren ab. Eine sichere Prognose abzugeben wagen selbst Energiefachleute nur unter Vorbehalt. Fakt ist, dass die operative Betriebsführung bereits heute schon der eniwa AG – also des potenziellen Käufers – obliegt. In das Kölliker Stromnetz wird laufend investiert werden müssen, was sich so oder so auf den Strompreis auswirken wird. Dass das im gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen erfolgt, dafür sorgt die Eidgenössische Elektrizitätskommission (EICom) – mit oder ohne Liberalisierung des Strommarktes.

«Gretzenbach kann seinen Stromtarif wieder selbst bestimmen»
Die Gemeinde Gretzenbach kaufte ihr Stromnetz von der Elektrizitätsgesellschaft Schönenwerd (EGS) zurück, als der Konzessionsvertrag 2004 auslief, führte der Präsident des EW Gretzenbach Hansjörg Merz aus: «2016 konnte ein Unternehmensergebnis nach Steuern von 145000 Franken beziehungsweise 8 Prozent Rendite ausgewiesen werden». Die Gründung der Elektra Gretzenbach AG im Juni 2017 sei der letzte logische Schritt gewesen. Die Betriebsführung per Netzbetreibervertrag wurde Ende 2017 für zwölf Jahre an die EBM/AVAG vergeben. Trotz hoher Investitionen sind den Gemeinden jährliche Einnahmen sicher, in Gretzenbach und Kölliken waren das 2016 rund 280000 Franken. In Gretzenbach sind darin Konzessionsgebühren von 140000 Franken, 63000 Franken Darlehenszinsen und Dividenden über 65000 Franken sowie lokale Steuereinnahmen von 14000 Franken enthalten. «Gretzenbach kann seinen Stromtarif damit wieder selbst bestimmen», so Merz.

«Lokale Steuereinnahmen wird die Gemeinde auch bei einem Verkauf verbuchen» 
Der Verwaltungsrat der EWK Energie AG, Christoph Müller, legte Wert darauf, dass Vertragsbestandteile des zur Abstimmung gelangenden Verkaufsvertrags korrekt dargestellt sind und eine Abgrenzung zu der von Hansjörg Merz dargestellten Situation in Gretzenbach nachvollziehbar ist. Laut Christoph Müller wird es auch beim Verkauf der EWK Energie AG für Kölliken weiterhin Konzessionsgebühren von rund 220000 Franken geben: «Sie sind als Abgabe an die Gemeinde zu verstehen, und nicht als Gewinn aus dem Geschäft.» Darlehenszinsen hatte Kölliken auch erhalten, solange das EWK bei der Gemeinde verschuldet war. Lokale Steuereinnahmen werde die Gemeinde auch bei einem Verkauf verbuchen, denn gemäss Vertrag bleibe der Sitz der EWK in Kölliken. Einzig die Dividenden entfielen. Dafür erhält Kölliken die besagten 12 Millionen Franken, das entspricht Dividendeneinnahmen für rund 120 Jahre. «Ein Ignorieren dieser Fakten würde das Bild verfälschen», so Müller.