
Kommt es zur Konfrontation? Aufruf zu erneuter Corona-Demo in Aarau – linkes Kollektiv will sie verhindern
Es ist bald zwei Monate her, seit rund 1500 Personen am 8. Mai in Aarau gegen die Coronamassnahmen demonstrierten. Die unbewilligte Kundgebung hatte zahlreiche Strafanzeigen zur Folge, die derzeit noch hängig sind. Rund um die Kundgebung waren mehrere hundert Polizisten im Einsatz, die Demonstration dürfte Kosten von rund 100’000 Franken verursacht haben.
Der entscheidende Punkt, weshalb die Behörden die Demo verboten, war damals die Maskenpflicht: Diese werde bei solchen Kundgebungen nicht eingehalten, deshalb könnten sie nicht bewilligt werden, argumentierten Stadt- und Regierungsrat. Inzwischen hat der Bundesrat die Coronamassnahmen stark gelockert – seit Samstag gilt im Freien keine Maskenpflicht mehr, Clubs dürfen wieder öffnen, Grossveranstaltungen stattfinden – unter der Bedingung, dass die Besucher ein Covid-Zertifikat vorweisen können.
«Aarau 2.0»: Aufruf zur Demonstration am Samstag auf Telegram
Dennoch könnte es in Aarau am kommenden Samstag erneut zu Protesten von Coronaskeptikern kommen. In einem Telegram-Kanal, wo auf Demotermine hingewiesen wird, findet sich dieses Bild:

Aarau 2.0, also die zweite Coronademonstration in der Kantonshauptstadt, soll demnach am kommenden Samstag, 3. Juli, um 14 Uhr stattfinden. Wer hinter dem Aufruf steht, ist unklar, die bisherigen Demo-Organisatoren im Aargau scheinen es nicht zu sein. Auf den Social-Media-Kanälen und der Website des «Aktionsbündnis Aargau-Zürich für eine vernünftige Corona-Politik», das vergeblich eine Bewilligung für die Demo vom 8. Mai beantragt hatte, findet sich kein Hinweis. Auch beim Verein «Stiller Protest», der die bewilligte Kundgebung in Wohlen am 20. Februar organisiert hatte, steht keine Demo in Aarau am 3. Juli in der Agenda.
«Aarau hält Abstand»: Kollektiv mobilisiert gegen Demonstration
Unbemerkt blieben die Aufrufe allerdings nicht und Gegner einer erneuten Demo in der Kantonshauptstadt machen bereits mobil gegen die Pläne. In der Stadt hängen Plakate, auf denen unter dem Titel «Aarau hält Abstand» zum Widerstand gegen die Kundgebung aufgerufen wird.

Auf der Instagram-Seite von «Aarau hält Abstand» und auf dem Plakat heisst es: «Erneut mobilisieren angebliche Massnahmenkritikerinnen und -kritiker respektive Coronaleugnerinnen und -leugner nach Aarau.» Doch wer steht hinter den Plakate und dem Instagram-Account?
Als diese Zeitung per Nachricht auf dem sozialen Netzwerk anfragt, kommt folgende Antwort: «Wir sind ein Kollektiv von Menschen aus und rund um Aarau herum, die diesen Verschwörungsideologinnen und -ideologen nicht nochmals Aarau als Plattform für ihre absurden Ideologien geben wollen.»
Rechtsextreme an Coronademos? Bisher keine Anzeigen bekannt
Geht es nach den Gegner der Demonstration, solle die Kantonshauptstadt «nicht erneut ein Brennpunkt von teilweise antisemitischen Verschwörungsideologinnen und -ideologen und deren gewalttätigen Nazi-Anhängen werden, damit sie mit ihrem unsolidarischen Verhalten die Bevölkerung belästigen und gefährden können.»
Aufgrund dieser Formulierung lässt sich leicht darauf schliessen, dass die Mitglieder von «Aarau hält Abstand» politisch links stehen. Dass sich Rechtsextreme unter die Demonstranten mischten, wurde bei einigen Coronakundgebungen kritisiert – soweit bekannt, gibt es bisher aber keine Anzeigen gegen Teilnehmer wegen Verstössen gegen die Antirassismus-Strafnorm.
Kritik an der Polizei, Lob für Gegendemonstranten
Auch mit dem Vorgehen der Polizei ist das Kollektiv nicht zufrieden, «Aarau hält Abstand» hätte offensichtlich eine Auflösung der unbewilligten Kundgebung erwartet. Bei der Demonstration am 8. Mai habe sich gezeigt, dass auf die Polizei kein Verlass sei, heisst es auf dem Plakat. «Erfreulicherweise gab es aber auch viele Mitbürgerinnen und Mitbürger, die ihren Unmut auf vielfältige Weise zum Ausdruck gebracht haben», schreibt das Kollektiv weiter.
So gab es unter anderem einen Protest von jungen Skatern, die Teilnehmer der Demo am 8. Mai zum Maskentragen aufforderten. Die Gruppe wurde von diversen Demonstranten beschimpft, angegangen und es kam auch zu Rangeleien. In der Stadt hielt zudem ein Anwohner ein Plakat mit der Aufschrift «Ich ghör nur mimimimimi» in die Höhe, beim Penny-Farthing-Pub gegenüber des Bahnhofs kam es zu einer Konfrontation zwischen FC-Aarau-Fans und Coronaskeptikern.
Konfrontation zwischen Demonstranten und «Aarau hält Abstand»?
«Aarau hält Abstand» ruft die Gegner einer erneuten Coronademo auf, sich in Gruppen zusammenzuschliessen und sich vorzubereiten. Auf die Frage, was für Aktionen das Kollektiv plant, erhält diese Zeitung keine Antwort. Auf dem Plakat heisst es: «Verhindern wir gemeinsam den Aufmarsch rechter Schwurblerinnen und Schwurbler oder bereiten wir ihnen zumindest einen möglichst unangenehmen Aufenthalt in Aarau.»
Kommen die Coronaskeptiker am kommenden Samstag tatsächlich wieder nach Aarau, und macht das Kollektiv Aarau hält Abstand seine Ankündigung wahr, könnte es zur Konfrontation der Gruppen kommen. Wie bereiten sich die Sicherheitskräfte darauf vor? Corina Winkler, Sprecherin der Kantonspolizei Aargau, sagt dazu: «Wir haben Kenntnis von den beiden Aufrufen und beobachten die Lage laufend.»