
Konzertante Katzenmusik

Nein, zur Katze kam das Publikum nicht an dieses Konzert im Kulturraum West in Zofingen, im Gegenteil: Es war eine so vergnügliche Matinee, dass es jeden Katzenjammer des miesen Wetters wegen vertrieb. Das begann mit der «Sonata representativa A-Dur» von Heinrich Ignaz Franz Biber von Bibern, worin unter mancherlei tierischen Stimmen auch jene der Katze vorkam, von Andrea Kipfer mit einem schleifenden Glissando der Violine versehen, von Yvonne Glur-Troxler dezent untermalt auf dem Akkordeon.
Bei der «Wiener Sonatine» (KV 439b) wurde darauf hingewiesen, dass Wolfgang Amadeus Mozart zeitlebens gefiederte Gäste in seiner Wohnung hielt; das vertrug bekanntlich keine Katze. Dagegen erhielt diese Musik eine schmeichelnde Melodik, die um die Sinne strich wie eine flattierende Katze um die Beine. Violine und Akkordeon wechselten fliessend von Allegro über in Larghetto, Menuetto, Adagio und zum Allegretto, geschmeidig wie ein Büsi.
Eine Katze als Opernstar
Wie die Lesung von Vreni Renggli zeigte, war auch die Katze Iwanka anpassungsfähig. Ihr heiss geliebtes Revier war ein Opernhaus. Als sie auch die Bühne in Beschlag nahm, nahte das Verhängnis. Dort kamen nämlich in einer Aufführung auch zwei riesige Doggen zum Einsatz. Das war für Iwanka zu viel des Guten. Sie stellte die Nackenhaare, wedelte nervös mit dem Schwanz und griff an. Eine korpulente Sängerin versuchte, die beiden Bestien an der Leine zu halten, und landete auf dem Bauch. Iwanka liess sich nicht von der Bühne vertreiben, spontaner Beifall des Publikums. Ihre Opernkarriere endete brutal, als sie sich mit einem langen «Miauuuuu» in eine Arie einmischte. Ihr Besitzer musste sie zu einem weit entfernten Bekannten verbannen. Dort fand Iwanka jedoch keine Bleibe, sie wurde bald vermisst. Erst Monate später tauchte sie wieder auf, schwach und abgemagert. Sie hatte über 100 Kilometer zu Fuss zurückgelegt. Ihre Stimme hatte sie zwar verloren, aber ihr Zuhause als Maskottchen der Oper wieder gefunden.
Wo von Katzen die Rede ist, darf das Musical «Cats» nicht fehlen. Regula Zimmerli erzählte mit vibrierender Stimme vom Balkon herab in «Memory» von Einsamkeit und Erinnerungen, auf der Bühne unten einfühlend begleitet vom Akkordeon. Dann wandte sich das Programm der Raubkatze zu. Die von Robert Schumann vertonte Ballade «Die Löwenbraut» von Adelbert Chamisso beschreibt das Drama, als sich die Herrin des Löwen im Zwinger von ihm mit einem Kuss verabschiedet. Der Löwe verwehrt der Braut den Ausgang, als er vor dem Käfig ihren Bräutigam erblickt. Die Braut wird vom Löwen zerrissen, der Löwe vom Bräutigam erschossen. Gesang, Violine und Akkordeon vereinigten sich zu einer dramatischen Interpretation.
In «Vor der Schallplatte eine Katze» verwandelt Paul Suits ein Gedicht von Joachim Ringelnatz in Musik, diesmal auf witzige Weise im Vergleich zwischen Katze und Frau: «Schöne Fraun und Katzen pflegen häufig Freundschaft, wenn sie gleich sind. Weil sie weich sind und mit Grazie sich bewegen.» Auch diesmal kamen vom Trio wieder musikalische Streicheleinheiten und abermals in vier Beispielen aus den 24 Preludes Opus 34 von Dmitri Schostakowitsch. Auf die Wand projizierte Bilder zeigten, dass er ein Katzenfreund gewesen ist.
Zum Abschluss vereinigten sich Musik, Gesang und Theater zu einer Inszenierung beispielloser Komik in Gioachino Rossinis «Duetto buffo di due gatti», auch «Katzenduett» genannt. Regula Zimmerli und Andrea Kipfer kehrten einander den Rücken zu, drehten sich um, fauchten sich an, zeigten sich symbolisch die Krallen: ein richtiges Katzentheater. Auch Yvonne Glur-Troxler gelang es, aus dem Akkordeon jaulende Töne herauszuholen: Katzenmusik in Reinkultur!