
Lehre bei der Spitex: «Für mich ist es kein typischer Frauenberuf»
Sven Alexander Huber steht im Büro der Rothrister Spitex und schaut auf seinem Tablet nach, was für welche Einsätze für ihn anstehen und was er in den Rucksack packen muss. Es braucht unter anderem Hausschlüssel und Klientendokumentationen. «Medikamente darf ich erst im zweiten Lehrjahr bereitstellen», erklärt der angehende Fachmann Gesundheit (FaGe) und erzählt mit leuchtenden Augen von seinem selbstständigen Einsatz.
Am Vormittag half er unter anderem einem Klienten beim Duschen, Ankleiden und Anziehen von Kompressionsstrümpfen. «Im ersten der drei Lehrjahre steht vor allem die Pflege und Mobilisierung der Klienten im Mittelpunkt», sagt Sven Alexander Huber, der den Blutdruck, Puls und wenn nötig auch Temperatur messen darf. Auch das Reinigen, Desinfizieren und Sterilisieren von gebrauchtem Material gehört zu seinen Aufgaben. «Verbände wechseln, Wunden versorgen, Medikamente bereitstellen und Spritzen geben, das kommt alles erst noch.»
Fehl am Platz in der Backstube
Angeregt für die Berufslehre wurde der 18-Jährige aus Wangen bei Olten durch die Partnerin seines Vaters, die Ärztin ist. Sven Alexander Huber machte damals ein Praktikum als Bäcker. «In der Backstube fühlte ich mich völlig fehl am Platz und war unglücklich.» Ganz anders ging es ihm schon während seinen Praktika in zwei Alters- und Pflegeheimen. «Mit und nah am Menschen zu arbeiten, das erfüllt mich und macht mir grosse Freude», betont er und strahlt. Überglücklich ist Sven Alexander Huber, dass er im letzten August bei der Spitex Rothrist seine Lehre anfangen konnte. Mit ihm ist auch Vanessa Volpatti aus Oftringen gestartet. Mit beiden Lernenden ist Stützpunktleiterin Martina Strub überaus zufrieden. «Sven und Vanessa sind offen, einfühlsam, aufmerksam und vor allem verantwortungsbewusst sowie gewissenhaft. Beide werden von unseren Klienten und unserem Team sehr geschätzt.»
Gegenseitiges Vertrauen
Sven Alexander Huber hat mittlerweile alles eingepackt und ist bereit für den Einsatz mit Pflegefachfrau Corinne Peter. Zum ersten Mal sind die beiden mit dem neuen Elektro-Smart unterwegs. Am Vormittag fuhr er noch mit dem Velo zum Klienten, nun ist er Beifahrer. «Mir gefällt, dass jeder Tag anders ist und wir Menschen in ihrem Daheim pflegen und betreuen dürfen.» Berührungsängste kennt er nicht, anfängliche Schamgefühle hat er abgebaut. «Wichtig sind das gegenseitige Vertrauen und der Respekt.»
Abschalten kann der junge Mann gut in seiner Freizeit. Seit er nicht mehr im Fussballclub mitkickt, liege der Sport etwas brach. Dies macht er aber mit Schwimmen wieder wett. Gerne setzt er sich an den Computer, um Musik für Rapperkollegen zu komponieren. «Bin ich mal dran, dann entsteht der Sound einfach.» Anders als zur Schulzeit investiert er nun gerne einige Zeit zum Lernen. «Ich finde alles spannend und kann das Wissen auch praktisch anwenden.» Anfänglich nicht so greifbar war für die Kollegen seine Berufswahl. Einige hätten ihn aufgezogen und gemeint, dass diese Arbeit nichts für Männer sei. Dass er einen nach wie vor traditionellen Frauenberuf ausübt, stört ihn nicht. Im Gegenteil: «Für mich ist es kein typischer Frauenberuf. Meiner Meinung nach sollten viel mehr Männer in der Pflege arbeiten, weil es eine abwechslungsreiche, spannende und berührende Tätigkeit ist, die viele Möglichkeiten bietet.»
RS und Erfahrungen sammeln
Sven Alexander Huber lässt offen, ob er später in einem Spital, Rehabilitationszentrum, Alters-, Pflege- oder Behindertenheim arbeiten wird. «Besonders interessiert mich die Psychiatrie.» Nach der Lehre will er die Rekrutenschule absolvieren und danach praktische Erfahrung sammeln. Die dreijährige Weiterbildung an einer Höheren Fachschule zum Pflegefachmann HF schliesst er nicht aus. «Doch alles schön der Reihe nach.» Ob ihn die Ausbildung verändert hat, bejaht er und meint: «Mir ist viel bewusster, wie schnell das Leben vorbeigeht und wie wichtig es ist, zur Gesundheit Sorge zu tragen.»
Die Arbeit mit vorwiegend betagten Menschen schätzt er. «Jede Begegnung ist einzigartig. Mich beeindruckt der Schatz an Erfahrungen und Wissen.» Als Praktikant im Alterszentrum hiess es für ihn auch Abschied nehmen. «Ich habe gelernt damit umzugehen», sagt Sven Alexander Huber, der sich als Praktikant mehr Unterstützung gewünscht hätte. Bei der Spitex Rothrist fühlt er sich als Lernender sehr gut aufgehoben. Das Team sei toll und er werde unterstützt und gefördert. Auf den Zusammenschluss zur regionalen Spitex-Organisation ab dem 1. Januar 2019 freut er sich. «Das Aufgabenfeld wird breiter und noch vielfältiger.»