
Ludothek: Das Rezept gegen Spielzeugchaos im Kinderzimmer

Öffnungszeiten Ludothek Zofingen:
Dienstag und Freitag, von 15 bis 18 Uhr, Samstag, von 9 bis 11 Uhr.
«Gefragt wie eh und je ist die Brio-Eisenbahn aus Holz, die wir mehrfach im Sortiment haben», weiss Francine Fritze, die die Ludothek in Zofingen gegründet hat. «Am 27. August 1974 konnte ich die Ludothek in der Alten Kanzlei in Zofingen mit 250 Spielen im Angebot eröffnen», erinnert sich die 82-Jährige. Die Gründerin engagiert sich auch nach 45 Jahren immer noch in der gemeinnützigen Institution. Diese umfasst mittlerweile über 3700 Spiele und Spielsachen und hat seit 16 Jahren im Parterre der Zofinger Junkerbifangstrasse 6 ein helles, geräumiges Ladenlokal.
Auf die Idee kam die damals in Zofingen und heute in Oftringen wohnende Francine Fritze durch die Journalistin und Radiofrau Heidi Roth. «Sie hatte in einer Zeitschrift einen Artikel über die von ihr gegründete wohl erste Einrichtung dieser Art in ihrem Wohnort in Münchenstein publiziert. Es war ein Schrank mit Spielsachen, den man einmal pro Woche benützen durfte.» Später durften die Kinder ein Spiel nach Hause nehmen und es für eine Woche ausleihen.
Den Bemerkungen zum Trotz Ludothek gegründet
Fasziniert von der Idee eröffnete Francine Fritze mit der Unterstützung von ein paar anderen Frauen eine Spielstube mit ungefähr 250 Spielen. «Der Andrang war am ersten Tag so gross, dass bereits 50 Spiele ausgeliehen waren», erzählt sie, hält inne und fährt fort: «Während mich mein Mann voll und ganz unterstützte, gab es einige, die in Frage stellten, für was eine Ludothek gut sein soll.» Doch auch von Bemerkungen, es sei eine «Schnapsidee» oder sie solle sich am schulfreien Mittwochnachmittag besser um ihre Kinder kümmern, liess sie sich nicht beirren. Denn es gab auch Lob und Anerkennung, was sie zum Weitermachen anspornte.
Vor allem ist es aber der Grundgedanke, der Francine Fritze immer noch begeistert: «Die Ludothek ermöglicht jedem Kind, jedes Spielzeug einmal zu haben.» Die befristete Ausleihdauer von einem Monat wirke sich positiv auf die Spiellust aus und man nutze die Spiele öfter, wenn nicht immer das Gleiche daheim sei. Zudem können Mitglieder für einen Jahresbeitrag von 15 Franken sowie eine Monatsmiete zwischen 50 Rappen und 20 Franken vor allem auch Neuheiten ausprobieren. Ansonst stehen Gesellschaftsspiele für jedes Alter, Musikinstrumente, Hörkassetten, Elektronik- und Computerspiele ebenso wie Legos und Duplos im Angebot. Ausleihen kann man auch Trottis, Rollschuhe, Stelzen oder Puppenhäuser.
Das Interesse am Spielzeug vergeht schnell
«Einer der Vorteile ist, dass sich das Kinderzimmer und die Schränke nicht mit ungenutzten Spielsachen füllen», sagt Manuela Halimi. Die Zofingerin hat mit Tochter Melody (6) und Sohn Joshua (3) eine grosse, gelbe Kartonschachtel zurückgebracht. Darin ist einem Puppenhaus ähnlich ein Spital aus Holz. Francine Fritze nimmt es entgegen – und weil ein Teil verloren gegangen ist, kassiert sie zwei Franken ein. «Das ist richtig und absolut fair», sagt Manuela Halimi, die oft mit den Kindern in die Ludothek kommt. «Es lohnt sich, denn an den meisten Spielzeugen verlieren die Kinder schnell das Interesse – und ist es mal anders, verlängern wir telefonisch oder online die Mietdauer.»
Die Spiellust wecken, ist das Ziel der zweitältesten Ludothek der Schweiz, von denen es insgesamt 352 gibt. So lädt das Team jeden zweiten Mittwoch zu Spielabenden und regelmässig zu Spielturnieren. Im populären Brettspiel «Brändi Dog» können sich Zweierteams am 20. September im reformierten Kirchgemeindehaus Zofingen messen.
An ihrem Engagement schätzen die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen den Kontakt mit ihren Kunden und dass jede selbstständig ein Ressort betreut und selber für Neuanschaffungen verantwortlich ist. Die Stunden zählen sie dabei nicht, denn nach Ladenschluss gilt es den Inhalt der zurückgebrachten Ware zu überprüfen sowie hie und da auch etwas zu reinigen oder zu reparieren. «Damit unsere Kunden zufrieden sind und ihre Augen leuchten», betont Francin Fritze und gesteht: «Verspielt sind alle in unserem Team.» Mit dem Würfelspiel «Qwixx Duell» verfliegt bei Eveline Kayser die Zeit im Nu. Elisabeth Bauer mag das Spiel des Jahres 2019 «Just one», in dem es Worte zu erraten gilt. Fürs Foto haben auch ihre Kolleginnen Eveline Ammann, Susanna Müller und Renate Frei ihren Favoriten aus dem Regal mit über 930 Gesellschaftsspielen geholt. So auch Francine Fritze, die «Mahé» in den Händen hält. Beim nach der Seychellen-Insel benannten Brettspiel gewinnt derjenige, dessen Meeresschildkröte die meisten Eier am Strand ablegen konnte. «‹Mahé› gibt es schon über 40 Jahre und es gefällt mir, weil es ein schnelles und unterhaltsames Familienspiel ist», erklärt Francine Fritze.