
Luzerner Bestatter klärt auf: So wenig realistisch ist die SRF-Serie
Auf einer Wiese steht ein dunkles, meterlanges Auto, flankiert von zwei haushohen Tannen. Im Kofferraum sitzt ein Mann mittleren Alters. Sein Haupt zieren graue Haare, der Schnauzbart ist gestutzt. Während seine Beine gemütlich im Takt der Musik aus dem Radio baumeln und der Blick über die Landschaften schweift, beisst er genüsslich in sein Käsebrot. Dem Kenner ist sofort klar: Dies ist Mike Müller in der Rolle des SRF-Bestatters Luc Conrad.
«Diese Szene von der Essenspause ist schon etwas weit hergeholt». Dies sagt Rolf Arnold, Mitinhaber des Arnold und Sohn Bestattungsunternehmens in der Stadt Luzern, und doppelt gleich nach: «Auch dass ein Bestatter wie Mike Müller mit dem Leichenwagen überall hinfährt, kommt nicht vor.»
Also undenkbar, dass man Arnolds Leichenwagen vor der Migros parkiert sieht? «Ja.» Derart knapp fällt kaum eine Antwort des 51-Jährigen aus. Beim Gespräch wird rasch klar: Dieser Mann ist sich gewohnt, ruhig und ausführlich zu sprechen. So referiert er beispielsweise minutenlang über Urnen oder seine Beratungsgespräche. Um dann zum Schluss zu kommen, dass letzterer Teil seiner Arbeit beim SRF-Bestatter eigentlich kaum zum Vorschein gerät. «Das ist ja auch nicht so spannend für den Zuschauer», ergänzt er schmunzelnd.
Belastende Momente, wenn Kinder sterben
Zum Lachen ist dieser Beruf jedoch wahrlich nicht immer. «Bei tragischen Todesfällen wie Suizid und Unfall oder auch wenn Kinder sterben, kann man abends schon nicht gut abschalten», sagt Rolf Arnold. Solche Momente seien schwer für einen Bestatter. Dies werde auch in der Serie widergespiegelt. So kümmert sich der Mitarbeiter Luc Conrads, Fabio Testi (gespielt von Reto Stalder), in der ersten Staffel der Serie um Eltern, deren Baby tot zur Welt gekommen ist. Wie Rolf Arnold sagt, sei es befriedigend, solche Personen zu begleiten und einen würdigen Abschied ermöglichen zu können.
Doch die skurrile Figur Fabio Testi lässt den «echten» Bestatter Rolf Arnold staunen: «Ein solcher Praktikant wäre wohl nicht sehr praxistauglich».
Arnold spricht auf das Aussehen Testis an: Blass geschminkte Haut, schwarz umrahmte Augen, stets dunkle Kleidung. Auch weitere Szenerien sind laut Rolf Arnold etwas weit hergeholt. So weist er auf eine Szene, bei der die Asche eines verstorbenen LKW-Fahrers von einer Brücke auf die Autobahn gestreut wird. «Auch wenn das Verstreuen der Asche generell erlaubt ist in der Schweiz, wäre diese Situation in echt natürlich illegal.»
Der Bestatter Arnold bilanziert, dass die gesamte Serie eher fiktional denn nahe am «echten» Bestatter-Leben sei. Wieso schaut er denn die Serie trotzdem? «Zu Beginn war es reiner Gwunder, aber den Krimi dahinter finde ich immer sehr spannend.»
Der SRF-Bestatter hat also nicht viel mit einem echten am Hut. Was macht denn einen richtigen Bestatter aus? «Ein Bestatter organisiert alles von der Aufbahrung bis zum Begräbnis», erklärt der Fachmann. Zudem ist er einer der ersten Anlaufstellen bei einem Todesfall und koordiniert Überführungen, Kremationen, Todesanzeigen oder etwa auch Blumenschmuck.
Die Leute reagieren interessiert auf seinen Beruf
Rolf Arnold ist bereits seit 12 Jahren im Familienunternehmen tätig, sein Bruder gar 30 Jahre. Neue Bekanntschaften würden schon stutzen, wenn er über seine Arbeit spreche. «Dabei stosse ich aber mehr auf interessierte Fragen als auf Gegenwehr.» Zurückzuführen sei dies unter anderem auf die SRF-Serie. Dadurch seien viele Schweizer vertraut geworden mit dem Berufsbild des Bestatters. Auch wenn dieses durch das SRF etwas verzogen werde. «Die Serie hat das Interesse am Beruf Bestatter erheblich gesteigert», so Rolf Arnolds Fazit.