Macron gegen die Schweiz: Der Ski-Streit mit Frankreich spitzt sich zu

Emmanuel Macron will nicht zulassen, dass französische Urlauber in die Schweiz zum Skifahren reisen, während die Skilifte und Bergbahnen im eigenen Land coronabedingt geschlossen sind. Nach einem Treffen mit dem belgischen Premierminister Alexander de Croo kündigte der französische Präsident «restriktive und abschreckende Massnahmen» an, um den Grenzübertritt der Franzosen in andere Länder wie Spanien und vor allem die Schweiz zu verhindern. Wie diese Einschränkungen genau aussehen werden, ist noch offen.

Frankreich hatte zuerst nicht reagiert, als Deutschland und Italien eine Gleichbehandlung der Skifahrer in allen Alpenländern verlangten. Langsam geht aber auch der Zentralregierung in Paris auf, wie schwer die heimische Wintersportbranche im Jura, den Alpen und den Pyrenäen vom anhaltenden Lockdown in Frankreich getroffen ist.

Franzosen hissen die Schweizer Flagge

Der an der Grenze zum Wallis liegende Skiort Châtel hat mit einer spektakulären Aktion auf seine absurde Lage aufmerksam gemacht: An seinem Rathaus hisste er nicht mehr die blauweissrote Trikolore – sondern die Schweizer Flagge. Die 1200-Seelen-Gemeinde liegt mitten in den «Portes du Soleil», einem der grössten Skigebiete Europas, das aus Frankreich wie aus der Schweiz erreichbar ist. Auf französischer Seite ist die Benutzung von Skiliften und Luftseilkabinen aber bis am 20. Januar untersagt.

Châtels Gemeindepräsident Nicolas Rubin erklärte, seine Gemeinde drohe über die Festtage 30 bis 50 Prozent der Gäste zu verlieren. Nicht nur französische, sondern auch ausländische Besucher würden auf die Schweizer Seite umbuchen, wo das Skifahren über die Festtage zugelassen bleibt. «Damit werden wir doppelt bestraft», sagt Rubin. Seine Aktion ist allerdings nicht gegen die Nachbarn gerichtet: «Ich habe die Schweizer Flagge gehisst, weil ich gesehen habe, dass sich die Politiker und die Bergorte in der Schweiz – anders als in Frankreich – viel besser abgesprochen haben.»

In Frankreich entscheidet hingegen der Staatspräsident allein. Und Macron war wohl nicht einmal bewusst, wie stark die Wintersportbranche seines Landes betroffen ist. Mit zehn Milliarden Euro Jahresumsatz ist sie Nummer zwei in Europa hinter Österreich, aber noch vor der Schweiz. In jedem Winter finden 120000 Saisonarbeiter einen Job in den französischen Bergen. Allein der Skiliftbetreiber Compagnie des Alpes beschäftigt 4000 Mitarbeiter – die nun allesamt auf Kurzarbeit gesetzt sind.

Um Druck auf Paris zu machen, haben am Wochenende mehrere hundert Skilehrer, Hotelwirte und Tourismusvertreter im Westalpenort Gap für die Öffnung der Skipisten demonstriert. «Die Schliessung aus gesundheitlichen Gründen ist ein Widersinn, schliesslich ist das Skifahren eine Freiluftaktivität», erklärte Alexandre Maulin vom französischen Skiorteverband DSF.

Regierung will kein zweites «Ischgl» in Frankreich

Die Bergbahnen zu öffnen, kommt für Macron aber nicht in Frage: Das von der ersten und zweiten Coronawelle schwer getroffene Frankreich entschädigt lieber seine Skiorte, als dass es eine potenzielle Massenansteckung wie im österreichischen Ischgl zu riskiert.

Die Skiliftbetreiber erhalten eine Entschädigung für ihre Verluste gegenüber dem Vorjahresabschluss. Noch schwerer wiegt, dass die Regierung das ohnehin schon grosszügige Regime der Kurzarbeit neu auf die Saisonarbeiter ausgedehnt hat. Und zwar nicht nur, wenn sie schon letztes Jahr beschäftigt waren, sondern auch, wenn sie heuer erstmals einen Vertrag haben.

Deshalb sagt sich Macron zweifellos: Wenn er seine Wintersportorte schon so grossflächig unterstützt, sollen die Franzosen nicht auch noch angesteckt aus den Skiferien im Ausland zurückkehren.