Margrit Schriber: «Ein neues Leben würde ich sofort annehmen»

In der halb offenen Haustüre steht Margrit Schriber und strahlt. Dicht neben ihr steht Hündin Emma la douce und bellt. «Sie will mich immer beschützen», sagt Margrit Schriber. Seit sieben Jahren gehört die dreibeinige Hündin der in Zofingen lebenden Schriftstellerin und ihrem Mann. «Im Fernsehen suchte ein Tierheim ein neues Daheim für sie, wir haben uns sofort entschieden.» Margrit Schriber hat ein Herz für Tiere, aber vor allem auch für Menschen.

Die Autorin, die heute ihren 80. Geburtstag feiert, schreibt vorwiegend über Frauen, ihre Wege, Wünsche, Möglichkeiten und Widerwärtigkeiten. «Ich bewundere die fantastischen Höhenflüge, zu denen ein Mensch sich aufraffen kann und all seine Kraft und Fähigkeiten aufbringt, um für einen Traum zu kämpfen.» Auch Schriber, die als Werbegrafikerin, Fotomodell, Mannequin, Buchhalterin und Immobilienhändlerin tätig war, hat alles darangesetzt, ihren Traum zu verwirklichen. «Seit meiner Kindheit verspüre ich diesen unbändigen Drang, schreiben zu müssen.» Mit 28 Jahren fing die Bankangestellte an, sich das Schreiben selber beizubringen. Neun Jahre später erschien ihr erster autobiografischer Roman «Aussicht gerahmt». Seit 1976 sind 18 Bücher erschienen – im letzten Jahr «Glänzende Aussichten». Zudem hat sie Radio- und Bühnenwerke gestaltet. «Beim Schreiben tobe ich mich aus.»

Für Schriber ist Schreiben eine Passion, der «abenteuerlichste Akt in meinem Leben.» Jedes Mal sei es ein Aufbruch in eine unbekannte Welt. «Ich holze links und rechts eine Schneise durch den Dschungel. Das ist das Elixier, das mich jung erhält.» Auf ihren runden Geburtstag angesprochen, meint sie lachend: «80 ist eine unglaubliche Zahl. Doch ich fühle mich so frisch, vital und dynamisch wie immer.» Ihre Schreiblust sei ungebrochen. Im Februar hat sie ihr

19. Buch beendet. Da es in ihrem Verlag personelle Wechsel gab, übt sie sich in geduldigem Warten auf einen hoffentlich positiven Entscheid, «denn dieses Manuskript liegt mir sehr am Herzen». Wie bei jedem ihrer Werke sei immer ein Stück von ihr enthalten. «Es gibt Ähnlichkeiten, aber ich bin die Autorin, nicht das Erzähl-Ich. Meine Figuren haben ihren ganz eigenen Charme und Charakter.» Mehr zum Inhalt mag sie ebenso wenig verraten, wie über ihr nächstes Projekt.

«Zukunft ist ein Zauberwort», antwortet sie und meint: «In meinem Alter reizt dieses Wort aber zum Lachanfall.» Sie habe sich von Idealvorstellungen – wie, welchen Wert sie hat oder der Bedeutung ihrer Werke – im Lauf der Jahrzehnte verabschiedet. «Ich habe begriffen, dass mein Aufleuchten in der Schöpfung bedeutungslos ist. Aber ich lebe, das ist grandios. Ich bin ein Teil des unermesslichen Grossen und Ganzen.» Sie blickt zufrieden auf ihr Leben. Von vorne möchte sie nicht nochmals anfangen. Denn nicht nur als Scheidungskind und Tochter eines Wunderheilers, die mit einem Bruder in Brunnen und Küssnacht am Rigi aufwuchs, hat sie Schweres erlebt. Ihre erste Ehe blieb kinderlos und nach der Scheidung lebte sie 13 Jahre alleine. «Meine Energie habe ich ins Schreiben gesteckt und habe so unglaublich viel Freude und Glück erlebt.» Schriber ist sich bewusst, dass sie die Fähigkeit besitzt, sich auf Neues zu fokussieren und Belastendes wegzustecken. Dem Druck, immer ein gutes Buch abzuliefern, bot sie die Stirn. «Es muss mir gefallen – und solange feile ich an jedem Satz.» So will sie ihre Fantasien zwischen zwei Buchdeckeln weiterhin ausleben, denn Ideen hat sie genug: «Das Geschenk eines neuen Lebens würde ich sofort annehmen.»

zt-talk

Margrit Schriber ist am nächsten Freitag Gast im ZT-Talk. Chefredaktor Philippe Pfister unterhält sich mit der Buchautorin über Frauen als Romanheldinnen und die Lust am Bücherschreiben.