Mediensystem im Lackmustest

Die Digitalisierung hat das traditionelle Mediensystem schon stärker verändert als viele wahrhaben wollen. Die amerikanischen Internet-Giganten generieren in der Schweiz bereits Hunderte Millionen Werbefranken. Politische Bewegungen bauen ihre eigenen Medienkanäle aus, um Botschaften direkt und ohne lästige Redaktionen zu den Wählerinnen und Wählern tragen zu können.

Im deutschen Bundestag baut die Alternative für Deutschland gerade einen eigenen TV-Kanal auf, der 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche Politik-Berichterstattung aus AfD-Perspektive betreiben soll. In der Schweiz hat SVP-Doyen Christoph Blocher rechtzeitig zum Wahlkampf 2019 ein paar Dutzend Lokalzeitungen zusammengekauft; SVP-Vertreter betonen ja gerne, wie notorisch linkslastig unsere Medien, aber vor allem TV und Radio seien. Dass die SVP mit ihrem polternden Polit-Stil in den letzten Jahren immer wieder das Agenda-Setting dominierte, wird dabei übersehen.

In gewisser Weise erleben wir also gerade die Auferstehung der Parteipresse – dem Internet sei dank. Ungesund für die Demokratie ist das nicht, im Gegenteil. Die Stimmen, die in den Vergangenheit besonders gern den Begriff der «Lügenpresse» bemühten, können nun zeigen, was sie unter glaubwürdigem und wahrheitsgetreuem Journalismus verstehen. Der Druck, den die nicht etablierten Kanäle auf das Mediensystem aufbauen, wird dazu führen, dass dieses seine Kriterien für die Erhaltung des wichtigsten Guts – der Glaubwürdigkeit – schärft. Gleichzeitig werden die neuen Player an den Standards gemessen, die sie lautstark einfordern – man darf gespannt sein, wie sie das schaffen.

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