«Meine Angestellten müssen für den Frauen*Streik nicht freinehmen»

Wieso braucht es den Frauen*streik?

Antonio Caruso: Es ist mir nicht erklärlich, dass in der heutigen Zeit gleichwertige Arbeit nur wegen unterschiedlichem Geschlecht nicht gleichwertig entlohnt wird. Laut dem Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann verdienen Frauen heute immer noch durchschnittlich 20 Prozent weniger als Männer. Die Wertschätzung für die geleistete Arbeit fehlt leider oft. Dies führt dann auch zu ihrem Nachteil bezüglich Vorsorge im Alter – durchschnittlich 37 Prozent weniger Rente. Dem muss entgegengewirkt und mit dem Streik ein Zeichen gesetzt werden. Die Zeit der patriarchalischen Familienführung und damit der Unterdrückung des weiblichen Geschlechts ist leider noch nicht vorbei.

In welchem Bereich hat die Gleichstellung am meisten Nachholbedarf?

Es gibt viele Berufe, welche trotz einer adäquaten Ausbildung in einem Tieflohnsegmentliegen. Ich denke da an Coiffeusen, Kinderbetreuerinnen, Reinigungskräfte oder Personal im Verkauf. Diese Berufe werden vorwiegend von Frauen ausgeübt und die Löhne stark gedrückt. Dem muss entgegengewirkt werden. Einen Bereich, den ich hervorheben möchte, sind all die Frauen, die auf eine Erwerbsarbeit verzichten müssen, damit Kinder und Haushalt versorgt sind. Diese Arbeit geht über die 42-Stunden-Woche hinaus und ist unbezahlt.

Ist es in Ordnung, dass die meisten Frauen für den Frauenstreik freinehmen müssen?

Nein! Würde das Gleichstellungsrecht von 1996 richtig umgesetzt werden, würde es keinen Frauenstreiktag benötigen.

Was machen Sie persönlich am Tag des Frauenstreiks?

Ich habe entschieden, die Praxis am 14. Juni geschlossen zu halten, damit meine Angestellten nicht freinehmen müssen, um ihre Stimme zu erheben. Als Vater von drei Töchtern und einem Sohn unterstütze ich das voll und ganz. Meine Frau, welche in meiner Praxis angestellt ist, hat den ganzen Tag zu ihrer Verfügung. Ich werde mich während dieser Zeit um die Kinder kümmern.