
Misslungener Post-Überfall: Kroate wehrt sich vergeblich gegen Untersuchungshaft
Gründlich schief ging der Versuch eines Kroaten, durch den Überfall auf die Post in Brittnau an Geld zu kommen. Es war an einem Morgen im Juli letzten Jahres, kurz vor 7 Uhr, als er eine Mitarbeiterin mit vorgehaltener, wenn auch ungeladener Pistole zwang, ihn hineinzulassen. Sie solle den Tresor öffnen, forderte er. Dazu war sie allerdings nicht in der Lage, weshalb der Räuber auf eine weitere Mitarbeiterin wartete. Doch wegen des Zeitschaltmechanismus‘ konnte auch diese den Tresor nicht vor 8.15 Uhr nicht öffnen.
In der Zwischenzeit hatten Polizisten, durch einen stillen Alarm herbeigerufen, die Postfiliale umstellt. Der Täter liess die beiden Frauen gehen und stellte sich. Die Polizei stellte nebst der Schusswaffe auch Munition sicher. Daraufhin kam er für drei Monate in Untersuchungshaft. Sein Gesuch um Haftentlassung lehnte das Aargauer Obergericht ab. Stattdessen ordnete das Zwangsmassnahmengericht eine Verlängerung der Untersuchungshaft bis zum 24. Januar 2018 an. Auch dagegen erhob der Posträuber, der keinen festen Wohnsitz in der Schweiz hat, am Aargauer Obergericht Einspruch. Doch dieses wies seine Beschwerde ebenfalls ab, weshalb er vor Bundesgericht zog.
Der Kroate, der auch die Staatsangehörigkeit des Kosovo innehat, gesteht den Raubversuch ein. Er bestreitet jedoch, dass bei ihm Fluchtgefahr bestehe, was wiederum die Untersuchungshaft rechtfertigen würde. Er begründete dies damit, dass er möglicherweise eine bedingte Gefängnisstrafe unter 24 Monaten erhalten werde. Und dass er mit einer Flucht seine Aussichten auf eine verhältnismässig milde bedingte Strafe, ohne Ausweisung aus der Schweiz, zunichte machen würde.
Das Bundesgericht liess sich davon jedoch nicht überzeugen und wies in seinem Urteil die Beschwerde ab. Denn es sah mehrere Gründe, die für eine Fluchtgefahr sprachen.
1. Zwar hat der Kroate drei Töchter aus erster Ehe und weitere Familienangehörige in der Schweiz, lebte seit seinem siebten Lebensjahr hier und absolvierte eine Gipserlehre und eine Bauführerschule. Die letzten eineinhalb Jahre vor seiner Verhaftung aber hat er im Ausland verbracht. Während eines Jahres war er in Kroatien angemeldet, wo er einen Imbissstand betrieb und erneut heiratete. Aus dieser Ehe hat er einen Sohn, der mit seiner Mutter in Kroatien lebt.
2. Das Bundesgericht bezweifelt, dass der mehrfach vorbestrafte Mann für den Raubversuch nur eine bedingte Strafe unter einem Jahr erhalten wird. Seit 2013 wurde er zu sieben Vorstrafen verurteilt. Bei drei Strafen lief zum Zeitpunkt des versuchten Raubüberfalls noch die Probezeit. Diese Strafen dürften beim Britnauer Prozess vom Gericht widerrufen, sprich in einem unbedingte Haftstrafe umgewandelt werden.
3. Sein Aufenthaltsrecht ist in Frage gestellt. Dies wertet das Bundesgericht als ein Indiz für eine Fluchtgefahr. Konkret prüft die Migrationsbehörde zurzeit, ob seine Niederlassungsbewilligung in der Schweiz erloschen ist, weil er sich während mindenstens sechs Monaten im Ausland aufgehalten hat, ohne sich abzumelden. Der Widerruf der Niederlassungsbewilligung in der Schweiz droht ihm zudem für den Fall einer Freiheitsstrafe von über einem Jahr für den versuchten Postüberfall.
4. Er hat in der Schweiz keine gesicherte Arbeitsstelle und hohe Schulden. Er bezifferte sie selbst auf 90’000 Franken. Seine berufliche und finanzielle Situation würden ebenfalls „den Anreiz eines freiwilligen Verbleibs in der Schweiz“ verringern, schreibt das Bundesgericht.
Der Kroate muss mit einem Landesverweis von 5 bis 15 Jahren rechnen. Offenbar hat der Beschwerdeführer mit diesem Urteil gerechnet. «Der Beschuldigte befindet sich inzwischen im vorzeitigen Strafvollzug», wie Fiona Strebel, Sprecherin der Staatsanwaltschaft, der AZ sagt. Das Gesuch dazu kann ein Beschuldigter stellen, wenn es sich abzeichnet, dass er mit einer längeren unbedingten Freiheitsstrafe rechnen muss, das Untersuchungsverfahren fortgeschritten und die Beweislage weitgehend geklärt ist.
von Deborah Bläuer — az Aargauer Zeitung