
Mit dem E-Bike auf Schloss-Tour durch den Aargau – Sommerspass auf drei Etappen
Wie ich aus dem Zug steige, sehe ich bereits das Endziel meiner heutigen Reise: Schloss Lenzburg, ehemals stolzer Besitz der Lenzburger, Kyburger und Habsburger und heute eines der Wahrzeichen des Aargaus. Doch den Besuch der Lenzburg und des Burgdrachens Fauchi muss ich mir zuerst verdienen: 38 Kilometer Fahrweg und zwei weitere Schlösser stehen auf dem Programm.
Ich mache die Grosse Schlossroute, die mich von Lenzburg aus zum Schloss Wildegg und danach auf die Habsburg führt, bevor ich dann der Aare entlang wieder zur Lenzburg zurückkehre – auf dem E-Bike. Auf dieses bin ich besonders gespannt, denn es ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich auf einem E-Bike sitze.
Etappe 1: E-Bike, Rosengarten und sprechende Weinfässer
Im Schloss Wildegg wird man von sprechenden Porträts begrüsst. © Zur Verfügung gestellt
Ich miete das E-Bike im Mercure Hotel Krone in der Lenzburger Altstadt. Der freundliche Rezeptionist erklärt mir, wie ich das E-Bike bedienen muss, dann geht es los: Vom Hotel die Strasse hinunter und beim Kreisel rechts, und schon befinde ich mich auf dem ausgeschilderten Veloweg nach Wildegg. Die gemütliche Quartierstrasse ist perfekt, um die verschiedenen Motorstufen alle mal auszuprobieren.
Bereits nach zehn Minuten Fahrt taucht Schloss Wildegg mit seinem berühmten Schlossgarten vor mir auf, mein erstes Etappenziel. Als ich über meine Schulter blicke, sehe ich auch die Lenzburg wieder, nun aus der Ferne. Kurz darauf fahre ich den Wildegger Schlosshügel hoch und bin zum ersten Mal wirklich froh, mit einem Motor unterwegs zu sein.
Oben angekommen, empfängt mich das sprechende Porträt der Schlossherrin Sophie von Erlach in voller Würde und lädt mich ein, die Wildegg zu besichtigen. In der Eingangshalle zum Hauptgebäude führt mich dann die Magd, ebenfalls als Porträt anwesend, in die Geschichte des Schlosses ein. Dann besichtige ich die edlen Gemächer der Familie Effinger und den alten Burgfried, der noch aus der Habsburgerzeit stammt.
Auf jedem Stock empfangen mich die sprechenden Porträts der wichtigsten Persönlichkeiten, die auf der Wildegg gelebt hatten. Bernhard Effinger hatte zum Beispiel 1683 in Wien gegen die Türken gekämpft. Selbst die Weinfässer im Keller kön-nen sprechen und erzählen mir vom Schlossleben während der Französischen Revolution.
Etappe 2: Mittagessen auf der Stammburg der Kaiser
Mitten im Aargau liegt die Habsburg, Stammsitz der gleichnamigen Dynastie. © Zur Verfügung gestellt
Nach einer Kaffeepause im Schlossbistro und einem kurzen Abstecher in den wunderschönen Rosengarten schwinge ich mich erneut auf mein E-Bike und düse die Schlossstrasse hinunter. Von unten werfe ich einen Blick zurück auf die Wildegg, die majestätisch auf dem Schlosshügel thront. Ich frage mich, was wohl Sophie von Erlach zu all den modernen Strassen und Häusern sagen würde, die sich heute auf ihrem ehemaligen Grundstück befinden.
Danach folge ich der leider etwas stark befahrenen Hauptstrasse nach Schinznach-Bad und zweige dort zu meinem nächsten Ziel ab: Schloss Habsburg. Die Auffahrt zum Schloss will gut verdient sein mit dem Velo – dank meines E-Bikes bringe ich die Strecke aber ohne grosse Anstrengungen hinter mich.
Auf der Burg angekommen, blicke ich auf das kleine Dorf Habsburg und die anliegenden Felder hinunter. Eigentlich unvorstellbar, dass die mächtigen Habsburger, gegen die sich die Eidgenossen einst so sehr auflehnten, aus diesem beschaulichen Ort mitten im Aargau stammen.
Wie es dazu kam, erfahre ich auf dem Königsweg. Das ist ein Rundweg, der durch die mittelalterliche Burg führt und Kindern und Erwachsenen die Geschichte der Habsburger näherbringt. Durch die Audioaufnahmen fühle ich mich, als wäre ich selbst dabei gewesen, zum Beispiel im Jahre 1273, als Rudolf der Erste zum König des Heiligen Römischen Reiches gekrönt wurde.
Nach dem Rundgang esse ich im gut besetzten Schlossrestaurant Habsburg zu Mittag. Da das Restaurant im Hof der Burg liegt, fühle ich mich fast wie zur Zeit, als hier noch Ritter gelebt hatten. Wer dort essen will, muss den Tag des Ausflugs planen. Das Schlossrestaurant ist diesen Sommer über die Mittagszeit nur am Donnerstag, Freitag und Sonntag geöffnet.
Die Stadt Brugg mit ihren zahlreichen Restaurants ist aber zum Glück nicht weit entfernt. So beschliesse ich, dem Städtchen an der Aare einen Besuch abzustatten. Nach einer rasanten Abfahrt auf der Hauptstrasse von Habsburg nach Windisch besichtigte ich die Brugger Altstadt.
Die Aussicht von der Brücke auf den Schwarzen Turm, der über der Aare thront, war für mich eine der schönsten dieser Reise. Danach setze ich mich ins Ristorante Commercio im Zentrum des Städtchens und gönne mir ein Rivella.
Etappe 3: Der Aare entlang ins Drachenschloss
Auf Schloss Lenzburg soll der Drache Fauchi hausen. © Zur Verfügung gestellt
Da ich am Morgen so viel Neues gelernt und entdeckt habe, bin ich gerade froh, nun eine längere Wegstrecke auf dem E-Bike vor mir zu haben. Der Veloweg führte mich der Aare entlang nach Othmarsingen. Dank meines Motors komme ich rasch voran, der Fahrtwind sorgt für Abkühlung trotz der Hitze.
Beim Fahren kann ich das Erlebte nochmals Revue passieren lassen und staune, wie viel man bei so einem Schlossbesuch lernen konnte. In Othmarsingen biege ich dann auf die Veloroute Alter Bernerweg ein und kurz darauf kommt die Lenzburg in Sicht.
Da ich nun doch schon eine ganze Weile in der Nachmittagshitze unterwegs bin, bin ich froh, als ich die Altstadt Lenzburg unterhalb des Schlosses erreiche. Ich gebe mein E-Bike im Hotel Krone zurück und nehme den steilen Aufstieg – den letzten für heute – zur Burg unter die Füsse. Über die Zugbrücke gelange ich in den grossen Schlosshof, wo ich zuerst den Garten besichtige.
Dann wende ich mich der Burg zu: Von der Ankleide über den Wohnkomfort bis zu den Gefängnissen entdecke ich, wie die Ritter früher auf Schloss Lenzburg gelebt hatten.
Besonders die Gefangenen, die im Kerker hatten hausen müssen, tun mir leid. Zum Abschluss meines Rundgangs statte ich noch dem Drachen Fauchi einen Besuch ab, dem letzten Bewohner der Burg und Liebling der Kinder. Danach schlendere ich durch die Hauptgasse der Lenzburger Altstadt zurück zum Bahnhof, wo meine Reise am Morgen begonnen hatte.
E-Bike-Traumland Aargau
Der E-Bike-Markt in der Schweiz boomt: 133’033 E-Bikes wurden letztes Jahr gemäss Velosuisse, dem Verband der Schweizer Fahrradlieferanten, insgesamt verkauft. So werden auch E-
Bike-Touren immer beliebter. Gerade der Aargau mit seiner abwechslungsreichen Landschaft bietet Velo- und E-Bike-Fahrern unzählige Möglichkeiten.
Aargau Tourismus listet mehr als 60 regionale, nationale und internationale Routen auf, die über Kantonsgebiet führen. Davon sind einige speziell für E-Bikes konzipiert: die Dreipärke- Radtour durch den Naturpark Südschwarzwald, den Regionalen Naturpark Schaffhausen und den Jurapark Aargau oder die Route Verte von Schaffhausen nach Genf.
Auch bei anderen Touren empfiehlt sich das E-Bike, gerade im hügeligen Jurapark Aargau und im Zurzibiet. «Die zu überwindenden Höhendifferenzen tragen sicher dazu bei, dass jetzt durch den E-Bike-Boom mehr Besucher auf den Geschmack kommen, den Park auf zwei Rädern zu entdecken», sagt Anna Hoyer. Die Stellvertretende Geschäftsleiterin des Juraparks hat in den letzten Monaten gespürt, dass das Interesse an E-Bike-Angeboten, inklusive Vermietung, im Park klar zugenommen hat.
Dasselbe stellt Nicole Albisser für das Zurzibiet fest. «Seit der Öffnung nach dem Lockdown kommen viele Leute bei uns vorbei, um E-Bikes zu mieten oder sich für ihre Radtour beraten zu lassen», erklärt die Mitarbeiterin von Bad Zurzach Tourismus, welcher selbst E-Bikes vermietet. Bad Zurzach ist sozusagen das Mekka für E-Bike- Fahrer im Aargau.
15 Routen führen durch die Bäderstadt. Bad Zurzach Tourismus wirbt denn auch gezielt mit seinem vielfältigen Radtourangebot um Gäste: «Besonders unsere Spezialangebote für Radfahrer mit Übernachtung und Thermalbadbesuch sind im Sommer sehr beliebt», so Albisser.
Velo- und E-Bike-Fahrer seien deswegen ein wichtiges Publikum für Bad Zurzach. Und da dieses stetig wachse, sei das bestehende Angebot sicher ausbaubar – vielleicht durch neue Fahrtouren für E-Bikes in den nächsten paar Jahren.
Im Aargauer Mittelland ist bei den E-Bike-Fahrern besonders die sogenannte Herzschlaufe beliebt, die von Lenzburg ins luzernische Eschenbach führt. Doch das E-Bike ist auch auf kürzeren Touren mit zahlreichen Aktivitäten von Vorteil, so zum Beispiel bei der Grossen Schlossroute.
So hat man für die Besichtigung aller drei Schlösser genug Zeit.