
Mohrenköpfe schmecken komisch


Warnung an alle Firmenchefs: Trinken sie niemals eine blaue Flüssigkeit aus einer Flasche, die sie mit der Post zum Geburtstag erhalten haben. Sie könnten sich auf der Entwicklungsstufe eines Fünfjährigen wiederfinden. Passiert ist das einem Toilettenpapierhersteller, dessen Klopapierrollen nachweislich statt 250 Blatt nur 190 aufweisen. Na, so ein «Seich» denken die einen, während die anderen ungläubig nachfragen «Bisch sicher?». Genauso heisst der Zweiakter der Theatergesellschaft Rothrist, der heute zum letzten Mal aufgeführt wird. «Hauptdarsteller» der ereignisreichen Verwicklungsgeschichte mit ständigen Kleiderwechseln der zehn Akteure ist ein graues Ledersofa, auf dem sich sitzend und hopsend einiges abspielt.
Die Geburtstagsparty des dominanten Unternehmers Hugo Klotz, verkörpert von Chris Bohn, geht gründlich in die Hose. Seine Frau Judith (Esther Müller), seine Schwester Karin, verkörpert von Saskia König, und sein Sohn Jonas, gespielt von Christian Rugolo samt unerwünschter Freundin Anja (Mary-Rose Bellwald), sind verzweifelt, als dieser nur noch Kinderbilder malt und sie an den Wänden aufhängt, denn das «Zufriedenheitselixier für aussichtslose Situationen» wirkt. Unterstützt in seinem kindlichen Ungestüm wird der als krankgemeldete Firmenboss durch Herbie, den ewig hungrigen und allgegenwärtigen Freund der Familie.
Alex Schmid spielt als Herbie eine mysteriöse Schutzengelrolle, die dem Stück die nötige Spannung verleiht und für das erwartete Happy-End sorgt. Dummerweise wird die fragwürdige Chefsekretärin Uschi (Manuela Kissling) in das Geheimnis eingeweiht, die mit dem Verkaufsleiter Bruno Scheidegger (Walter Bachmann), verheiratet mit der scheidungswilligen Fabrikantenschwester, ein Verhältnis pflegt. Der korrupte Manager will sich die Unterschrift seines Chefs unter dem Verkaufsvertrag an den schärfsten Konkurrenten erschleichen, um die Firma allein weiterführen zu können. Christoph Müller als bestechlicher Psychiater Beat Börlin soll ihm dabei helfen. Das erste Mal macht Herbie mit Buntstiften die Signatur ungültig, beim zweiten Versuch unterschreibt Hugo mit «Batman». Der loyale Buchhalter Thomas Grau (Marcel Gerber) durchschaut das böswillige Ansinnen und versucht, die Firma zu retten. Am Ende landet er in den Armen der Chefsekretärin, die die Seiten wechselt. Hugo erinnert sich an den Code des Banktresors, der Schlüssel des Banksafes taucht wie ein Wunder wieder auf und die bankrotte Klopapierfirma wird durch einen unbekannten Geldgeber gerettet. Ob es in realen Unternehmen auch so zugeht?
«Bisch sicher?» lebt von unterschiedlichen Charakteren und der Mimik der Darsteller, die im Verlauf der bisher stattgefundenen Aufführungen intensiver und prägnanter geworden ist, wie Theaterpräsidentin Nicole Bachmann feststellt. «Auf der Bühne etwas trinken zu können, war optimal» gestand Chris Bohn, «denn vom vielen Sprechen wird der Mund trocken». Der Hauptdarsteller verkörpert drei Charaktere, den unbarmherzigen Firmenboss, einen Menschen auf dem Niveau eines Kindergartenkindes und den geläuterten Familienvater. Sich in alle drei Rollen hineinzufinden, dürfte die Herausforderung sein. Als Mischung zwischen Mary Poppins und Winnie Puuh bezeichnete dagegen Alex Schmid seine polarisierende und undurchsichtige Herbie-Rolle. Regisseur Ueli Hirzel wollte mit diesem Stück nicht nur Klamauk bieten, sondern mit dem Inhalt eine Botschaft vermitteln: Dass es auch in der schlimmsten Situation immer Freunde gibt, die auf einen aufpassen. Denn nicht jeder «Seich» lässt sich einfach mit Toilettenpapier wegwischen. Eine besondere Komik ist das nasenzierende, mit Schokolade überzogene Schaumgebäck, und zwar immer dann, wenn es hiess: «Mit dem Mohrenkopf stimmt etwas nicht.»
Letzte Aufführung von «Bisch sicher?»: Samstag, 10. November, 20 Uhr, im Gemeindesaal Breiten, Rothrist; www.theater-rothrist.ch