
Muss die Stadt Zofingen 146000 Franken Schadenersatz bezahlen?
Den Kontenplan der Stadt Zofingen genau angeschaut hat die Einwohnerratsfraktion der Dynamischen Mitte (DYM). Dabei ist sie auf eine Position von 146 000 Franken gestossen – eine Rückstellung für Schadenersatzforderungen im Zusammenhang mit der Parzelle des Spielplatzes Haselweg.
Was ist passiert? Im Zuge des Sparprogramms 2012 beschloss die Stadt, nicht benötigte Grundstücke zu verkaufen und ihre Sportanlagen und Spielplätze zu überprüfen. Beim Spielplatz am Haselweg sah man ein
Sicherheitsrisiko und damit teuren Erneuerungsbedarf auf einer Parzelle, von der man sich erhoffte, sie als Bauland zu einem attraktiven Preis zu verkaufen.
Aufschrei im Quartier
Der Aufschrei im Quartier war gross, als eines Morgens im April 2017 auf dem Spielplatz Bauprofile errichtet wurden. Ein Kaufwilliger plante ein Mehrfamilienhaus mit fünf Wohnungen. Ein Teil der Quartierbewohner reklamierte, sie hätten sich vor rund 40 Jahren mit dem Erwerb ihrer Grundstücke auch ein Nutzungsrecht am Spielplatz und an Parkplätzen auf der 830 Quadratmeter grossen, öffentlichen Parzelle erkauft. Ein früherer Bauverwalter-Stellvertreter der Stadt und Anwohner monierten zusätzlich, «dass damals die volle Ausnützung der Parzellen auf angrenzende private Parzellen übertragen wurde. Der Stadtrat verkauft somit ungerechterweise eine Parzelle offensichtlich zum Vollwert, unwissend, dass darauf gemäss heutiger Bau- und Nutzungsordnung nur noch ein Bruchteil überbaut werden kann.»
Stadtammann Hans-Ruedi Hottiger verneinte dies im April 2017: «Zu ihrer finanziellen Beteiligung haben uns die Anwohner nicht dokumentieren können. Bezahle ich für eine Nutzung, dann möchte ich diese im Grundbuch eingetragen haben, was wohl auch jeder Notar so sehen würde.» Mit seinem Entscheid, die Parzelle, welche nicht der Zone für öffentliche Bauten angehöre, sondern in der Bauzone liege, zu verkaufen, lebe der Stadtrat dem neuen Raumplanungsgesetz nach, sagte Hottiger. Dieses strebt eine bessere Ausnutzung des bestehenden Baugebiets an. So soll der Zersiedelung der Landschaft Einhalt geboten werden. «Für die Stadt Zofingen heisst das, dass unbebaute Parzellen oder Baulücken genutzt werden sollen.»
Paukenschlag im Einwohnerrat
Dann im Juni 2017 der Paukenschlag im Zofinger Einwohnerrat: Der Spielplatz im Quartier Zelgli-Haselweg-Naglerbach kann weder verkauft noch überbaut werden. Was da Stadtammann Hans-Ruedi Hottiger auf Fragen der DYM-Fraktion einräumen musste, ist kein Ruhmesblatt in der Geschichte der Stadt.
Begonnen hatten die Irrungen und Wirrungen 1958, als die Einwohnergemeinde Eigentümerin einer grösseren Parzelle im Quartier wurde. 1977 sollte eine Arealüberbauung mit Einbezug der Stadtparzelle realisiert werden – was scheiterte. Einzelne Parzellen wurden in der Folge individuell überbaut. Für Reiheneinfamilienhäuser wurde eine erhöhte Nutzung bewilligt und dafür jene städtischen Grundstücke entsprechend reduziert. Später hat man vom städtischen Land Einzelparzellen abgetrennt und verkauft. «Die Nutzungsübertragung verblieb jedoch ausschliesslich auf der Stammparzelle – dem heutigen Park- und Spielplatz», sagte Hottiger. Davon habe die heutige Behörde nichts gewusst, als sie sich mit dem Budget 2017 zum Verkauf der Parzelle entschloss.
Inzwischen sind die verschiedenen Nutzungsübertragungen rekonstruiert. «Nach heutigem Kenntnisstand verteilte die Stadt in den 80er Jahren Ausnützung ohne finanzielle Abgeltungen», so Hottiger. Als Beispiel nannte er ein Grundstück, das bei üblichen 0,6 mit einem Faktor 1,44 überbaut wurde. «Da gibt es kaum mehr Grün um das Haus.»
Ausgeblieben sind damals die zonenplanerischen Folgen. Konkret: dass die (Spielplatz-)Parzelle schon lange in die Grünzone gehört. Eine Überbauung ist nach heutigem Kenntnisstand nicht mehr möglich. Die Ausnützungsziffer der 830 Quadratmeter grossen Parzelle beträgt noch zwei Quadratmeter.
Reichen 146 000 Franken?
Dass die Sache nicht ausgestanden ist, zeigt nun die Interpellation der DYM. Diese geht davon aus, dass mit dem kaufwilligen Architekten ein Vertrag zur Regelung seines Schadens – ihm sind Planungskosten entstanden – abgeschlossen wurde. Die DYM will wissen, «weshalb der effektiv vereinbarte Betrag geheim gehalten wird». Und sie stellt die Frage, ob mit der Rückstellung von 146 000 Franken alle möglichen Forderungen gedeckt sind oder noch andere Kosten entstanden sind, «die auf andern Konten verbucht werden»? Die DYM will auch Auskunft darüber, wer verantwortlich ist für den finanziellen Schaden, den Zofingen «durch die mangelnde Vorabklärung» erlitten habe. Besonderes interessieren dürften die Anwohner die Antworten auf folgende Fragen: «Wann findet die Umzonung der Parzelle die Grünzone statt? Bleibt der Spielplatz bestehen? Wenn ja, wann wird er saniert? Was geschieht mit den Besucherparkplätzen?» Antworten des Stadtrats sind an einer der nächsten Sitzungen des Einwohnerrats zu erwarten – dieser tagt wieder im September.