Nach 183 Jahren wird die Post in die Brittnauer Coop-Filiale integriert

Posthalter Arnold Widmer um 1880, der «lange Telegraph» genannt. ZVG
Posthalter Arnold Widmer um 1880, der «lange Telegraph» genannt. ZVG
Als Partner-Filiale ist das Coop-Center unweit der heutigen Post vorgesehen. KBB
Als Partner-Filiale ist das Coop-Center unweit der heutigen Post vorgesehen. KBB
Am Informationsanlass erläuterten Urs Krattiger (l.) und Bernhard Büchler die Gründe und Umstände für eine Partnerfiliale der Brittnauer Post. KBB
Am Informationsanlass erläuterten Urs Krattiger (l.) und Bernhard Büchler die Gründe und Umstände für eine Partnerfiliale der Brittnauer Post. KBB

Mit einer Postablage erhielt Brittnau 1835 den ersten Anschluss an das Postwesen. Der Schalter befand sich in der Pintenschenke «Zur alten Post» an der Strählgasse, jetzt umgebaut in ein Mehrfamilienhaus. Zwei Jahre später schloss sie ihren Betrieb schon wieder, die Wiedereröffnung erfolgte erst 1848. 1863 erhielt der damalige Postablagehalter Jakob Widmer ein Jahresgehalt von 520 Franken. Drei Jahre später wurde die Ablage rechnungs- und anweisungspflichtig und Widmer zum Posthalter mit einem Gehalt von 1320 Franken pro Jahr befördert. 1879 erhielt die Brittnauer Post auch eine Telegraphenstation und war somit an ein weltweites Netz angeschlossen. 1880 bekam Sohn Arnold den Posten des Posthalters, wegen seiner langen und hageren Gestalt «der lange Telegraph» genannt. Damals zählte Brittnau eine Bevölkerung von 2153 Personen, im Januar 2018 waren es 3913. «Eins, zwei, drei! Im Sauseschritt läuft die Zeit; wir laufen mit», sagte Wilhelm Busch. Wie die Zeit für die Post zuletzt gelaufen ist, erfuhren die Besucher eines Informationsanlasses in der Brittnauer Mehrzweckhalle von Bernhard Büchler, Leiter Region Mittelland.

Digital oder per Brief, On- oder Offline, Cash oder Kreditkarte, laute die Frage. Der Alltag habe sich verändert, die Post müsse auch den heutigen Bedürfnissen entsprechen. Der Service public umfasse die Zustellung von Briefen, Paketen und Zeitungen und im Zahlungsverkehr die Ein- und Auszahlungen und die Kontoführung, beide mit einem Deckungsgrad von 90 Prozent bei der Erreichbarkeit innert 30 Minuten zu Fuss oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Leute in der äussern Gemeinde (Mättenwil, Fennern und Bötschishalden) gehören somit zu den übrigen zehn Prozent. Seit dem Jahr 2000 sei die Zahl der Briefe um 48 Prozent und jene der Pakete und Einzahlungen um je 44 Prozent gesunken. Die Post bleibe nah, erklärte Bernhard Büchler abschliessend, das Angebot an Serviceleistungen sei im Wachsen: Über 2400 Aufgabe- und Abholstellen, etwa 14 000 Briefeinwürfe und mehr als 70 My-Post-24-Automaten stehen total zur Verfügung.

Angebot der Brittnauer Post
Urs Krattiger, Spezialist Netzentwicklung, befasste sich mit der Situation in Brittnau. Die Zustellung der Briefe geschieht von Zofingen aus, diejenige der Pakete direkt vom Zentrum Härkingen. Die Filiale Brittnau ist bei einem Personalbestand von 180 Stellenprozenten von Montag bis Freitag jeweils 8 bis 11 und 14 bis 18 Uhr sowie Samstag von 8.30 bis 11 Uhr geöffnet. Zum Angebot gehören auch 7 öffentliche Briefeinwürfe und 83 besetzte Postfächer. Von 2010 bis 2017 ist in Brittnau die Zahl der täglichen Einzahlungen um 25 Prozent, jene der Sendungsabholungen um 12 Prozent und die der Briefe um 48 Prozent gesunken. Einzig die Pakete haben leicht zugenommen. Die Nutzung der Brittnauer Postschalter ist laut Urs Krattiger vergleichsweise gering. Rund die Hälfte der Kunden komme von auswärts (weil es in Brittnau kaum Wartezeiten gibt). Summa summarum sei die Post Brittnau stark defizitär.

Die Post gleich um die Ecke
«Einkaufen und einen Brief oder Paket verschicken an der gleichen Adresse: die Post mitten in Ihrem Alltag.» Mit diesen Worten warb ein Plakat für eine Postfiliale mit Partner. Diesen sieht die Post in der Brittnauer Coop-Filiale, sie sei an der Zusammenarbeit interessiert, wurde informiert. In vielen Wortmeldungen fand dieser Vorschlag wenig Gegenliebe. Bank und Post im gleichen Gebäude sei ideal, an Parkplätzen fehle es auch nicht, die Sicherheit im Paketversand wurde infrage gestellt und ob oder warum mit dieser Partnerschaft die Kosten gesenkt werden könnten, wollte jemand wissen. Es seien die Synergien, war die Antwort. Das Personal sei bei Coop sowieso vorhanden, Coop könne Kunden gewinnen, die Post spare beim Personal und im Unterhalt der Liegenschaft.

Zur Beruhigung: Der Zustelldienst bleibt erhalten und Postfächer könnten auch angeboten werden. Einzig beim Zahlungsverkehr gäbe es Änderungen: Es würde kein Bargeld mehr angenommen: Die Einzahlungen müssten mit der Postfinance- oder einer Bankkarte beglichen werden. Aber im Zeitalter des Handys sei dies kein Problem: «Im Sauseschritt läuft die Zeit; wir laufen mit.»