
Nach Parlamentsentscheid zu «Coq d’Or»: Kulturleute kritisieren konzeptlose Politik der Stadt
Der Verein Coq d’Or erhält im nächsten Jahr 20’000 Franken für seinen Kulturbetrieb. Der Antrag aus den Reihen der SP/Jungen SP sorgte bereits im Gemeindeparlament vor zwei Wochen für eine kontroverse Debatte. Die Gegner befürchteten wie der Stadtrat, dass hier nun ein Präzedenzfall geschaffen werde und sich weitere Kulturlokale um Subventionen bemühen könnten. Zudem müssten die Beiträge im Kulturbereich nach den Sparmassnahmen zuerst wieder erhöht werden, bevor Gelder für andere Vereine gesprochen werden könnten. Nicht zuletzt monierten sie die Kurzfristigkeit des Antrags. Die Befürworter hingegen, die sich mit 19 zu 17 Stimmen bei einer Enthaltung knapp durchsetzten, wollten das nicht gewinnorientierte Kulturangebot anerkennen und machten darauf aufmerksam, dass der Präzedenzfall schon längst von der Stadt geschaffen worden sei mit der Unterstützung anderer kultureller Vereine.
Für Kritik sorgte der Entscheid auch in der Öffentlichkeit und in den sozialen Medien: Ein Leserbriefschreiber hielt etwa fest, der Steuerzahler trete nun als Sponsor des defizitären «Olten-jetzt!-Parteilokals» auf. Doch auch in Kulturkreisen kam der Beschluss nicht nur gut an, wie sich nun herausstellt. Christof Schelbert als langjähriger Präsident der früheren Kulturförderungskommission und Präsident des Kunstvereins spricht von einem «eigenartigen Entscheid des Gemeindeparlaments», der aus seiner Sicht ad hoc gefällt worden ist. Das Parlament hätte den Antrag zurückweisen und dem Stadtrat den Auftrag geben müssen, ein Konzept für Kulturförderungen auszuarbeiten. Gleich sieht es Martin Schaffner, der mit seinem Verein Next Stop Olten seit Jahren Konzerte veranstaltet: «Ich mag das Geld dem Coq d’Or gönnen, doch der Entscheid ist Ausdruck, wie konzeptlos die Stadt mit Kultur umgeht, die aus Privatinitiative entsteht.» Dies erzeuge unnötig Konflikte und führe zu Fragen wie: Warum erhält dieser Verein Geld und ein anderer nicht. Schaffner zufolge fehlt hier ganz klar ein Konzept. Daniela Hurni, Präsidentin der aktuell laufenden Veranstaltungsreihe 23 Sternschnuppen, stört sich ebenso an der Konzeptlosigkeit der Politik. Sie wünscht sich vom Stadtrat, dass dieser mal grundsätzlich festhalte, welche Kultur man wolle und unterstützungswürdig finde. «Das Stadttheater und die Museen sind zwar wichtig, aber bilden nicht allein das gesellschaftlich-kulturelle Leben in der Stadt ab.» Alles, was zum Beispiel über keine Leistungsvereinbarung verfüge, komme daher grundsätzlich zu kurz.
Wollen Vario und Galicia Bar auch Geld von der Stadt?
Die Befürchtung der Gegner im Gemeindeparlament, dass mit dem Entscheid nun weitere Anträge ähnlich gelagerter Gastrobetriebe folgen könnten, ist klein. Zulayka Nann, die Mitinhaberin der Vario Bar, sagt auf Anfrage, dass man sich einen Antrag nun überlegen müsse. Bisher seien allerdings Anfragen auf finanzielle Unterstützung – sei es von der Stadt, aber auch vom Kanton – abgelehnt worden, weil die Vario Bar ein auf Gewinn ausgerichteter Betrieb sei. Das Lokal führt daher selbst keine Konzerte durch, sondern stellt Veranstaltern nur den Raum zur Verfügung und verdient am Konsum der Gäste. Schriftsteller Alex Capus will mit seiner Galicia Bar ebenfalls kein Geld der Stadt: «Wir machen einfach das, was möglich ist, und können ein Defizit auch mal mit unseren Reserven ausgleichen.» Auch künftig keine Subventionen verlangen und damit zum Veranstalter werden will die Schützi. Für kulturelle Veranstaltungen gewähre man gemäss Geschäftsführer Thomas Knapp einen Kulturrabatt auf die Hallenmiete und die Technik. «Das ist so mit der Stadt in der Leistungsvereinbarung abgemacht.»
Stadtpräsident Martin Wey wehrt sich gegen den Vorwurf, der Stadtrat agiere konzeptlos. Er verweist zum einen auf den Topf der Kulturförderung von 24000 Franken pro Jahr, mit welcher der Stadtrat gemäss Kulturförderungsreglement auf Antrag Geld verteile. Zum anderen hätte der Stadtrat gewisse Institutionen festgelegt, die man jährlich via Leistungsvereinbarung stärker unterstütze. «Damit kann man zufrieden sein oder nicht», sagt Wey, «aber es ist unerlässlich, dass wir Schwerpunkte setzen.»
Lesen Sie den Kommentar von Fabian Muster zum Thema