
Neue Aargauer Schulfinanzierung als Sparmassnahme? Die grosse Einigkeit ist trügerisch
Künftig erhalten die Schulen vom Kanton pauschale Lehrpensen zugeteilt, die nach einem neuen System berechnet werden. Diese Ressourcen kann dann die Schulleitung selbstständig innerhalb gegebener Rahmenbedingungen nach den individuellen Bedürfnissen der Schule vor Ort einsetzen. Das Projekt nennt sich «Neue Ressourcierung der Volksschule» und vergrössert den Handlungsspielraum der Schulen. In der freiwilligen Vernehmlassung erhielt das Projekt von den Parteien und Verbänden durchweg gute Noten. Uneinig sind sich die Parteien indes bei der Frage, ob die neue Verteilung der Ressourcen auch als Sparmassnahme taugt oder ob genau das unter allen Umständen zu verhindern sei.
Sparen – richtig oder schädlich?
Die SVP fordert, dass mit dem neuen System die Klassengrössen leicht angehoben und die Zahl der Heilpädagogen und Psychologen reduziert werden sollen. Die Partei kritisiert, dass die Umsetzung der Neuressourcierung offenbar vom Gedanken geprägt sei, dass unter dem Strich bei der Bildung nichts eingespart werden darf. Die SVP bezweifelt auch, ob es Schulen gibt, die heute tatsächlich zu wenig Ressourcen haben. Und sie verlangt, dass der Grosse Rat auch weiterhin die Höhe der Pauschalen beeinflussen kann.
Auch der Aargauische Gewerbeverband begrüsst die Vorlage des Regierungsrats. Er hält fest, dass die Einführung auf das Schuljahr 2020/21 kostenneutral erfolgt und er geht davon aus, dass mittelfristig Kosten eingespart werden können.
Ganz anders die SP. Im Grundsatz unterstützt sie die Idee, Ressourcen nach einem bestimmten Schlüssel pauschal zuzuteilen. Das Projekt dürfe aber auf keinen Fall als Sparmassnahme genutzt werden. Eine faire und transparente Umsetzung könne nur gelingen, wenn die Führungs- und Fachpersonen vor Ort entsprechend ausgebildet seien. «Hier ist der Kanton in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Schulleitungen genügend ausgebildet und unterstützt sind», schreibt die SP.
Gleichzeitig mit dem Lehrplan
Der Aargauische Lehrerinnen- und Lehrerverband (alv) zitiert Tucholsky: «Das Gegenteil von gut ist nicht böse, sondern gut gemeint.» Es werde auf die Umsetzung der Reform ankommen, erklärt der alv. Entscheidend sei, ob sie dem Wohl der einzelnen Schulen, der Lehrpersonen und der Schülerinnen und Schüler dienen werde oder nicht. Weiter erinnert der alv daran, dass die neue Ressourcierung und der neue Aargauer Lehrplan gleichzeitig eingeführt werden. Das stelle hohe Anforderungen an das Departement BKS als auch an die Schulleitungen. So rechnet man denn beim alv auch damit, dass einzelne Schulleitungen zu Beginn überfordert sein werden. Deshalb brauche es neben einer gezielten Aus- und Weiterbildung für die Schulleitenden auch Ressourcen für die Unterstützung von überforderten Schulleiterinnen und Schulleitern. Daher schliessen sich für den alv Schulreform und Sparübung grundsätzlich aus.
Kleinschulen sind nicht sinnvoll
Auch die FDP verlangt, dass die Aus- und Weiterbildung der Schulleitungen den neuen Verhältnissen angepasst wird. Die FDP lehnt es jedoch ab, dass bei der Ressourcenzuteilung an eine Schule auch strukturelle Faktoren wie Schulgrösse und Standort berücksichtigt werden. Denn dadurch werde Strukturerhalt betrieben und die Frage der Schulstandorte weiter auf die lange Bank geschoben. Klein- und Kleinstschulen seien pädagogisch nicht sinnvoll, moniert die FDP.
Anderer Meinung ist in dieser Frage die BDP: Solange im Kanton Aargau die grossmehrheitliche Unterstützung für kleine Schulen vorhanden sei, müssen auch die entsprechenden Ressourcen gesprochen werden. Alles andere wäre inkonsequent und widerrechtlich.
Die GLP verlangt, dass künftig Kinder nicht unnötig an Sonderschulen abgeschoben werden, weil die Schule zu wenig Ressourcen für die Einzelförderung habe. Die GLP sieht auch ein Risiko, dass das Projekt zum Sparen bei den Schulen missbraucht werden kann.
Die EVP befürchtet, dass der Grosse Rat versucht sein könnte, allfällige Sparmassnahmen über die neue Ressourcensteuerung vorzunehmen.
Die CVP ist ebenfalls einverstanden und bringt die Sache auf den Punkt: «Der grössere Handlungsspielraum bei den Schulen birgt die Gefahr, dass Ressourcen falsch oder unnötig eingesetzt werden.» Damit die Qualität gewährleistet bleibe, sei ein Qualitäts-Sicherungssystem nötig.