
Neue Eskalation im Fall «Carlos»: Jetzt hat er auch die unzerstörbare Spezialzelle zerstört
Brian K. wurde unter dem Pseudonym «Carlos» als Jugendlicher bekannt, der nur mit einem teuren Sondersetting von weiteren Straftaten abgehalten werden konnte. Damals war er ein durchtrainierter Kickboxer. Auf Fotos dieser Zeit perlen Schweisstropfen auf seinem nackten Oberkörper. Heute ist er kaum mehr wiederzuerkennen. Fotos aus dem Gefängnis zeigen einen fülligen Mann mit traurigen Augen.
Doch Brian gilt noch immer als der gefährlichste Gefängnisinsasse der Schweiz. Wenn er in den Spazierhof geführt wird, werden acht Beamte aufgeboten. Sechs davon tragen Kampfmontur: Schild, Helm und Körperprotektoren. Und dies, obwohl Brian an Händen und Füssen gefesselt ist.
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Der Spezialtrakt: Kaum in Betrieb, schon in Reparatur
Am 27. Oktober bezog Brian die neue Zelle. Kurz nach der Ankunft drehte er durch. Mit blossen Händen schlug er auf die Türen zum Spazierhof ein und beschädigte sie so schwer, dass sie seither nicht mehr benutzt werden können. Brian sitzt nun wieder im «Bunker». So heissen die Isolierzellen der Pöschwies.
Wie ist es möglich, dass die teuerste Gefängniszelle der Schweiz so schnell kaputt geht? Das Zürcher Amt für Justizvollzug geht auf Fragen wie diese nicht ein. Die Möglichkeit zur Stellungnahme nutzt das Amt einzig, um einen Werbespot zu platzieren: «Das Angebot des Spazierhofs für gewaltbereite Insassen ist das einzige dieser Art in der Schweiz. Es ist darum davon auszugehen, dass auch andere Kantone an diesem Angebot interessiert sind.»
Brians Anwalt Thomas Häusermann erklärt, wie es zur Eskalation gekommen ist: «Als Brian in die neue Spezialzelle kam, sah er dort eine Kamera, die alles in der Zelle aufnehmen konnte. Er fühlte sich einmal mehr veräppelt und hintergangen. Entsprechend wütend wurde er.» Dem Anwalt gegenüber hätten die Aufseher später gesagt, dass die Sicht mit einem Vorhang hätte verdeckt werden können. Brian wusste das nicht.
Das Grundproblem besteht gemäss Häusermann darin, dass Brian immer noch in der Pöschwies sei. Hier werde er von Aufsehern betreut, die ihn nicht korrekt behandeln würden und die in verschiedene Strafverfahren mit ihm verwickelt seien. Das könne nicht gut gehen.
Häusermann sagt: «In dieser aufgeladenen Situation braucht es nicht viel, bis die Emotionen wieder hochgehen.» Sein Klient wolle nur eines: weg von dort, in ein anderes Gefängnis. Das sei die einzige Möglichkeit für einen Neuanfang. Nur so hätte er eine echte Chance.
Brian hat allerdings schon eine Tour durch viele Gefängnisse hinter sich. Mehrfach kam es zu Problemen. Das Interesse anderer Anstalten am Hochrisikohäftling dürfte gering sein. Häusermann sagt: «Wenn sich das Amt für Justizvollzug darum bemühen und ein Wille zur Verbesserung der Situation bestehen würde, könnte man eine Lösung finden. Da bin ich überzeugt.» Im Amt glaubt man allerdings, die Lösung mit dem Spezialtrakt bereits gefunden zu haben.
Brian schreibt für seinen Anwalt ein Tagebuch. Demnach musste er nach dem Duschen den nassen Boden mit seinen Kleidern putzen. Über Stunden habe er danach keine neuen erhalten. Oder sie würden ihm Schweinefleisch servieren, obwohl er dieses ablehne.
Hat er das Recht auf einen Spaziergang verspielt?
Regelmässig kommt nun wieder die Spezialeinheit zum Einsatz, die Brian in den Spazierhof begleitet. An Wochenenden und Feiertagen verzichtet die Pöschwies aber darauf und lässt Brian im «Bunker» sitzen. Dabei besteht ein Menschenrecht auf einen täglichen Spaziergang.
Brians Vater sagt: «Wir werden dieses Urteil an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte weiterziehen.»