
So könnte der neue Bahnhofplatz dereinst aussehen: Kritisiert wird unter anderem das neue Perrondach beim Gleis 1. © Dome Visual/www.dome-visual.ch
Neuer Bahnhofplatz: Die SBB werden in die Pflicht genommen
Grosse Worte werden von den Parteien in den Mund genommen, wenn es um den neuen Bahnhofplatz in Olten geht. Die FDP spricht von einem «Jahrzehnt-Projekt», die CVP sogar von einem «wichtigen Jahrhundertprojekt» in ihren Eingaben bei der Mitwirkung. Gemeinsam ist, dass alle das Projekt grundsätzlich begrüssen und unterstützen. Trotzdem sehen die Parteien noch in vielen Bereichen Verbesserungsbedarf. Im Folgenden die wichtigsten Kritikpunkte des 90-Millionen-Vorhabens, das bis 2028 realisiert sein soll.
- Kritisch weg kommt vor allem das neue Perrondach beim Gleis 1. Die FDP geht dabei am weitesten und spricht von einem «obsoleten und rein dekorativen Objekt». Die Partei schlägt stattdessen auf dem gesamten Vorplatz eine mehrstöckige Überbauung vor, um «so die Lücke zwischen dem Swisscom-Gebäude im Süden und dem geplanten Gebäude auf dem Areal Bahnhof Nord zu schliessen». Das Geschoss auf Gleisebene ist nach Ansicht der Freisinnigen so zu gestalten, dass darunter ein Busbahnhof möglich ist. Mit der neuen Überbauung mit «Nutzfläche an bester Lage», die für Konferenzen oder als Hotel nutzbar wäre, könnte dereinst auch das bisherige Bahnhofsgebäude zwischen Gleis 4 und 7 rückgebaut werden. Damit wäre es auch möglich, die beiden noch fehlenden Gleise 5 und 6 zu bauen, was etwa die SVP von den SBB fordern. Sie schreiben in ihrer Eingabe: «Wenn Olten schon überhaupt in Dichte und Höhe wachsen und seine Rolle als Verkehrsschnittpunkt nicht verlieren will, dann ist die Kapazitätserweiterung des Zugverkehrs im Bahnhof selbst die erste Voraussetzung.» Die anderen Parteien beschränken sich bei ihrer Kritik am vorgeschlagenen Bauwerk. Die Grünen und die SP fordern Solarpanels auf dem Dach. Für die CVP wirkt die Tragstruktur «ästhetisch unbefriedigend»; sie wünscht sich eine Überarbeitung der neuen «Visitenkarte» des Bahnhofplatzes. Und für die SVP sind die vertikalen Betonelemente «wie Mauern», die kein Licht durchlassen, die Sicht behindern und auch noch zu teuer sind. Das sei «eine Einladung für Vandalismus».
- Auch beim Thema Verkehr lässt die FDP kein gutes Haar. Für Autos sei «das vorliegende Projekt in vielerlei Hinsicht ein Affront», schreibt die Partei in ihrer Eingabe. Warum? Unter anderem sieht das Projekt eine 40-prozentige Reduktion der Grünzeiten auf der Bahnhofbrücke Richtung Aarburg und Gösgen vor, was während Stosszeiten zu «empfindlichen Behinderungen» führen könnte. Die Partei schlägt vor, die Fussgängerstreifen von der Strasse zu entfernen, auf das tieferliegende Niveau zu verlegen und die Fahrbahn am Bahnhofquai zu verbreitern, damit getrennte Fahrspuren für Bus und Auto möglich werden. Die Grünen hingegen fordern in ihrer Eingabe, dass die Velofahrer von der Gösgerstrasse her nicht über den Bahnhofplatz zu führen sind. Zudem sei auch die Velofahrt von der Bahnhofbrücke weiter zum Postplatz «risikoreich» – Grüne und CVP verlangen einen separaten Velostreifen. Nicht zuletzt bräuchte es gemäss Grüne und FDP eine Rampe, um vom Veloparking direkt auf die Kantonsstrasse Richtung Postplatz fahren zu können. Beim Busverkehr regen die Grünen an, dass die sechs Haltestellen näher zueinander geplant werden und so auszuschildern sind, dass die Kanten von weit her sichtbar sind. Und laut Olten jetzt! sollte die Einfahrt ins Veloparking direkt in der Verlängerung des neuen Aarestegs sein. Nicht zuletzt kritisiert die SP die teilweise zu langen Wege für die Fussgänger. «Mehr als fünf Minuten Gehzeit (300 Meter Distanz) sind an sich nicht akzeptabel.»
- Ebenfalls Verbesserungspotenzial gibt es beim Thema Parkierung. Mehrere Parteien glauben, dass die Zahl der vorgesehenen 1250 Abstellplätze für Velos zu tief ist. Selbst die SVP schreibt: «Die Kapazität scheint für die laufende Zunahme des Bedarfs zu knapp bemessen.» Gemäss den Grünen soll die Anlage so geplant werden, dass bei Bedarf ein Ausbau gegen Süden unter die Kantonsstrasse oder unter die Strassenkreuzung möglich ist. Die sechs vorgesehenen Parkplätze fürs schnelle Ein- und Aussteigen, die sogenannten Kiss&Ride-Parkfelder, sind gemäss mehreren Parteien zu wenig. Die FDP verlangt mindestens eine doppelt so hohe Zahl. Nicht zuletzt seien die 108 vorgesehenen Park&Ride-Parkfelder zu wenig. Olten jetzt! wünscht sich sogar statt eines nur einstöckigen unterirdischen Bahnhofparkings eine mehrstöckige Variante. Und die SP und die Grünliberalen verlangen mehr als nur die sieben geplanten Taxistandplätze.
- Die Neugestaltung des Bahnhofplatzes zur Aare hin wird mehrmals positiv gewürdigt. Das Projekt sehe «eine deutliche Verbesserung der Aufenthaltsqualität an der Aare vor», schreibt etwa die FDP. Schlechter weg kommt die neue Langsamverkehrsbrücke. Die Breite des Aarestegs von nur 4,5 Metern sei «nicht akzeptabel», schreibt die SP und kritisiert gleichzeitig den vorgesehenen Mischverkehr von Velos und Fussgänger als «nicht ideal». «Es ist zu prüfen, ob eine andere Bauweise, die eine Breite von fünf bis sieben Metern zulässt, wirklich unverhältnismässige Mehrkosten verursacht.» Auch der Einwand der SVP zielt in dieselbe Richtung. Sie sorgt sich nämlich um die Sicherheit der Fussgänger auf der neuen Brücke und fordert, dass Velo- und Fussverkehr getrennt werden. Und gemäss den Grünliberalen sind insgesamt zu wenig Bäume als Schattenspender auf dem gesamten Areal vorgesehen, «damit der Bahnhofplatz und die Aufenthaltsflächen nicht zur Betonwüste verkommen», wie die Partei in ihrer Eingabe festhält.
- Mehrmals bemängelt werden auch die für das Passagieraufkommen von täglich 85000 Pendlern zu engen Unterführungen am Bahnhof Olten. Die SVP kritisiert etwa, dass die SBB nicht gleichzeitig mit der Neugestaltung des Bahnhofplatzes bauliche Massnahmen vorsehen. «Insbesondere die Verbreitung und unterirdische Verbindung der beiden Personenunterführungen würde dem Fluss der Reisenden sehr dienen». Auch die FDP schreibt, dass «eine Kapazitätserhöhung der Personenunterführung zwingend ist», um die Stadtteilverbindung für die Einwohner zu verbessern. Auch die SP will geprüft wissen, ob die beiden Personenunterführungen auf der Westseite des Bahnhofs nicht miteinander verbunden werden können, etwa zwischen dem Gleis 4 und 7.