
«Odyssee» im Kunsthaus Zofingen: Stille Wasser der Reflexion

Anstelle einer
Vernissage: Tag der offenen Tür am Samstag, 14. November, 11 bis 18 Uhr, im Kunsthaus Zofingen. Weitere Informationen zu den Begleitveranstaltungen:
Der Kampf ums Wasser hat schon lange begonnen. Er spitzt sich umso zu, als der Menschheit befeuert durch den Klimawandel bewusst wird, wie wertvoll diese Ressource ist. Stanley Kubrick hat im bild- und musikgewaltigen Epos «2001: A Space Odyssey» mit «the dawn of man» eine mythisch überhöhte Filmsequenz geschaffen. Sie zeigt, wie ein Hominide – erleuchtet von der Berührung eines wundersam auftauchenden Monolithen – einen Tierknochen als Werkzeug entdeckt. Und sie als Tötungswaffe im Kampf um ein Wasserloch in der Savanne nutzt.
Das Künstlerduo «huber.huber» hat diesen Knochen, der ihrer Ausstellung «Odyssee» den Namen gibt, im Kunsthaus Zofingen nachgebildet. Im Obergeschoss hängt er einem Damoklesschwert gleich von der Decke. Das Brüderpaar stellt damit einen ebenso engen wie kritischen Zusammenhang her zwischen dem Kampf ums Wasser und der technischen Entwicklungsgeschichte der Menschheit.
Flüssiges Gold
«Pure Life Begins Now», begrüsst einen eine Neonschrift im Erdgeschoss. Der Werbeschriftzug des Weltkonzerns Nestlé verdeutlicht, wie sehr das Wasser heute von wirtschaftlichen Interessen in Beschlag genommen ist. Ein Kernproblem: Das Wasser ist ungleich verteilt. Das machen die diagnostisch anmutenden Röntgenleuchtkästen mit staubigen, trockenen Pflanzenblättern an den Wänden augenfällig. Abhilfe könnten die wie zufällig aufgereihten, kunstvoll mit Schnur umflochtenen Petflaschen schaffen. Überall sind sie zu finden, auf dem Boden, im Aufgang auf dem Fenstersims oder mobileartig an den Wänden.
Regenbogen vom Hellraumprojektor
Um den Regenbogen rankt sich ein Mythos – Gott soll ihn gemäss Buch Mose nach der grossen Überschwemmung als Zeichen für den Bund mit den Menschen geschaffen haben. Die Brüder huber.huber nehmen Bezug darauf, installieren zahlreiche Hellraumprojektoren, die das Licht von auf ihnen abgestellten Wasserbehältern zum Regenbogen brechen und an die Wand projizieren. Die Entzauberung des göttlich definierten Vorgangs zum optischen Phänomen bezaubert. Einsicht in und Nutzung der Physik ist eine menschliche Kulturform. Dank ihr beherrscht der Mensch die Natur. Dank ihr könnte er sie – und mit ihr das Wasser – aber auch bewahren.
Wie der menschliche Alltag mit kulturellen Techniken zur Wasseraufbewahrung, Wassertransport und Wasserzufuhr durchdrungen ist, tritt den Besuchern im Obergeschoss anschaulich vor Augen. Im Zentrum des grossen Saals steht ein Glaskasten von gleichen Ausmassen wie der opake, erkenntnisstiftende Monolith aus «2001: A Space Odyssey». In ihm steigt durch UV-Licht produzierter Dunst auf, beschlägt das Glas und rinnt zu Tropfen kondensiert wieder nach unten. Damit mutiert er zum Mahnmal des Wasserkreislaufs. Rundherum sind verschiedene Installationen in den Raum gestellt, die das kulturelle Verhältnis des Menschen zum Wasser verfremdet in Szene setzen.
Der Einkaufswagen, der mit bunt zusammengewürfelten, aber wohlgeordneten Wasserflaschen kunstvoll behängt ist, lässt an das Mobiliar eines Obdachlosen denken. Die an einem Gestell aufgehängten Flaschen mahnen an Infusionsbehältnisse. Das sorgfältige mit Petflaschen behängte Fahrrad könnte der Freiluftladen eines Wasserhändlers aus ärmeren Weltregionen sein. Und der ebenfalls mit Flaschen bemantelte Trolley erinnert an unsere Hautürlieferungen.
Es lohnt sich in diese Ausstellung einzutauchen. Indem sie verschiedene Phänomene unserer Kultur im Umgang mit dem Wasser miteinander überblendet, schafft sie Raum für eine kritische Auseinandersetzung. Im Verfahren von huber.huber, ihre Reflexion über das Wasser durchgehend von der mythischen Überhöhung und vom Lifestyle zurück auf unsere Techniken im Umgang mit Wasser zurückzubiegen, lässt sich durchaus eine Sichtweise sehen, die für mehr Verantwortung und Sorge plädiert. Apropos: In allen Behältnissen steckt die Hausmarke Zofinger Wasser.
