
Offiziell: Halsschal ersetzt Schutzmaske – was getan werden muss, damit die Skisaison trotz Corona erfolgreich wird
Skifahrer dürfen im kommenden Winter auch Halsschläuche als Schutzmaske nutzen – auch Buffs oder Multifunktionstücher. Eine Bedingung muss erfüllt sein: Die Halsschläuche müssen den gleichen Virenschutz bieten, wie ihn das Bundesamt für Gesundheit (BAG) vorschreibt. So steht es im Schutzkonzept, das der Verband Seilbahnen Schweiz gestern veröffentlichte. Solche Halsschals sind auf diesen Winter hin eigens entwickelt worden, die Schweizer Winterdestinationen kaufen sie in Massen ein.
Diese Lösung war zuvor angedeutet worden in einem offenen Brief der Wintersportinitiative «Die Schweiz fährt Ski». In den Gondeln und Kabinen müsse man nicht zwingend eine klassische Schutzmaske tragen, hiess es dort. «Auch zertifizierte Multifunktionstücher sorgen für die nötige Sicherheit.»
Zertifizierte Multifunktionstücher – das sind wiederverwendbare Tücher, die gegen Viren schützen, sich wie ein Halsschal über Mund und Nase ziehen lassen und die damit als Schutzmaske dienen. Das BAG hatte im Juli erklärt, Masken müssten auch in Seilbahnen getragen werden, ausser an Liften oder auf Sesselbahnen.
In der Wintersportinitiative «Die Schweiz fährt Ski» haben sich alle Destinationen zusammengetan und einige mehr: der Verband Seilbahnen Schweiz, die Fluggesellschaft Swiss, einige Promis und Politiker. Schirmherr ist Wirtschaftsminister Guy Parmelin.
Mit den antiviralen Halsschals soll ein Hindernis gegen die Winterfreude aus dem Weg geräumt werden. Dass nämlich Skifahrer entnervt werden von überbordender Komplexität, wenn sie neben allem anderen noch eine Maske hinter den Ohren befestigen müssen.
Solche klaren Signale für die Wintergäste würden dringend gebraucht, findet «Schweiz fährt Ski». Es gebe bisher noch kaum Buchungen, Österreich sei viel weiter. Für diesen Rückstand gibt man dem Bundesrat die Schuld. Er habe keine Klarheit geschaffen, dass die Wintersaison stattfinden könne.
Kanzler Kurz ist schneller als der Schweizer Bundesrat
«Skifahren, Kulinarik, Natur und Gastfreundschaft geniessen – all das wird im Winter möglich sein», sagte Sebastian Kurz kürzlich. Österreichs Bundeskanzler rief dafür eigens eine Pressekonferenz ein zum Thema «sicherer Wintertourismus» – und brachte gleich zwei Minister mit.
Einen solchen mächtigen Auftritt hätte der hiesige Tourismus gerne gesehen. Oder wenigstens bundesrätliche Aufrufe wie vor dem Sommer. Ueli Maurer rief damals dem Parlament zu, er habe genug vom Beerdigungsmodus. «Machen Sie Ferien in der Schweiz!»
Vor diesem Winter schwiegen die Bundesräte. Eine erste zaghafte Ansage machte Parmelin. Zu «Schweiz fährt Ski» sagte er, wie vor dem Sommer empfehle er Ferien in der Schweiz. Auf die Frage, ob nicht eine offizielle bundesrätliche Stellungnahme nötig wäre, eierte er herum: Der Bundesrat unterstütze, wo es nötig sei. Es schien dabei zu bleiben: Der Wintertourismus hadert mit dem Bundesrat.
Der Wintertourismus muss sich selber Mut zureden
Inzwischen hat dieser durchsickern lassen: Nächste Woche komme das langersehnte Signal. Bis dann tut die Branche, was sie kann, um Ängste zu vertreiben. Seilbahnen-Präsident Hans Wicki rief der Generalversammlung zu: «Aus heutiger Sicht kann der Winter stattfinden. Wir müssen mit dem Virus leben – wir schaffen das!» Es geht um viel. Im Winter machen die Seilbahnen rund 75 Prozent des jährlichen Umsatzes.
Taugen Halsschläuche als Schutzmaske? In dieser Frage wurde herumgedruckst. In der Branche hätte sich mancher eine öffentliche Ansage aus Bern gewünscht. Die kam nicht. Aber man redete. Die Branche wollte wissen, ob auch das Modell von Deutschland und Österreich ginge? Dort ist eine Lightversion erlaubt: Ein gewöhnlicher Schal reicht, wenn über Mund und Nase gezogen (siehe Box). Vom BAG kam ein Njet. Der Tourismus schwenkte um. Die Einkaufsgesellschaft Pool Alpin machte sich auf die Suche nach antiviralen Tüchern.
Man fand sie in Deutschland. Ein Spezialist entwickelte eigens etwas. Diese Multifunktionstücher sind ähnlich aufgebaut wie medizinische Masken, die man in Operationssälen braucht. Derzeit bündelt Pool Alpin noch Bestellungen aus der ganzen Branche. Man will auf eine grosse Menge kommen, um die Produktionskosten zu drücken. Die Winterdestinationen werden die Tücher günstig verkaufen, manche verschenken.
Vorbild Österreich?
Keine Maskenpflicht, aber eine Abstandspflicht: So könnte man Österreichs Schutzkonzept verkürzen. Schals oder Tücher würden ausreichen. Doch seien diese spätestens nach vier Stunden zu waschen. Auch Helmvisiere taugten als Mund-Nasen-Schutz.
Ein Mindestabstand von einem Meter sei stets einzuhalten. Geht das nicht, müssen die Seilbahnen die Gästezahl beschränken. Auf jeden Fall zu vermeiden sei Après-Ski in überfüllten Schirmbars.