
Otto’s gewinnt die vorerst letzte Runde im Namensstreit
Kommentar
Markenname steht über allem
Der Namensstreit zwischen dem Surseer Discounter Otto’s und dem deutschen Onlinehandels- und Versandunternehmen Otto Group ist – vorerst – beendet. «Zu Unrecht» habe das Luzerner Kantonsgericht nicht geprüft, ob der Markteintritt von Otto in der Schweiz eine Verwechslungsgefahr schaffe. Darum hebt das Bundesgericht den Entscheid aus Luzern auf und weist die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurück. Der Fall läuft seit zwei Jahren und ist komplex. Vereinfacht lässt sich nun sagen: Die Lausanner Richter geben Otto’s recht, es bestehe klar eine Verwechslungsgefahr. Die Otto Group wollte mit der Webadresse «www.otto-shop.ch» in den Schweizer Markt eintreten. Otto’s wehrte sich dagegen.
Es ist richtig, dass Otto’s bis vor die letzte Instanz zog. Im Zeitalter des Internets und der Suchmaschinen wird der Markenname immer wichtiger. Wer etwas sucht, tut dies über Suchmaschinen wie Google. Diejenigen Resultate, die zuoberst erscheinen, werden in der Regel angeklickt. Das Logo bleibt wichtig, der optische Wiedererkennungswert ist nicht wegzudiskutieren. Doch der Name gewinnt beinahe täglich an Bedeutung. Die Suchmaschinen definieren das Feld, auf dem gespielt wird.
Zum Schluss sei wertfrei gesagt: Wer sich mit einem gängigen Namen wie «Otto» oder «Otto’s» im Markt bewegt, muss mit Streitigkeiten rechnen. Um solche zu lösen, gilt es dann eben, ein gesundes – zeitgemässes – Augenmass an den Tag zu legen.
Livio Brandenberg
Aufatmen in Sursee: Das Bundesgericht heisst die Beschwerde des Discounters Otto’s im Namensstreit mit dem deutschen Onlinehandelsriesen Otto teilweise gut und weist sie an das Luzerner Kantonsgericht zur Neubeurteilung zurück. Otto’s blitzte dort im November 2018 mit seiner Klage ab; diese sollte verhindern, dass der deutsche Namensvetter mit der Domain «www.otto-shop.ch» in die Schweiz kommt. Im Wesentlichen hatte Otto’s verlangt, der Otto Group die Tätigkeit als Detail- oder Versandhändlerin in der Schweiz unter den Marken «Otto» sowie «Otto-Versand» zu verbieten. Weiter wollte man den Deutschen untersagen, einen entsprechenden Domain-Namen mit der Endung«.ch»zubenützen. Über seine österreichische Tochterfirma Unito wollte das Versandunternehmen die Webseite «otto-shop.ch» bereits 2017 lancieren und damit sein Geschäft in derSchweizausbauen.
Otto’s-Chef Mark Ineichen weilt derzeit im Ausland und war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Anfang November, noch bevor das Kantonsgericht gegen sein Unternehmen entschieden hatte, sagte er, man wolle sich mit der Beschwerde keinesfalls vor dem Wettbewerb drücken. Es gehe stattdessen rein um die Verwechslungsgefahr: «Die deutsche Otto Group ist hierzulande ja schon heute mit ihrem Shop unter‹otto.de/ch›tätig. Damit haben wir überhaupt kein Problem, obwohl selbst die aktuelle Situation zu Verwechslungen führt. So kommt es immer wieder vor, dass Schweizer Kunden, die bei ‹otto.de/ch› bestellen, bei uns anrufen,wenn etwas nicht klappt.»
Verwechslungsgefahr ist gegeben
Das Luzerner Kantonsgericht hatte die Verwechslungsgefahr gar nicht geprüft – mit der Begründung,Otto’s sei gerade im Onlinehandel mit der eigenen Marke zu wenig präsent. Das Argument rührt daher, dass die Otto Group die Marke «Otto-Versand» in der Schweiz bereits 1979 und «Otto» im Jahre 1994 hinterlegte, während Otto’s erst 1998 damit begann,seine Marke zu registrieren. Laut Schweizer Recht steht dem deutschen Konzern somit grundsätzlich ein Vorrecht zu. Nur, die Otto Group hat die Marken nie gebraucht. Mehr noch: Sie hat nach der Registrierung der Marke «Otto’s»darauf verzichtet, sichauf ihre sogenannt «prioritären Markenrechte» zu berufen und liess die Surseer Konkurrenz in Ruhe. Otto’s argumentierte, es gehe nicht an, zwischen verschiedenen Verkaufskanälen zu unterscheiden. Es spiele keine Rolle, dass das Onlinegeschäft erst rund 2 Prozent des Gesamtumsatzes ausmache – ausgehend vom Total von gut 700 Millionen Franken seien dies immerhin 14,7Millionen –, denn der Kunde kenne die Marke, und er differenziere nicht nach Vertriebskanal, sondern recherchiere etwa online und kaufe dann im Laden ein. Das Bundesgericht gibt Otto’s nun in diesem Punkt recht: Die Wahrnehmung der Marke werde vom gesamten Marktauftritt bestimmt, und der von der Otto Group geplante Markteintritt würde eine Verwechslungsgefahr schaffen, heisst es im nun publizierten Urteil. Die Vorinstanz habe diesen Aspekt «zu Unrecht» nicht geprüft. Gerade auch, da die beiden Anbieter ihre Marken für gleichartige Produkte verwenden würden. Und die Verwechslungsgefahr, so die Lausanner Richter weiter, ist umso grösser, «je näher sich die Warensind». Von der Otto Group oder von Unito war gestern keine Stellungnahme zu erhalten.
Livio Brandenberg