Peter Gehler zur Wirtschaft in der Region Zofingen: «Wir werden zum Hinterland»

Herr Gehler, die Wirtschaft im Bezirk Zofingen brummt, schreiben Sie in der Einladung zum «Tag der regionalen Wirtschaft». Das hört man gern. Wo läuft es besonders gut?
Peter Gehler: Die Traditionsunternehmen in der Region Zofingen sind alle gut unterwegs, das war in den letzten fünf Jahren nicht immer der Fall. Wir sind in einer Hochkonjunkturphase, es gibt kaum ein Unternehmen, das davon nicht profitiert.

Und wo läuft es weniger gut?
Schreckensmeldungen sind mir nicht bekannt. Ich habe den Eindruck, es geht allen recht gut.

Ist der gute Kurs stabil – oder kann es schnell kippen?
Das kann sicher schnell kippen, vor allem dann, wenn es an den Finanzmärkten Turbulenzen gibt, und da gibt es am Horizont schon ein paar Entwicklungen, die einem Sorgen machen. Wir sind abhängig erstens von der Binnenkonjunktur, und zweitens von der Entwicklung in Deutschland, vor allem in Baden-Württemberg. Da sieht es nach wie vor gut aus. Zu denken gibt Italien; wenn da nur die Hälfte von dem umgesetzt wird, was angekündigt ist, dann rumpelt es in der EU-Kiste. Mittelfristig könnten auch die angekündigten protektionistischen Bestrebungen der USA Auswirkungen haben. Es ist einfach unklar, ob und wann sie kommen.

Wie viel trägt der erstarkte Franken dazu bei, dass es besser läuft?
Bei allen Unternehmen, die auf der Kostenseite in Schweizer Franken rechnen müssen und gleichzeitig viel exportieren, ist das ein Segen. Eine super Entwicklung, auch unerwartet.

Unterwartet schnell?
Ja, dass sich der Franken stabilisiert, damit war zu rechnen. Aber dass er sich so stark abschwächt – das war nicht zu erwarten.

In der Einladung schreiben Sie auch, der «grosse Aufbruch sei noch nicht ausgebrochen», was daran zu sehen sei, dass sich andere Regionen dynamischer entwickeln. Was fehlt zum grossen Aufbruch?
Im Vergleich zu den Räumen Fricktal, Baden oder Aargau hat der Raum Zofingen mehr Mühe, wahrgenommen zu werden. Wir sind zwar an einer hervorragenden Lage, aber weiter weg von Zürich als Baden oder Brugg und weiter weg von Basel als das Fricktal. Das zu überwinden ist eine grosse Hürde. Die Region ist so kleinräumig strukturiert, dass es schwierig ist, sie zu profilieren. Was wir sehr gut gemacht haben, auch in Zusammenarbeit mit dem regionalen Wirtschaftsförderer: Es gelang ihm in zwei konkreten Fällen, Unternehmen in der Region zu behalten. Im Bereich der Ansiedlungen sind wir aber noch nicht so erfolgreich – vor allem, wenn es über Logistik hinausgeht.

Als Wohnort ist Zofingen sehr beliebt.
Ja, das stimmt. Wenn ein Paar nach Zofingen zieht, dann kann der Mann in Bern arbeiten und die Frau in Zürich – das funktioniert. Aber bei den Unternehmensansiedlungen – da stehen wir an. Wir hätten dazu – Gott sei Dank – noch Flächen zur Verfügung.

Was sind aus Sicht der regionalen Wirtschaft aktuell die wichtigsten Anliegen an Behörden und Politik?
Wir dürfen die Diskussion über die Entwicklung der Region – mit Betonung auf Region – nicht aufgeben. Über Strukturreformen wird zurzeit leider kaum mehr gesprochen. Die Gemeinden kutschieren selbstständig. Mir ist wichtig, dass man auch unter dem Gesichtspunkt der Gemeindeautonomie darüber diskutiert. In den Kantonen Freiburg und in der Ostschweiz wurden enorme Strukturreformen durchgezogen, gerade auch unter dem Aspekt der Gemeindeautonomie: Denn eine Gemeinde, die nicht einmal über 20 Prozent der finanziellen Mittel entscheiden kann, Schulden und einen hohen Steuerfuss hat, ist ja gar nicht mehr autonom, die kann noch Brände löschen. Eine autonome Gemeinde muss investieren und gestalten können, eine, die in Aarau bei der Regierung Gewicht hat. Wir haben viele wenig autonome Nachvollzugsgemeinden, die nichts anderes machen, als Brände löschen – und dem Bürger noch einen schlechten Service bieten.

Diese Kleinräumigkeit verhindert die Profilierung der Region?
Ja, die Region Zofingen könnte aus drei, vier Gemeinden bestehen – mehr bräuchte es gar nicht. Man kann es noch weitertreiben: Ist es noch Demokratie, wenn ein oder zwei Prozent der Bevölkerung in einer Turnhalle über Vorlagen abstimmen? Wir sollten die Diskussion – so schmerzlich sie ist – unbedingt führen. Klar kann man die – vermeintliche – Gemeindeautonomie hochhalten; aber wichtiger wäre die regionale Autonomie, damit sich die Region gegenüber Olten und Aarau behaupten kann. Wir werden immer mehr zum Hinterland – das ist ein schleichender Prozess.

In den letzten Jahren wurde in der Region viel gebaut, gleichzeitig stehen viele Wohnungen leer. Ist der Bauboom nicht schon längst an seine Grenzen gestossen?
Auf jeden Fall gab es in mehreren Gemeinden einen Wildwuchs. Da ist Zofingen absolut vorbildlich und hat Erfolg, es kamen gute Steuerzahler in die Gemeinde. Wenn eine Gemeindebehörde will, dann kann sie gestaltend eingreifen.

«Tag der regionalen Wirtschaft»

Am Mittwoch, 6. Juni, lädt der Verband «Wirtschaft Region Zofingen» (WRZ) zum «Tag der regionalen Wirtschaft». Der WRZ ist der Zusammenschluss der Handels-, Industrie- und Dienstleistungsunternehmen der Region Zofingen inklusive der Luzerner Gemeinden bis Dagmersellen (nördliches Wiggertal). Seine Wurzeln reichen zurück bis ins 19. Jahrhundert: Der WRZ ist die Nachfolge-Organisation des 1855 gegründeten Handels- und Fabrikanten-Vereins. «Er setzt sich für gesunde wirtschaftliche Rahmenbedingungen und für eine harmonische, faire und gegenüber der Gesellschaft verantwortungsbewusste Aktivität seiner Mitglieder in der Region ein», schreibt der Verband. Er zählt aktuell 160 Mitglieder. Präsident ist seit 2007 Peter Gehler. Gehler ist Leiter des Pharmaparks bei der Siegfried AG in Zofingen und gleichzeitig Kommunikationschef des Unternehmens. Er wohnt in Safenwil.