
Polizei-Grosseinsatz in Möhlin: 68-Jähriger abgeführt – Schüsse fielen keine
Die Szene war filmreif: Am Dienstagnachmittag fuhren gegen 16 Uhr rund ein Dutzend Patrouillen der Kantons- und der Regionalpolizei Unteres Fricktal in Möhlin vor und umstellten ein Mehrfamilienhaus in der Breitistrasse. Im Einsatz war laut Polizeisprecher Roland Pfister auch die Sondereinheit Argus. Dies, nachdem ein 68-jähriger Schweizer zuvor telefonisch Drohungen ausgesprochen hatte.
Die Drohungen richteten sich gegen eine Angestellte einer „Institution des Gesundheitswesen“, wie die Kantonspolizei in einer Mitteilung schreibt. Auf Nachfrage präzisiert Pfister, dass die Drohungen „im Verlaufe des Tages“ bei der Institution eingegangen waren. Um welche Institution es sich handelt, wollte er nicht sagen.
Wie eine Nachbarin am Mittwoch gegenüber der AZ sagt, dürfte ein Krankheitsfall im familiären Umfeld der Grund für die ausgesprochenen Drohungen sein. Der Festgenommene hat laut der Nachbarin, die den 68-Jährigen recht gut kennt, zusammen mit seiner Partnerin in der Wohnung gelebt; sie war zum Einsatzzeitpunkt jedoch nicht in der Wohnung.
Aufgrund einer belastenden Situation sei es in der Wohnung zwar schon ab und an laut geworden, auch in der Nacht vor dem Einsatz. Als gefährlich hat die Nachbarin aber weder den 68-Jährigen noch die Situation je erlebt. Er hat aus ihrer Sicht auch nie eine Gefahr für die Umgebung dargestellt.
Den Einsatz zeigt auch ein Video, das ein Augenzeuge mit dem Handy gedreht und Telebasel zugespielt hat. Die Aufnahmen zeigen, wie Polizisten ein Mehrfamilienhaus mit einem offenen Treppenhaus umstellen und wie schliesslich mehrere Polizisten eine Wohnung im ersten Stock ohne Hektik betreten.
Haus umstellt
Man habe als erstes das Haus umstellt, erklärt Pfister das Vorgehen. Dies, um primär zu verhindern, dass die gesuchte Person entkommen kann und gegebenenfalls zu einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit wird. Es folgten Hintergrundermittlungen; die Polizei klärte dabei unter anderem ab, wer sich in der Wohnung aufhält, ob Kinder involviert sind und ob der Mann bereits polizeilich aktenkundig ist. „Danach versuchten die Beamten, Kontakt mit dem Bewohner aufzunehmen“, so Pfister. Dies gelang sowohl per Telefon als auch direkt.
Derweil meldeten sich Augenzeugen bei verschiedenen Medien. „Etwas ganz Schlimmes ist in Möhlin passiert“, sagte ein Leser-Reporter gegenüber „20 Minuten“. „Es fielen Schüsse und alles ist zugesperrt“, meldete eine Lesereporterin Telebasel. Beides erwies sich als nicht zutreffend. „Es fielen keine Schüsse und die Polizisten mussten auch keine Gewalt anwenden“, erklärt Pfister und weist damit die Spekulation in Onlinemedien, dass die Polizisten die Türe aufgebrochen haben, zurück. Es sei kein Sachschaden angerichtet worden.
Die Polizei hatte im Vorfeld Anhaltspunkte, dass der 68-Jährige eine Waffe besitzt. Dies erwies sich laut Pfister als nicht zutreffend; „eine Waffe haben wir in der Wohnung nicht gefunden.“ Der Mann trat dann gegen 18.15 Uhr freiwillig aus der Wohnung, in der er sich zum Zeitpunkt des Einsatzes alleine aufhielt, und liess sich abführen.
Abklärung in psychiatrischer Klinik
Nähere Angaben zum 68-Jährigen machte die Polizei nicht. Ein Augenzeuge sagte gegenüber Telebasel, dass sich der Mann ohne Widerstand abführen liess. „Er hat auf mich einen gelassenen Eindruck gemacht. Etwas angespannt, aber nicht aggressiv“, so der Augenzeuge.
Bereits vor der Festnahme hatte die Polizei Indizien, dass der 68-Jährige angetrunken ist. Dies habe sich bestätigt, sagt Pfister. Der Schweizer sei nach der Festnahme von einem Arzt begutachtet worden. Danach wurde er in eine psychiatrische Klinik für weitere Abklärungen überführt.
Die Staatsanwaltschaft Rheinfelden-Möhlin eröffnete eine Strafuntersuchung. Ob es zu einer Anklage kommt, ist allerdings aus mehreren Gründen offen. So stellt der Straftatbestand „Drohung“ ein Antragsdelikt dar. „Wenn die Angestellte oder die Institution keinen Strafantrag stellen, wird kein Strafverfahren eröffnet.“
Gemeindeammann Fredy Böni hatte bereits am späten Dienstagabend den Polizeieinsatz gegenüber der AZ bestätigt. „Es ist eine polizeiliche Intervention“, so Böni. Für die Bevölkerung habe zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr bestanden. Er widersprach damit auch dem Eindruck von Augenzeugen, es habe sich womöglich um eine Geiselnahme gehandelt.