Präsident des Kantonsspitals Aarau: «Wir haben bereits hohe Millionenbeträge eingespart»

Der Mann an der KSA-Spitze

Seit dem 1. April ist Peter Suter Verwaltungsratspräsident des Kantonsspitals Aarau (KSA). Der 61-Jährige wohnt in Mellingen. Er ist seit 30 Jahren als CEO in verschiedenen Industrieunternehmen operativ und seit über 20 Jahren in strategischen Gremien tätig. Heute leitet er als Geschäftsführer die Firma Sharp Electronics (Schweiz) AG. Peter Suter verfügt über langjährige und vielfältige Erfahrungen im kantonalen Gesundheitswesen. Von 2004 bis 2014 war er Verwaltungsratspräsident des Kantonsspitals Baden, davor war er Stiftungsratspräsident des Bezirksspitals Brugg. Seit 2013 gehörte Peter Suter dem Bankrat der Aargauischen Kantonalbank an. Von diesem Amt war er auf Ende Juni 2019 zurückgetreten. (nla)

Es ist noch keinen Monat her, dass der Grosse Rat entschieden hat, das Kantonsspital Aarau (KSA) für Vorhalteleistungen nicht zu entschädigen. Die beiden Regierungsräte Stephan Attiger (FDP) und Markus Dieth (CVP) hatten zwar im Vorfeld für eine Abgeltung in der Höhe von 10 Millionen Franken pro Jahr geweibelt.

Allerdings ohne Erfolg. Anstatt 10 Millionen Franken erhält das KSA nächstes Jahr 2,8 Millionen Franken für Notfälle in der Kinder- und Jugendmedizin. Mit diesem jüngsten Entscheid im Hinterkopf treffen wir den KSA-Verwaltungsratspräsidenten Peter Suter.

Wie sehr haben Sie mit diesen zusätzlichen 10 Millionen gerechnet?

Peter Suter: Wir haben erwartet, dass der Grosse Rat die 10 Millionen Franken spricht. Nun gilt es, den Entscheid zu akzeptieren.

Die SVP-Fraktion warf dem KSA vor, mit den zusätzlichen Millionen werde nur versucht, das Ergebnis zu schönen, um den geplanten Neubau finanzieren zu können. Was entgegnen Sie?

Wenn man im Zusammenhang mit gemeinwirtschaftlichen Leistungen von einer Finanzspritze oder Subventionen spricht, wurde das offenbar falsch verstanden. Es geht hier um Leistungen, die der Kanton bei uns bestellt und die das KSA erbringt. Um die Spezialistinnen und Spezialisten zum Beispiel, die rund um die Uhr vor Ort sind, auch wenn sie am Schluss nicht gebraucht werden. Kosten tun sie natürlich trotzdem.

Welche Konsequenzen hat der Entscheid für den Neubau?

Wir erbringen – wie schon heute – Leistungen und erhalten dafür keine Abgeltung. Diese Rechnung geht betriebswirtschaftlich nicht auf. Das hat aber nichts mit dem geplanten Neubau zu tun.

Sie können aber nicht abstreiten, dass sich die 10 Millionen Franken positiv auf den Businessplan ausgewirkt hätten.

Selbstverständlich hätten sie sich positiv ausgewirkt. Im Businessplan haben wir aber Reserven eingeplant. Der Businessplan hat auch ohne die 10 Millionen Franken beziehungsweise mit den 2,8 Millionen Franken, die wir erhalten, Gültigkeit.

Sie mussten ihn nach dem Entscheid also nicht überarbeiten?

Nein.

Der Neubau liegt mit Baukosten von 619 Millionen Franken deutlich über dem Kostendach von 500 Millionen Franken. Wie weit sind die Preisverhandlungen mit dem Totalunternehmen?

Wir sind daran, den Preis zu reduzieren, indem wir Risiken minimieren, auf gewisse Dinge verzichten und Leistungen verdichten. Das Projekt ist permanent in der Optimierung. Es ist noch nicht dort, wo wir es haben möchten, aber auf ganz gutem Weg.

Ist Ihr Ziel ein Neubau, der 500 Millionen Franken kostet?

Wie gesagt, wir sind daran, das Projekt zu optimieren. Wir haben bereits hohe Millionenbeträge eingespart. Ich hüte mich davor, mich zum heutigen Zeitpunkt mit einer Zahl zitieren zu lassen.

Sie sagten, es gehe auch darum, auf gewisse Dinge zu verzichten. Worauf?

Das Siegerprojekt «Dreiklang» war die Hülle und das, was dereinst darin sein könnte. In der Optimierung wird bei jedem Punkt abgewogen, ob es diesen braucht. Es geht dabei aber nicht darum, am Schluss eine Etage weniger zu bauen. Es ist immer noch der gleiche Kubus. Wir sind aber daran, die Prozesse im Kubus zu optimieren.

Wann fällt der Finanzierungs­entscheid?

Wir haben den Businessplan im Herbst beim Kanton eingereicht. Der Regierungsrat hat eine externe Firma damit beauftragt, den Businessplan kritisch zu hinterfragen. Wir rechnen damit, dass wir im Januar eine Rückmeldung erhalten. Sobald der Regierungsrat grünes Licht gegeben hat, können wir loslegen. Wir gehen davon aus, dass wir das Baugesuch 2020 einreichen können und das neue Spital dann 4 ¼ Jahre nach dem Spatenstich steht.

Die Zeit drängt. Der Vertrag mit dem Totalunternehmen enthält eine Teuerungsklausel.

Das ist so üblich. Weiter kommentiere ich die Klausel nicht.

Was macht Sie zuversichtlich, dass der Businessplan die externe Prüfung besteht?

Unser Businessplan basiert auf moderatem Wachstum und ist auch auf der Kostenseite moderat. Er enthält eine gesunde Portion Vorsichtsprinzip. Zuversichtlich stimmt mich auch das laufende Geschäftsjahr. Das KSA ist 2019 finanziell gut unterwegs. Ausserdem haben uns zwei Banken ein sehr gutes Projekt attestiert. Das hilft.

Es gäbe auch die Möglichkeit, ein Darlehen vom Kanton aufzunehmen. Werden Sie das tun?

Wir sind daran, alle Optionen zu prüfen. Es ist heute noch zu früh, um zu sagen, was wir genau machen. Unterschrieben ist noch nichts.

Wird Ihnen das Gutachten zum Businessplan vorgelegt, bevor die Regierung entscheidet?

Nein. Der Entscheid, ein Gutachten in Auftrag zu geben, war zwar ein gemeinsamer Entscheid der Regierung und des KSA-Verwaltungsrates. Der Auftraggeber des Gutachtens ist aber der Regierungsrat. Das Gutachten geht direkt an die Regierung und wird von ihr geprüft. Wir möchten das Gutachten gar nicht sehen. Es soll am Schluss niemand sagen, wir hätten uns erklären können. Es ist die klare Abmachung, dass der Bericht bei der Regierung bleibt. Wir erfahren nur, wie die Regierung entschieden hat.

Wenn der Regierungsrat kein grünes Licht geben würde, wäre das ein kleines Desaster.

Das ist Ihre Wortwahl. Ich halte einfach fest, dass es dadurch zu einer Verschiebung des Projekts kommen würde. Dem Kantonsspital Aarau würden Mehrkosten von einer Million Franken pro Monat entstehen für Unterhaltsarbeiten an den bestehenden Gebäuden auf dem Areal. Nicht bauen, ist keine Option. Das ist kein Geheimnis, das haben wir auch den Grossratsfraktionen gesagt.

Trotzdem können Sie den Vertrag mit dem Totalunternehmen erst unterschreiben, wenn das zweite Gutachten vorliegt und der Regierungsrat dann zum Schluss kommt, dass das Projekt finan­zierbar ist.

Das ist die Abmachung mit dem Kanton, unserem Eigentümer.

Sie sagten vorher, das KSA sei 2019 finanziell gut unterwegs. Was heisst gut?

Wir haben per Ende November mehr Ebitda und mehr Umsatz als im Vorjahr. Wir sind ganz klar auf gutem Weg, was die finanzielle Gesundung des KSA angeht. Die Vorgaben des Eigentümers von 10 Prozent Ebitda werden wir – mit unserer heutigen dezentralen, in die Jahre gekommenen Infrastruktur – erst nach dem Bezug des Neubaus realisieren können. Der Ebitda des KSA liegt aber bereits heute über dem Schweizer Durchschnitt.

Das erste PwC-Gutachten hält fest, dass das KSA die Rentabilität steigern und einen Ebitda von 10 Prozent erreichen sollte, um die Finanzierbarkeit nachhaltig sicherstellen zu können. Alleine auf den Neubau zu hoffen, reicht nicht. Welche weiteren Massnahmen sind in Planung?

Einige sind bereits in der Umsetzung. Das zeigt ja auch die Steigerung gegenüber des Vorjahres. Das ist der harten Knochenarbeit der Spitalleitung zu verdanken. Es beginnt mit einer straffen Führung und dem Hinterfragen von Stellenplänen und geht weiter mit der Optimierung von Prozessabläufen.

Was ist mit dem neuen Lohnsystem für Chefärzte?

Das ist nur ein kleiner Teil.

Liegt es auch an Ihnen, dass es 2019 finanziell besser gelaufen ist?

Ich stelle mich definitiv nicht in den Mittelpunkt. Ich bin nur eine Person in diesem Gremium. Es war mir von Anfang an ein Anliegen, nicht von mir zu sprechen oder vom Verwaltungsrat oder von der Geschäftsleitung, sondern von uns. Und wir alle haben einen Auftrag: Die Weiterentwicklung und Gesundung des KSA.

Wo sehen Sie das KSA 2030?

Wir haben eine neue Infrastruktur und patientengerechte Prozesse. Wir sind als Zentrumsspital mit Endversorgerstatus ein attraktiver Arbeitgeber sowie eine Ausbildungsstätte mit landesweitem Renommee. Und alle im Aargau sagen: Das KSA ist «euses Spital». Wirtschaftlich sind wir gesund.

Das heisst?

Wir haben ein stabiles Fundament, also einen Ebitda irgendwo bei neun oder zehn Prozent.

Was ist mit Kooperationen mit anderen Spitälern? Dieses Jahr war ja auch geprägt von Schlagzeilen über Kooperationen mit dem Kantonsspital Baden (KSB), die in die Brüche gingen. Das KSA hat die Zusammenarbeit in der Ortho- pädie gekündigt, das KSB arbeitet in der Kardiologie neu mit der Hirslanden Klinik zusammen. Wie wollen Sie dem ein Ende setzen?

Zuerst Folgendes: Wir haben verschiedene Kooperationen, brauchen Kooperationen und streben diese auch in Zukunft an. Wir suchen den Konflikt in der Öffentlichkeit nicht. Wir wollen auch weiterhin mit dem KSB zusammenarbeiten. Für eine Zusammenarbeit braucht es aber immer zwei.

 

Sie spielen den Ball also Baden zu?

Ich sage nur, es brauche zwei für eine Zusammenarbeit.

Sie waren früher Verwaltungsratspräsident des Kantonsspitals Baden. Hilft Ihnen das in Aarau?

Ich glaube schon. Ich kenne in Baden die Leute auf allen Stufen bis heute. Ich habe in Baden natürlich auch sehr viel gelernt, das ich hier in Aarau einbringen kann und mein Beziehungsnetz habe ich ebenfalls damals aufgebaut.

Seit April sind sie KSA-Präsident. Haben Sie immer noch Spass?

Sehr sogar und je länger je mehr. Die Herausforderungen sind da. Aber ich darf mich auf einen guten Verwaltungsrat abstützen. Das Gremium hat sehr viel Kompetenz. Ebenso die Geschäftsleitung. Und nicht zu vergessen: Unsere Mitarbeitenden machen einen hervorragenden Job und setzen sich tagtäglich ein.

Wo werden Sie künftig Akzente setzen?

Die finanzielle Gesundung wird uns weiterhin begleiten. Die Erneuerung der Infrastruktur ebenfalls. In der Führung müssen wir Kontinuität und Stabilität anstreben. Ausserdem müssen wir das Vertrauen wiederherstellen. Das KSA war in letzter Zeit verschiedentlich negativ in der Presse und das Positive geht vergessen.

Zum Beispiel?

Die volkswirtschaftliche Bedeutung des KSA mit über 5300 Mitarbeitenden. Ausserdem sind wir eine grosse Ausbildungsstätte und nehmen unsere soziale Verantwortung wahr. Darauf bin ich sehr stolz. Wir reden nicht nur von Fachkräftemangel, wir leisten einen Beitrag gegen diesen.

Zu den lautesten Kritikern des KSA gehört Jean-Pierre Gallati. Letzte Woche wurde er als Regierungsrat in die Pflicht genommen. Als Gesundheitsdirektor wird er für das KSA zuständig sein. Wie erleben Sie ihn?

Jean-Pierre Gallati war für mich immer ein Sachpolitiker. Ich bin überzeugt, dass er noch viel Freude am KSA haben wird und merken wird, dass nicht alles kritisch zu beurteilen ist, sondern dass der Kanton stolz sein kann auf sein Spital. Ich habe ihm zur Wahl gratuliert und freue mich auf die Zusammenarbeit.

Sie haben also keine Angst, dass er das Neubau-Projekt gefährden könnte?

Wir werden ihn sicher bald über das Projekt updaten müssen. Wir sind aber überzeugt von unserem Projekt, nicht zuletzt weil es nun doch von verschiedenster Seite beleuchtet und optimiert wurde.