
Prüfungen haben ergeben: 30 Holzpfeiler müssen ausgewechselt werden

Anonyme Spende
Natürlich hat die Stadt Olten nicht zur Spendensammlung zugunsten der Holzbrücke aufgerufen. Und dennoch ist eine solche über 5000 Franken eingegangen, wie aus Insiderkreisen zu vernehmen ist. Die Spenderin oder der Spender aber würden Wert auf Anonymität legen, kommentiert das Stadthaus die Gabe. (hub)
Es scheint wie verhext: Seit August 2012 ist die Holzbrücke von 1803, welche der Stadt Olten zu einem Postkartenanblick verhilft, nie mehr zur Ruhe gekommen. Nur das Jahr 2014 blieb ohne Zwischenfall. Fast ist man versucht zu fragen: Per Zufall? «Mag sein», sagt Marcel Dirlam, Tiefbauingenieur bei der städtischen Baudirektion.
«Sicher ist: Die Phase nach dem Belagswechsel im Jahr 2003 blieb ruhig; bis eben 2012 die Serie von Brandfällen begann.» Zuvor schien eigentlich alles in Butter. Warum nur wechselte man den nach unten gut dichtenden Belag seinerzeit eigentlich aus? «Es hat sich gezeigt, dass die Teerung von Wand zu Wand letztlich dem Holz schadete», erklärt Dirlam. Es fehlte an mangelnder Durchlüftung; Balken und Bretter drohten zu faulen.
Bündel an Präventivmassnahmen
Nach dem bislang grössten Brandfall im März 2018 stellt sich die Frage jetzt ernsthaft: Wie schützt man eine über 200-jährige Holzkonstruktion auf einer Länge von 80 Metern, auf 6 bis 8 Metern Breite und einem Traggewicht von 400 bis 500 Kilo pro Quadratmeter vor Feuer? Für Dirlam steht fest: in erster Linie mit einem absoluten Rauchverbot. Ein solches hatte die Stadtregierung erst Anfang April verhängt. Fürs Erste mit wenig Erfolg, wie der neuerliche Brand aufgrund von Raucherwaren im August zeigte.
Weiter diskutiert eine Arbeitsgruppe aus Mitglieder der Baudirektion, der Feuerwehr, von Brandschutzexperten, Holzbauingenieuren und dem Denkmalschutz weitere Präventivmassnahmen; unter anderem auch eine per Video überwachte Passage, von der man sich eine gewisse Durchsetzungskraft bezüglich Rauchverbot beziehungsweise Eruierung der Täterschaft vorstellen könnte. Die Massnahme allerdings ist grundsätzlich umstritten. Zu den weiteren möglichen vorbeugenden Schritten gehören verschraubte Abschnitte in der Belagsfläche, die den Zugang zu Zwischenräumen und Lager für die regelmässige Reinigung ermöglichen. Vor allem haben sich jene Stellen als heikel erwiesen, wo tragende Streben die Fahrbahn durchdringen.
Dort nämlich sammelt sich seit 2003 Unrat, der zusammen mit Staub und Spinnweben als Brandbeschleuniger wirkt. Auch soll die alte, durch den Brand zerstörte Brandschutzanlage durch eine wärmesensible Thermoanlage im Gebälk unterhalb des Belags ersetzt werden, die bei erhöhter Temperatur anschlägt.
Feuerlöscher bringt nicht viel
Abstand hingegen nimmt man von der Idee fest installierter Feuerlöscher. «Die bringen wohl nicht viel», sagt Dirlam. Denn die bisherigen Brandherde unter dem Holzboden seien damit gar nicht zu erreichen. Ebenso schwierig zu realisieren: Eine Sprinkleranlage, die von unten wirkt: «Auch hier gibts Stellen, die für eine solche Sprühanlage unerreichbar bleiben würden», so Dirlam. Trotzdem wird derzeit eine solche Installation im Detail geprüft.
Ebenfalls angedacht: eine neue Beleuchtung. Häufige Reaktionen hätten gezeigt, dass die Brücke als zu wenig hell empfunden wird. Nun ist vorgesehen, eine dimmbare LED-Beleuchtung zu installieren. Zudem erfahren die Fenster auf der Aare aufwärts liegenden Brückenseite eine Verglasung. Bis anhin war Plexiglas angesagt. «Zur Diskussion stand auch der Einbau von mehr Fenstern, aber es hat sich gezeigt, dass die Konstruktion dafür kaum Platz lässt», weiss Dirlam. Für die gesamte Arbeitsgruppe stand aber schon nach Kurzen fest: Die Brücke muss nach dem Brand die selbe Aufgabe erfüllen wie vor dem Brand.
Einer der folgenschwersten Schäden nach dem Brand im März: Ein meterlanger Längsträger, dessen Belastbarkeit entscheidend reduziert wurde und der deswegen verstärkt oder ersetzt gehört. Wobei das Ersetzen die weit aufwendigere Variante wäre. Wie dieser Schwierigkeit konkret begegnet wird, steht derzeit noch aus. Die Lösung des Problemes hängt auch davon ab, wie sich die Fachstelle des Kantons dazu äussert.
Denkmalpfleger Stefan Blank etwa meint auf Anfrage: «Grundsätzlich gilt in der Denkmalpflege die Maxime, nach Möglichkeiten Substanz und Erscheinungsbild zu bewahren.» Aber natürlich dürften Reparaturstellen absolut sichtbar sein. «Dies ist eine Frage der entsprechenden Philosophie», so Blank weiter. Und schliesslich sei bei der Instandstellung auch mitentscheidend, wie welches Holz im Vorlauf verarbeitet worden sei und «zur Stabilität des Bauwerks beiträgt».
Alle Pfeiler werden ausgewechselt
Die Baudirektion hat den Brand im März zum Anlass genommen, den Zustand der Brücke im Grundsatz zu überprüfen; zeitlich etwas früher als im eingeschlagenen Turnus von jeweils 20 bis 25 Jahren. Erfreulich: Der mehr als 100-jährige Betonunterbau ist in gutem Zustand und bedarf keinerlei Eingriffe. Lediglich Schwemmmaterial muss bei der mittleren der drei Pfeilerstützen entfernt werden. Weniger günstig aber sieht die Analyse für jene Brückenteile aus, die permanent mit Wasser in Berührung kommen. Die Prüfung aller 30 Holzpfeiler hat nämlich ergeben: Bis auf zwei oder drei von ihnen sind alle auszuwechseln.
Tragkraft nicht mehr ausreichend. «Das ist eigentlich doch eher überraschend», sagt Dirlam. So wurde aus Effizienzgründen entschieden, sämtliche Pfeiler auszuwechseln. Dies ist technisch kein Problem, aber doch mit einem gewissen materiellen, finanziellen und zeitlichen Aufwand verbunden. «Der jeweilige Bereich wird weitgehend trockengelegt, die eigentliche Tragfunktion übernehmen zum Zeitpunkt des Austausches der Holzbalken mehrere Metallstützen, die danach wieder entfernt werden», sagt Dirlam. Dass die Brücke im Rahmen der Instandstellung auch eingerüstet wird, versteht sich fast von selbst.
Aber bei allen anstehenden Sanierungsmassnahmen wagt der Tiefbauingenieur doch eine Prognose: «Ich hoffe, dass die Brücke Ende dieses Jahres für den Langsamverkehr wieder normal nutzbar sein wird. Diverse Restarbeiten werden dann noch unter Betrieb gemacht werden müssen.»
Ende September liegt das komplette Sanierungspaket auf dem Tisch. «Wir werden im Stadtrat sicher einen ganzheitlichen Antrag präsentieren», sagt der zuständige Stadtrat Thomas Marbet. Dieser beinhaltet sowohl die Kosten für die Behebung der Brandschäden als auch für die übrigen Sanierungsmassnahmen. «Derzeit werden die Zahlen zusammengetragen, stehen in ihrer Gesamthöhe also noch nicht fest», so der Stadtrat weiter. Angesichts der knappen Mittel gelte es, mit möglichst geringem finanziellem Aufwand das Bauwerk wieder flott zu bekommen. Insider rechnen mit Aufwendungen von einer mittleren sechsstelligen Summe. Dies trotz der Kosten, die durch die Brandschutzversicherung übernommen werden.