Psychiater-Skandal: Was Regierungsrätin Roth mit der Opfer-Mailbox vorhat

Franziska Roth hat am Dienstag in der Sendung «Talk Täglich» auf Tele M1 verkündet, dass ihr Departement Gesundheit und Soziales (DGS) eine Mailbox eingerichtet hat, unter der sich Bürgerinnen und Bürger mit einem Anliegen an das Departement melden können.

Hintergrund dieser Massnahme ist der sexuelle Missbrauch einer Patientin durch einen Aargauer Psychiater. Das Opfer hatte sich an den Kantonsarzt gewandt, welcher aufgrund eines Gutachtens über den Psychiater auf eine Massnahme verzichtete. Die Patientin reichte daraufhin eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft ein, der Psychiater wurde verurteilt, arbeitet aber immer noch.

Der neue Psychiater des Opfers wurde im Mai 2018 beim DGS mit einer Aufsichtsbeschwerde vorstellig, die ebenfalls zu keinen weitergehenden Massnahmen führte. Der Fall wurde durch die Medien bekannt. Franziska Roth hat inzwischen eingestanden, dass im DGS Fehler passiert sind. Und sie hat vor wenigen Tagen Kontakt mit dem Opfer aufgenommen.

Gestern ist das erste Mail auf mailbox.dgs@ag.ch eingegangen. Zum konkreten Inhalt macht Roth keine Angaben. «Wir schauen uns jede Meldung genau an, besprechen das weitere Vorgehen und beantworten jedes Schreiben individuell», sagt die Regierungsrätin. «Wir», das sind Departementsvorsteherin Franziska Roth, Generalsekretär Matthias Laube und die Leiterin Kommunikation des DGS, Karin Müller.

Massnahmen können folgen

«Es besteht eine absolute Verpflichtung des DGS gegenüber den Bürgern», erklärt Roth, warum sie jetzt direkt die Personen anspricht, die noch ein Anliegen mit ihrem Departement offen haben. Aber: «Es ist keine separate Beschwerdestelle für alles.» Das Ziel sei, jenen Personen, die negative Erfahrungen gemacht haben, eine Chance zu bieten, sich beim DGS zu melden, sodass das Departement die Anliegen noch einmal beurteilen und allenfalls Missstände korrigieren kann.

«Es geht aber vor allem auch darum, dass wir die internen Abläufe optimieren», sagt Roth, denn für sie ist klar: «Ein solcher Fall darf sich nicht wiederholen.» Im aktuellen Fall mit dem verurteilten Psychiater steht insbesondere Kantonsarzt Martin Roth in der Kritik. Er ist seit letzter Woche krankgeschrieben.

Das DGS würde bei allen Meldungen, die in der Mailbox eingehen, die Frage stellen, warum der Fall «so und nicht anders» behandelt worden sei – sprich: wo was schiefgelaufen ist. Auch, wer falsch gehandelt hat? Die interne Untersuchung könne verschiedene Massnahmen auslösen, sagt Franziska Roth, «es geht nicht darum, wer einen Fehler gemacht hat, sondern darum, was und warum etwas schiefgelaufen ist.» Da sich die Mailbox an Personen mit Anliegen aus der Vergangenheit richtet, werde es sich vielleicht auch um Fälle handeln, die Jahre zurückliegen.

Die Mailbox soll bis Ende des Jahres in Betrieb sein. Franziska Roth hofft, dass bis dahin auch Schwachstellen in der Departements-Organisation ausgeräumt werden können, sodass sich das DGS ab 2020 nicht mehr mit der Aufarbeitung von Missständen der letzten Jahre auseinandersetzen muss.