
Ralph Ehrismann: Bilanz nach 100 Tage als Rothrister Ammann
Was das neue Jahr und das neue Amt als Gemeindeammann von Rothrist ihm bringen würde, konnte Ralph Ehrismann nur erahnen. «Dass mein Einstieg so heftig wird, hätte ich nicht gedacht», sagt der 57-Jährige. Seit Anfang Jahr steht der Unternehmer an der Spitze der 8917 Einwohner zählenden Gemeinde. In der relativ kurzen Zeit galt es für Ehrismann und seine Ratskollegen einige Ereignisse zu bewältigen.
An seinem zweiten Amtstag als Ammann stand er im Doppeleinsatz. Mit der Bevölkerung stiess er vormittags im Gemeindesaal am Neujahrsapéro an und bald darauf stand er mit der Rothrister Feuerwehr im Wald. Das Sturmtief Burglind, das am 2. Januar übers Land gefegt ist, hatte das Dach des Waldhauses beschädigt. Es brauchte ein Notdach und eine andere Lokalität für die Mieter des Waldhauses. «Die Zusammenarbeit zwischen den Organisationen läuft im Grossen und Ganzen gut», sagt Ehrismann und bilanziert: «Gewisse Abläufe und Absprachen müssen optimiert werden.»
58 Prozent-Pensum als Ammann
Ralph Ehrismann will Veränderungen und hat diese in seinem Betrieb umgesetzt. Vor elf Jahren hat der Maschineningenieur ETH die Mipec AG übernommen und führt seither das Ingenieurbüro für industrielle Software und Steuerungen in Rothrist. Sein Pensum in der Firma hat er reduziert und das Team erweitert. Ehrismann hat sich als Ammann für ein 58-Prozent-Pensum entschieden. Sein Vorgänger Hans Jürg Koch hatte 68 Prozent inne. «Weniger liegt nicht drin. Mehr wird es ohnehin», so Ehrismann.
Ein Mal pro Tag ist er im Gemeindehaus anzutreffen. Die Mitarbeiter und die Abläufe sind ihm vertraut. Die vergangenen zwölf Jahre war er Mitglied der Finanzkommission (Fiko), der er die letzten vier Jahre als Präsident vorstand. Den Seitenwechsel sieht er als Vorteil: «Ohne Erfahrung von Null auf Ammann geht meiner Meinung nach nicht. Ich kenne schon viele Probleme und Abläufe der Verwaltung.» Verbesserungspotenzial sieht er in der Zusammenarbeit und Kommunikation auf allen Ebenen – von der Bevölkerung über die Gemeinde und die Schulen bis zum Kanton. Gerade von den kantonalen Departementen erhofft sich Ehrismann einen besseren Austausch und mehr Unterstützung. Dies betrifft auch den Grossbrand auf dem Strebel-Areal an.
Zur Erinnerung: Mitte Februar löste ein Kroate beim Hantieren mit einem Schweissgerät in einer Lagerhalle das Feuer aus. Acht Feuerwehren kämpften den Brand nieder. Der benachbarte Chemiebetrieb Schärer & Schläpfer AG kam glimpflich davon. Für Ehrismann steht fest, dass die Gemeinde zur Sicherheit aller die Auflagen und Bedingungen für die gesamte Industriezone verschärfen wird. Einfliessen werden die neuen Bestimmungen in die Bau- und Nutzungsordnung, die zurzeit überarbeitet wird. Den Rückbau einer abgebrannten Halle habe die Gemeinde gestoppt, «es ist wichtig, dass Experten den Rückbau begleiten.»
Fachwissen hat für Ralph Ehrismann einen hohen Stellenwert. So hat er einige Weiterbildungen für Behördenmitglieder absolviert. «Mir ist es wichtig, dass ich Entscheidungen mit dem nötigen Wissen und Überblick fällen kann.» Die vielfältige Themenpalette gefällt dem FDP-Lokalpolitiker. Am Herzen liegt ihm eine Lösung der prekären Verkehrssituation. «Rothrist droht im Verkehr zu versinken. Für die Region und die solothurnischen Gemeinden ist es von Bedeutung, über welche Achsen der Verkehr fliesst.» Hier will er sich mit Nachbargemeinden und dem Kanton für die dritte Etappe der Wiggertalstrasse und für einen vernünftigen Anschluss an die Autobahn einsetzen. «Nur mit allen Beteiligten ist es möglich, als Gemeinde erfolgreich zu bleiben», betont Ehrismann. Vor 25 Jahren zog er mit seiner Frau Margreth und den mittlerweile erwachsenen Töchtern (25 und 28) nach Rothrist. Seither hat er sich in Vereinen und politisch engagiert. So im Vorstand der FDP Rothrist als Vizepräsident und Präsident. Aktiv war er im Vorstand der Musikgesellschaft Murgenthal, die er bis letztes Jahr führte. Dem Verein ist er als Trompeter treu geblieben. Ansonst sei seine Freizeit spärlich und reiche nicht mal mehr für spätabendliche Spaziergänge auf den Born.
Ehrismann sieht sich als Vermittler und Brückenbauer, der den Zusammenhalt und das Verständnis füreinander, aber auch für Sachgeschäfte fördern möchte. «Die Steuererträge werden nicht mehr. Es braucht ein Kostenbewusstsein, denn es kann nicht mehr Geld ausgegeben werden, als vorhanden ist.» Bei den Finanzen sind ihm ein gleichbleibender Steuerfuss und die Entscheidung für gute, zweckmässige Projekte wichtig. «Das Zweitbeste muss genügen.»
Dass der Rat seine Meinung zur Tempo-30-Zone zwischen Breitenstrasse und Geisshubelweg von Pro auf Kontra geändert hat, sieht er als Stärke. «Es ist richtig und wichtig, dass der Gemeinderat über Kompetenzen und einen finanziellen Handlungsspielraum verfügt.» In Zukunft werde nicht mehr über Zonen, sondern nur noch über punktuelle, streckenweise Geschwindigkeitsreduktionen entschieden. Die Attraktivität der Gemeinde als Wohnort und Standort für Unternehmen mit interessanten Arbeitsplätzen will Ralph Ehrismann weiter fördern. «Die richtige Mischung zu finden aus Wohnlichkeit mit naturnahen Zonen, flüssigem, sicherem Verkehr für alle sowie geeigneten Standorten für Unternehmen mit hoher Wertschöpfung ist eine spannende Herausforderung.»