Reformierte Kirche: Die Neuen sind für Neues offen

In der Reformierten Kirchgemeinde Zofingen geht im Sommer 2019 das Pfarrerehepaar Burkhard Kremer und Ruth Kremer-Bieri in Pension. Mit Christa Steinhauer und Rudolf Gebhard sind zwei Nachfolger gefunden. Diesen Donnerstag, 8. November, 20 Uhr, stellen sie sich am Infoabend im Kirchgemeindehaus in Strengelbach vor. Die Wahl der Kirchgemeindeversammlung findet am 27. November statt.

1. Weshalb wollen Sie mit Ihrer Familie nach Strengelbach beziehungsweise Zofingen umziehen und hier arbeiten?

Christa Steinhauer: Weil mich eine lebendige Kirchgemeinde, ein tolles Team und eine spannende Pfarrstelle erwarten. Ich freue mich darauf, viele neue Menschen kennenzulernen und mit ihnen Kirche zu gestalten. Durch den Umzug gibt es für meine ganze Familie eine grosse Veränderung. Wir lassen in Dietlikon viel lieb Gewonnenes zurück, freuen uns aber, in Strengelbach ein neues Zuhause aufzubauen und wieder Wurzeln zu schlagen.

Rudolf Gebhard: Nach elf Jahren Pfarramt in einer Landgemeinde, freue ich mich auf den Wechsel in eine Stadtgemeinde und die Zusammenarbeit in einem grösseren Team. In der Kirchgemeinde Zofingen mit ihren drei Kirchkreisen und dem breiten gottesdienstlichen, sozialen und kulturellen Angebot als Pfarrer zu arbeiten, ist für mich eine Herausforderung, auf die ich sehr gespannt bin. Auch meine Familie zieht gerne in das attraktive Pfarrhaus in der Zofinger Altstadt um.

2. Was steht im Zentrum Ihrer Arbeit als Pfarrerin / Pfarrer?

Christa Steinhauer: Raum zu schaffen, in dem man sich mit seinen Lebens- und Glaubensthemen aufgehoben fühlt. In dem man gemeinsam feiern, trauern, fragen und lernen, innehalten und weitergehen kann – und dabei spürt, dass der Zuspruch des Evangeliums die feste Grundlage bildet. In der Praxis sieht das dann ganz unterschiedlich aus. Da gehören natürlich Gottesdienste, Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen dazu, aber auch der Unterricht, Seelsorgegespräche, Seniorennachmittage und so weiter. Ich schätze es, dass «Kirche» so vielfältig ist.

Rudolf Gebhard: Gottesdienste vorzubereiten, ist ja nur eine von vielen Aufgaben im Pfarramt. Sonntags arbeite ich nicht, da feiere ich mit der Gemeinde. Die Arbeit findet vorher statt. Am wichtigsten ist mir die Pflege von Kontakten in der Gemeinde. Dazu gehören Besuche, Begegnungen aller Art und seelsorgliche Begleitungen. Nebst gottesdienstlichen Feiern und Begleitungen in besonderen Lebenssituationen erteile ich Unterricht, leite Gesprächskreise und organisiere Veranstaltungen, in denen der Bedeutung des Glaubens für Alltag, Gesellschaft und Leben nachgedacht wird.

3. Sollen Eltern ihr Kind taufen oder segnen lassen?

Christa Steinhauer: Diese Frage kann ich nicht pauschal beantworten. Ich glaube nicht, dass es da ein Richtig oder Falsch gibt. Wichtig ist, dass die Eltern den Kindern die Bedeutung der Taufe oder der Segnung erklären und sie auf ihrem Glaubensweg begleiten, sodass sie später selber – zum Beispiel im Rahmen ihrer Konfirmation oder ihrer Erwachsenentaufe – auf den Zuspruch Gottes «antworten» können.

Rudolf Gebhard: Die Taufe als sichtbares Zeichen der unverdienten Liebe Gottes ist in jedem Alter möglich. Die Kindertaufe macht deutlich, dass Gottes Entscheidung all unseren eigenen und noch so bedachten Entscheidungen zuvorkommt. Auch bei der Taufe von Erwachsenen ist es mir wichtig, nicht die persönliche Entscheidung in den Vordergrund zu stellen, sondern die Dankbarkeit dafür, dass mir im Blick auf den Lebensweg das Entscheidende geschenkt ist.

4. Do-it-yourself-Glauben ist in. Wie wollen Sie die zunehmend leereren Bänke füllen?

Christa Steinhauer: Ich glaube nicht, dass es primär darum geht, die Bänke zu füllen. Die Zeit, in der Kirche vor allem am Sonntagmorgen stattgefunden hat, ist meines Erachtens vorbei. Dies kann nicht mehr reaktiviert werden – muss auch nicht. Ich glaube, dass es viel mehr darum geht, den Kirchenmitgliedern Möglichkeiten zu geben, ihren Glauben zu leben, nicht Do it yourself, sondern auf unserem christlichen Fundament und mit unserer reformierten Tradition. Dies kann dann aber sehr unterschiedliche Formen annehmen.

Rudolf Gebhard: Glauben ist nicht machbar. Mir geht es gerade darum, zu entdecken, wie viel wir im Leben nicht selbst in der Hand haben. Glauben heisst, sein Vertrauen nicht in sich selbst, sondern in Gott zu setzen. Der Mensch ist ein Gemeinschaftswesen. Wir leben in Beziehung und Auseinandersetzung mit andern. Unsere Gesellschaft braucht dringend Orte, die einen Kontrast darstellen zu dem alles beherrschenden Nützlichkeitsdenken und Machbarkeitswahn. Am wenigsten machbar ist das Wachstum einer Gemeinde. Die Bänke füllen sich nicht durch unsere Aktivitäten. Gottvertrauen und sein Wirken sind vonnöten.

5. Freikirchen ziehen Jugendliche an, auch weil ihre Gottesdienste mehr an Partys erinnern. Auch eine Option für Sie?

Christa Steinhauer: Ja und nein. Nein, wenn es darum gehen würde, einfach das Konzept der Freikirche der eigenen Gemeinde überzustülpen und zu meinen, dass das auch bei uns funktioniert. Ja, wenn ein Team eine Gottesdienstform ausarbeitet und sich dabei Elemente wünscht wie eine Band, moderne Lieder, Lichteffekte oder eine geschmückte Kirche, weil sie auf diese Weise Gottesdienst feiern möchten. Dinge, die in der traditionellen reformierten Liturgie nicht vorgesehen sind und darum vielleicht eher an Party erinnern, die meines Erachtens aber durchaus in der Kirche Platz haben.

Rudolf Gebhard: Gottesdienste sollen als solche erkennbar sein. Die reformierte Gottesdiensttradition mit Gebet, Musik und Verkündigung hat für mich einen Wert und Sinn über die jeweilige Mode hinaus. Eine schlichte Form und nachdenkliche, überlegte Worte können bewegen und nachhaltiger wirken als spektakuläre Events. Mir ist etwa die Wiederentdeckung der Stille wichtig, die einen wohltuenden Kontrast in unserer lauten Gesellschaft sein könnte. Innerhalb des vertrauten Ablaufs eines Gottesdienstes haben dann auch Überraschungen und Ungewohntes Platz.