Reitnau schenkt sich ein eigenes Buch zum 975. Geburtstag

Hinweis

«Reitnauerleben» ist ab heute Montag für 25 Franken erhältlich auf der Gemeindekanzlei, im Bluemegade Reitnau und in der Buchhandlung «Aleph & Tau» in Schöftland.

Reitnauerleben. Reitnau erleben. Reitnauer leben. Der Titel des Buches, das die Kultur- und Landschaftskommission Reitnau-Attelwil sich und den Reitnauerinnen und Reitnauern schenkt, ist so vieldeutig wie seine Geschichten vielseitig. Ein gelungenes Geschenk zum 975. Geburtstag des Dorfes mit Einblicken in private Kämmerchen und neue Welten.

Doris Smonig-Klauser und Susanne Hochuli zeichnen für den Inhalt verantwortlich. Natürlich: Es gibt die Promis – wie die ehemalige Regierungsrätin Susanne Hochuli selber. Ein Dorf – Attelwil ist selbstverständlich dabei – prägen aber auch ein Schulhausabwart, ein Postautochauffeur, der Dorfbäcker oder Bäuerinnen, Lehrpersonen und Unternehmer. Und der Samichlaus.

Von ältester Schweizerin bis zum Flüchtling

«Wir haben zu zweit zu sammeln begonnen», erinnert sich Doris Smonig, die nach zwölf Jahren auswärts mit Mann und Kindern in ihr Heimatdorf zurückgekehrt ist. Susanne Hochuli konnte ihre «Rosen», das sind Laudationes, die sie seit 2007 alljährlich an einer Gemeindeversammlung auf eine verdienstvolle Person im Dorf gehalten hat, beisteuern. Diese Texte sind als Mundartgeschichten im Buch abgedruckt.

Den altersmässigen Rahmen setzt auf der einen Seite die älteste Schweizerin, die 112-jährige Alice Schaufelberger-Hunziker, in Reitnau aufgewachsen. Doris Smonig hat sie in Zürich besucht und Geschichten aus einer anderen Epoche erfahren. Auch sehr Persönliches, jenseits aller Vergangenheitsverklärung. Auf der anderen Seite steht der 20-jährigen Kurde Mohammed Osman, der als 15-Jähriger aus Syrien geflüchtet ist und in Reitnau Wurzeln geschlagen hat. Seit vier Jahren lebt der Muslim im Pfarrhaus.

Liebes-, Kriegs- und Schuhgeschichten

Es sind allesamt lebende Personen, die im Buch zu Wort kommen. «Menschen aus verschiedenen Lebensbereichen, auch aus Politik, Sport, Kultur und Wirtschaft», sagt Doris Smonig. Es entstand eine Liste von Personen, und auf eine Ausschreibung in den Gemeindenachrichten hin gab’s einen Hinweis, der zu einer weiteren Geschichte führte.

Entstanden ist ein abwechslungsreicher Mix mit 22 Texten unterschiedlicher Länge, verteilt auf 144 Seiten, teils mit Fotos garniert. Dass der Schüleraustausch zwischen Reitnau AG und dem deutschen Reitnau am Bodensee nachhaltige Wirkung zeigen kann, zeigt eine inzwischen mehr als 30-jährige internationale Ehe.

Präsent ist auch Wirtschafts- und Sozialgeschichte: So lebt die Reitnauer Schuhgeschichte auf, ein 94-Jähriger erinnert sich an die Kriegszeit, und der ehemalige Gemeindeammann Werner Steiner wirft einen persönlichen Blick zurück in die Dorfgeschichte.

Ausgeflogene, Zugezogene, Dagebliebene: So kann man die Personen beschreiben, die im Buch dargestellt werden. Ein Ausgeflogener ist Daniel Schwarz, der Sohn des Dorfdoktors. Der Musiker hat in der Region beispielsweise mit «Poker Alice» Spuren hinterlassen und lebt jetzt in den USA als Gitarrist, Produzent, Songwriter und IT-Freelancer. Und mit dem Kranzschwinger Kaj Hügli ist auch der Sport im Buch vertreten.

Zweite Chance für die, die Lesung verpasst haben

Am spätsommerlichen Samstagabend stellte die Kultur- und Landschaftskommission Reitnau-Attelwil das Buch vor, und zwar im lauschigen Garten von Susanne Hochuli, mit 67 Gästen aus dem Dorf. Eine Art Tag der Offenen Türe für das Unternehmen «weltweit essen» von Susanne Hochuli und Esther Flückiger.

Smonig und Hochuli machten mit Ausschnitten aus ihren Geschichten neugierig auf das Buch. Und die Küche bot zwischen den Leckerbissen für Kopf und Gemüt kulinarische Häppchen aus Nordafrika und dem Nahen Osten.

Wer keinen Platz mehr bekommen hat, erhält eine zweite Chance: Am 17. Oktober findet am gleichen Ort eine Zusatzlesung statt.