
Roger Federer versteigert gebrauchte Kleidung – ein Schweissband des Maestros soll es für 128 Franken geben
Das ehrwürdige Gebäude an der King Street im feinen Londoner Stadtteil St. James’s hat schon viel Aussergewöhnliches gesehen: Gemälde und Skulpturen grosser Künstler, Originalmanuskripte berühmter Schriftsteller und Komponisten. In der Pandemie verlagerte sich das Geschäft weitgehend online. An diesem Mittwoch kommt es einmal wieder zu einer Live-Versteigerung. Zur Feier des Tages sind alte Turnschuhe und Polohemden eines Tennisspielers im Angebot, dazu Schweissbänder und Schläger, allesamt gebraucht.
Benutzt, gewiss – aber von wem! Handelt es sich bei ihm nicht um den Picasso, den Shakespeare, ja den Johann Sebastian Bach des weissen Sports? Die Rede ist ja nicht von irgendeinem Prominenten. Vielmehr dreht sich das abendliche Event und die noch bis 14. Juli andauernde Online-Auktion um Gegenstände und Kleidungsstücke des einzigartigen Roger Federer.

Versteigerung bei Christie’s: Roger Federers Schuhe mit dem Schweizerkreuz.
Kein Wunder, dass sogar Bertold Müller ein wenig ins Schwärmen gerät: «Das ist etwas Einzigartiges, ein richtig tolles Projekt.» In der Zürcher Niederlassung des 255 Jahre alten Traditionsunternehmens haben der erfahrene Auktionator und sein Team über Jahre hinweg den Kontakt zu Federer und dessen Frau Mirka gepflegt, immer ein Event im Blick, auf welches das strategisch denkende Paar seit 20 Jahren hinarbeitet. So lange schon werden die Gebrauchsgegenstände des Weltstars gesammelt, gepflegt, die dazugehörigen Anekdoten minutiös dokumentiert – immer den guten Zweck im Auge. Denn der Devotionalien-Verkauf dient nicht dem schnöden Mammon.
Vielmehr soll der Erlös in Millionenhöhe der 2003 gegründeten Stiftung zugute kommen. Die Roger Federer Foundation engagiert sich in der Schweiz und sechs Ländern des südlichen Afrika für Früherziehung in Kindergärten und Primarschulen. Bis Ende vergangenen Jahres wendete sie dafür 59 Millionen Franken auf.
Die Engländer lieben keinen so wie Federer
Natürlich ist es kein Zufall, dass die Live-Auktion in London steigt, wo am kommenden Montag das Tennisturnier von Wimbledon beginnt. Viele Auswärtige wurden hier schon gefeiert, keinen lieben die Engländer so herzlich wie Roger Federer. Seit der damals knapp 22-Jährige nach dem Finalsieg 2003 Freudentränen vergoss, hat ihn die sportbegeisterte Nation ins Herz geschlossen und mit dem Rest der Tennis-Welt seine sagenhafte Karriere verfolgt. Längst ist der Mann mit der «katzenhaften Eleganz, gepaart mit schierer Entschlossenheit» («The Guardian») zum Londoner ehrenhalber geworden.

Auch benutzte Schläger des Maestros werden in London versteigert.
Ohnehin hat Federer seine Herkunft hinter sich gelassen und ist zum globalen Star geworden. Was nicht heisst, der Baselbieter verleugne seine Heimat: Zu den Versteigerungsstücken zählt das rote Trikot, in dem er 2014 entscheidend zum Daviscup-Sieg der Schweiz beitrug. Auch manche Sneaker – von Turnschuhen redet heutzutage ja keiner mehr – tragen diskret das ikonenhafte Schweizerkreuz.
Ausdrücklich hat der Tenniskünstler darauf gedrungen, es müsse auch für Normalbürger Erschwingliches unter den 320 Objekten sein. Und so liegt die Schätzung für manche Schweissbänder oder Handtücher bei gerade mal 128 Franken.